So ändern sich die Zeiten. Im März 2022 hatte die Armee den Kampfjet F-35 und das Patriot-Luftabwehrsystem auf dem Militärflugplatz Emmen erstmals der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Damals herrschte so etwas wie Aufbruchstimmung. Sie ist verflogen. Bei den beiden Beschaffungsprojekten kommt es zu Verzögerungen und Mehrkosten.
Es sind bei weitem nicht die einzigen Probleme im Verteidigungsdepartement VBS im Zusammenhang mit Rüstungsgütern. Am Donnerstag, dreieinhalb Jahre nach der Luftwaffen-Show, lud es die Medien erneut nach Emmen ein. Es ging um ein weiteres Projekt, das für Ärger sorgt: das israelische Aufklärungsdrohnensystem 15 (ADS 15).
Aufgegleist wurde es vom damaligen Verteidigungsminister Ueli Maurer. Seit Frühjahr ist Mitte-Bundesrat Martin Pfister am Ruder. Bei seinem Amtsantritt hatte der Zuger angekündigt, die Problemfälle im VBS durchleuchten zu wollen. Bei der «Skandaldrohne» hat er nun durchgegriffen: Das Projekt wird nicht gestoppt, aber «abgespeckt».
«Weitermachen wie bisher ist keine Option», sagte Ex-Oberst Pfister. Ein Übungsabbruch sei aber auch kein Thema. In diesem Fall müsste man «dauerhaft eine Fähigkeitslücke in Kauf nehmen». Der Verteidigungsminister deutete an, dass die Schweiz die bislang geleisteten Investitionen von mehr als 200 Millionen Franken kaum zurückerhalten würde.
Rüstungschef Urs Loher warnte vor einem «Scherbenhaufen in Millionenhöhe». Es kommt jedoch zu Abstrichen, die er bereits an einer Medienkonferenz im Januar angedeutet hatte. Sie betreffen den berüchtigten «Swiss Finish», also die helvetischen Sonderwünsche, die schon frühere Rüstungsprojekte belastet haben und die es künftig nicht mehr geben soll.
Sie bedeuten aber auch, dass die Drohne nur beschränkt einsatzfähig ist. Bei drohender Vereisung und bei Bodennebel werden keine Flüge möglich sein. Auch das gross angekündigte Ausweichsystem der RUAG wird nicht weiterverfolgt. Und bei vier der sechs bestellten Drohnen ist absehbar, dass sie niemals in vollem Umfang «kriegstauglich» sein werden.
Das ohnehin belastete Verhältnis des VBS zum israelischen Hersteller Elbit dürfte weiter für Diskussionen sorgen, bis zu einem möglichen Rechtsstreit. Für die SP war dies Grund für eine Polemik gegen «Geschäfte mit israelischen Rüstungskonzernen». Unabhängig davon bleibt die Aufklärungsdrohne ein Debakel für das VBS.
Das letzte Wort ist nicht gesprochen. Immerhin muss man Bundesrat Pfister attestieren, dass er einen Pflock eingeschlagen hat. Es wird nicht der letzte bleiben, denn weitere Problemfälle müssen angepackt werden. Letzte Woche wurde bekannt, dass der VBS-Chef alle 17 Top-Projekte im Departement von externen Beratern überwachen lassen will.
Dazu gehören zwei IT-Vorhaben, bei denen es hakt: das Luftüberwachungssystem Skyview und die Neue Digitalisierungsplattform der Armee (NDP), die den Datenaustausch zwischen militärischen und zivilen Sicherheitskräften ermöglichen soll. Die derzeit brisanteste Baustelle aber ist das Projekt Air 2030 zum Schutz des Luftraums mit F-35 und Patriots.
Das Abwehrsystem wird die Schweiz später erhalten, weil die USA prioritär Länder beliefern, die ihre Systeme der Ukraine gegeben haben. Und der Kampfjet ist zum Politikum erster Güte geworden. Nach der ersten Bundesratssitzung nach den Sommerferien musste Martin Pfister bekanntgeben, dass die USA definitiv nichts von einem Fixpreis wissen wollen.
Damit steht Pfister vor einem Dilemma: Soll er den Kostenrahmen von sechs Milliarden Franken einhalten und weniger Flugzeuge beschaffen? Oder hält er an den 36 Stück fest und nimmt Mehrausgaben in Kauf? Der Gesamtbundesrat leistete ihm am Mittwoch insofern «Schützenhilfe», als er ein Referendum gegen einen Nachtragskredit ausschloss.
Das Geld ist ohnehin ein heisses Eisen, denn eigentlich soll die Schweiz nach dem Willen der bürgerlichen Politiker im Gleichschritt mit dem übrigen Europa die Militärausgaben deutlich erhöhen. Doch das Wie ist ein permanenter Streitpunkt. Im Dezember, bei der Beratung des Bundesbudgets 2026, sind neue Verteilkämpfe programmiert.
Dazu gehört ein weiterer heikler Entscheid: Soll die Schweiz militärisch verstärkt mit EU und Nato zusammenarbeiten? Martin Pfister hat sich bei seinem Amtsantritt klar dazu bekannt. Die Bevölkerung ist dafür offen. In der ETH-Studie «Sicherheit 2025» sprachen sich 53 Prozent für eine Annäherung an die Nato aus und 32 Prozent sogar für den Beitritt.
Das passt der SVP und anderen Neutralitäts-Fundis nicht in den Kram. Einzelne Stimmen äusserten in Trump-Manier Zweifel an den Zahlen. Dabei sprechen sie für den Realitätssinn der Bevölkerung. Doch es bleibt für das Selbstverständnis der Schweiz eine Gratwanderung.
Martin Pfister hat das «Privileg», als Quereinsteiger aus der Zuger Kantonsregierung keine Mitschuld an den Problemfällen im VBS zu tragen. Bei den Drohnen hat er ein Zeichen gesetzt, doch nicht alle Unklarheiten sind beseitigt. Und die Herausforderungen für die Schweiz in der neuen Weltunordnung bleiben politisch und militärisch beträchtlich.
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