Schweiz
Analyse

Das Drohnen-Debakel ist nicht das einzige Problem von Martin Pfister

Bundesrat Martin Pfister posiert vor einer Drohne, anlaesslich einer Medienkonferenz des VBS mit einer Praesentation zum Aufklaerungsdrohnensystem 15 (ADS 15) vom Donnerstag, 4. September 2025 bei der ...
Sein Gesichtsausdruck spricht Bände: Martin Pfister vor der israelischen Drohne.Bild: keystone
Analyse

Martin Pfister greift durch – doch das ist erst der Anfang

Als Verteidigungsminister übernahm Martin Pfister einige Baustellen. Jetzt hat er bei der «Skandaldrohne» ADS 15 einen ersten Pflock eingeschlagen. Weitere müssen folgen.
04.09.2025, 16:1704.09.2025, 17:31
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So ändern sich die Zeiten. Im März 2022 hatte die Armee den Kampfjet F-35 und das Patriot-Luftabwehrsystem auf dem Militärflugplatz Emmen erstmals der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Damals herrschte so etwas wie Aufbruchstimmung. Sie ist verflogen. Bei den beiden Beschaffungsprojekten kommt es zu Verzögerungen und Mehrkosten.

Es sind bei weitem nicht die einzigen Probleme im Verteidigungsdepartement VBS im Zusammenhang mit Rüstungsgütern. Am Donnerstag, dreieinhalb Jahre nach der Luftwaffen-Show, lud es die Medien erneut nach Emmen ein. Es ging um ein weiteres Projekt, das für Ärger sorgt: das israelische Aufklärungsdrohnensystem 15 (ADS 15).

Eine Aufklaerungsdrohne des ADS 15 System im Flug ueber dem Militaerflugplatz in Emmen, anlaesslich einer Medienkonferenz des VBS mit einer Praesentation zum Aufklaerungsdrohnensystem 15 (ADS 15) vom  ...
Das VBS will an ADS 15 festhalten, doch es bleiben Zweifel an der Einsatzfähigkeit der Drohne.Bild: keystone

Aufgegleist wurde es vom damaligen Verteidigungsminister Ueli Maurer. Seit Frühjahr ist Mitte-Bundesrat Martin Pfister am Ruder. Bei seinem Amtsantritt hatte der Zuger angekündigt, die Problemfälle im VBS durchleuchten zu wollen. Bei der «Skandaldrohne» hat er nun durchgegriffen: Das Projekt wird nicht gestoppt, aber «abgespeckt».

Der berüchtigte «Swiss Finish»

«Weitermachen wie bisher ist keine Option», sagte Ex-Oberst Pfister. Ein Übungsabbruch sei aber auch kein Thema. In diesem Fall müsste man «dauerhaft eine Fähigkeitslücke in Kauf nehmen». Der Verteidigungsminister deutete an, dass die Schweiz die bislang geleisteten Investitionen von mehr als 200 Millionen Franken kaum zurückerhalten würde.

Rüstungschef Urs Loher warnte vor einem «Scherbenhaufen in Millionenhöhe». Es kommt jedoch zu Abstrichen, die er bereits an einer Medienkonferenz im Januar angedeutet hatte. Sie betreffen den berüchtigten «Swiss Finish», also die helvetischen Sonderwünsche, die schon frühere Rüstungsprojekte belastet haben und die es künftig nicht mehr geben soll.

Streit mit Hersteller

Sie bedeuten aber auch, dass die Drohne nur beschränkt einsatzfähig ist. Bei drohender Vereisung und bei Bodennebel werden keine Flüge möglich sein. Auch das gross angekündigte Ausweichsystem der RUAG wird nicht weiterverfolgt. Und bei vier der sechs bestellten Drohnen ist absehbar, dass sie niemals in vollem Umfang «kriegstauglich» sein werden.

Das ohnehin belastete Verhältnis des VBS zum israelischen Hersteller Elbit dürfte weiter für Diskussionen sorgen, bis zu einem möglichen Rechtsstreit. Für die SP war dies Grund für eine Polemik gegen «Geschäfte mit israelischen Rüstungskonzernen». Unabhängig davon bleibt die Aufklärungsdrohne ein Debakel für das VBS.

Externe Berater

Das letzte Wort ist nicht gesprochen. Immerhin muss man Bundesrat Pfister attestieren, dass er einen Pflock eingeschlagen hat. Es wird nicht der letzte bleiben, denn weitere Problemfälle müssen angepackt werden. Letzte Woche wurde bekannt, dass der VBS-Chef alle 17 Top-Projekte im Departement von externen Beratern überwachen lassen will.

