Inzwischen sind wir bei der neunten Folge von «Andor» angelangt, der neusten Spinoff-Serie des «Star Wars»-Universums (die zugleich das Prequel zu «Rogue One» (2016) darstellt). Hierin wird die Origin-Story von Cassian Andor (Diego Luna) und die Entstehung der Rebellion gegen das Galaktische Imperium erzählt.
«Andor» gefällt durch seinen düsteren Realismus, der die Serie an ein Sozialdrama oder an einen Polit-Thriller erinnern lässt. Dies ist mitunter gewiss praktisch begründet in der Entscheidung von «Andor»-Showrunner Tony Gilroy, reale Filmsets und Aussenlocations zu benutzen, statt auf virtuelle Produktionstechnik zu setzen («The Mandalorian», «The Book of Boba Fett» und «Obi-Wan Kenobi» wurden allesamt auf der The Volume genannten volldigitalen Soundstage von Disneys StageCraft gedreht).
Doch letztendlich ist dieser Realismus eine künstlerische Entscheidung, die starke Anleihen an die britische Sozialdrama-Tradition einbindet und dadurch die Menschen und ihre Schicksale in den Mittelpunkt der Dramaturgie rückt.
«Menschen» ist hier das Stichwort, denn ein stilistisches Merkmal des «Star Wars»-Universums fehlt in «Andor» fast vollständig: Wo sind die Aliens?
Spezies-Vielfalt war stets ein fundamentaler Teil der «Star Wars»-DNA. Alleine schon die ikonische Mos-Eisley-Cantina-Szene in «Episode IV» (1977) zählt über 40 Aliens diversester Spezies. Gewiss, die Hauptfiguren der Star Wars-Filme – von Luke über Anakin bis hin zu Rey – blieben über die Jahre Menschen, doch etliche Aliens wurden zu wahren Ikonen der globalen Popkultur: Chewbacca, Yoda, Jabba the Hutt, Ahsoka Tano, die Ewoks, die Jawas und und und.
Bloss – wo bleiben die Aliens in «Andor»? Auf dem Büezer-Planeten Ferrix sind sie kaum vorhanden, auf Aldhani und Coruscant anscheinend komplett abwesend. Auch das Hochsicherheitsgefängnis auf Narkina 5 scheint ausschliesslich Menschen zu beherbergen.
Dies ist Absicht. Zum einen ist dies eine künstlerische Entscheidung: Indem man konsequent auf Hauptfiguren der Spezies Menschen setzt, werden deren Schicksale für die Zuschauer nachfühlbarer. In «Andor» geht es nicht um Raumschiffschlachten und Lichtschwerterkämpfe. Es geht um Cassian Andors Wandlung vom unpolitischen Unbeteiligten zum überzeugten Revolutionär, und darum, welche Umstände und Emotionen diesen Wandel bewirken.
Zum anderen macht das Ausbleiben fremder Spezies in «Andor» auch Sinn innerhalb der Zeitepoche, in der die Serie spielt. Es ist die Epoche des Galaktischen Imperiums; Imperator Palpatine regiert mit eiserner Faust. Und wie es totalitäre politische Systeme so an sich haben, sind hierarchische Klassensysteme und struktureller Rassismus Teil der Machtbasis. Im Falle des «Star Wars»-Universums wird der Rassismus auf Speziesismus ausgeweitet. Das Imperium wird als «anthropozentristische autoritäre Aristokratie unter Führung einer absoluten Monarchie» definiert, die auf «Anthropozentrismus, Nationalisierung, Staatsterrorismus, Fremdenfeindlichkeit, Versklavung und Völkermord an Nichtmenschen, Machtprojektion, Androhung tödlicher Gewalt und vor allem auf ständiger Angst» beruht. Der Geonosian Genocide oder das Massaker an den Wookies auf Kashyyk sind nur zwei Beispiele der konsequenten Unterdrückung ausserirdischer Spezies durch das Imperium.
Während der Ära der Galaktischen Republik waren Vertreter sämtlicher Spezies im Senat vertreten. Und von den Rebellen weiss man, dass Aliens bis in die obersten Kader vertreten sind. Imperiale Offiziere, indes, waren stets Menschen. Somit ist es nur logisch, dass ausserirdische Lebensformen in «Andor», wenn überhaupt, nur noch in Unterschichts-Siedlungen wie auf Ferrix vorkommen, und dort auch nur am Rande.
Aber: Die Rebellion kommt.