Dazu gehören zwei IT-Vorhaben, bei denen es hakt: das Luftüberwachungssystem Skyview und die Neue Digitalisierungsplattform der Armee (NDP), die den Datenaustausch zwischen militärischen und zivilen Sicherheitskräften ermöglichen soll. Die derzeit brisanteste Baustelle aber ist das Projekt Air 2030 zum Schutz des Luftraums mit F-35 und Patriots.

Weniger Jets oder mehr Geld?

Das Abwehrsystem wird die Schweiz später erhalten, weil die USA prioritär Länder beliefern, die ihre Systeme der Ukraine gegeben haben. Und der Kampfjet ist zum Politikum erster Güte geworden. Nach der ersten Bundesratssitzung nach den Sommerferien musste Martin Pfister bekanntgeben, dass die USA definitiv nichts von einem Fixpreis wissen wollen.

Bundesrat Martin Pfister, rechts, spricht neben Urs Loher, Ruestungschef, links, an einer Medienkonferenz ueber den aktuellen Stand der Verhandlungen und das weitere Vorgehen Air2030, am Mittwoch, 13. ...
Am 13. August verkündeten Martin Pfister und Urs Loher die «Hiobsbotschaft» zum F-35.Bild: keystone

Damit steht Pfister vor einem Dilemma: Soll er den Kostenrahmen von sechs Milliarden Franken einhalten und weniger Flugzeuge beschaffen? Oder hält er an den 36 Stück fest und nimmt Mehrausgaben in Kauf? Der Gesamtbundesrat leistete ihm am Mittwoch insofern «Schützenhilfe», als er ein Referendum gegen einen Nachtragskredit ausschloss.

Annäherung an die Nato

Das Geld ist ohnehin ein heisses Eisen, denn eigentlich soll die Schweiz nach dem Willen der bürgerlichen Politiker im Gleichschritt mit dem übrigen Europa die Militärausgaben deutlich erhöhen. Doch das Wie ist ein permanenter Streitpunkt. Im Dezember, bei der Beratung des Bundesbudgets 2026, sind neue Verteilkämpfe programmiert.

Dazu gehört ein weiterer heikler Entscheid: Soll die Schweiz militärisch verstärkt mit EU und Nato zusammenarbeiten? Martin Pfister hat sich bei seinem Amtsantritt klar dazu bekannt. Die Bevölkerung ist dafür offen. In der ETH-Studie «Sicherheit 2025» sprachen sich 53 Prozent für eine Annäherung an die Nato aus und 32 Prozent sogar für den Beitritt.

Das passt der SVP und anderen Neutralitäts-Fundis nicht in den Kram. Einzelne Stimmen äusserten in Trump-Manier Zweifel an den Zahlen. Dabei sprechen sie für den Realitätssinn der Bevölkerung. Doch es bleibt für das Selbstverständnis der Schweiz eine Gratwanderung.

Martin Pfister hat das «Privileg», als Quereinsteiger aus der Zuger Kantonsregierung keine Mitschuld an den Problemfällen im VBS zu tragen. Bei den Drohnen hat er ein Zeichen gesetzt, doch nicht alle Unklarheiten sind beseitigt. Und die Herausforderungen für die Schweiz in der neuen Weltunordnung bleiben politisch und militärisch beträchtlich.

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106 Kommentare
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Roli_G
04.09.2025 16:37registriert Januar 2021
Also am Skandal, dass er sich nicht an die gesetzlich verankerte Obergrenze für den Kaufpreis der F-35 halten will und dann noch das Volk aushebeln will, ist er schon mitverantwortlich.
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Swen Goldpreis
04.09.2025 17:12registriert April 2019
Vielleicht kann Ueli ja seine Kontakte zum Militär in Peking spielen lassen und wir lassen uns von dort aufrüsten. Ist bestimmt günstiger und unzuverlässiger als die Amis sind die bestimmt auch nicht und mehr Menschenrechte als die Israelis missachten sie auch nicht. Hauptsache nicht mit den Diktatoren aus EU-Ländern zusammenarbeiten.

// Kann Spuren von Sarkasmus enthalten.
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Janster
04.09.2025 17:38registriert März 2021
Ich höre in der Ukraine werden im Eiltempo neue Drohnen entwickelt. Da diese auch gleich live getestet werden sollte sehr schnell klar sein wie gut die sind. ... Vielleicht sollten wir dort in die Entwicklung mit einsteigen und uns dann ein paar davon hinstellen.
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