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Wenn es zu einem grösseren Krieg kommen sollte und der Schweiz der Ölhahn abgedreht wird, können Sie Ihre Dieselfahrzeuge schieben, Herr Salzmann.
Strom können wir hingegen selber herstellen.
Das Verteidigungsdepartement VBS und die ihm unterstellte Armee gehören zu den grössten Energieverbrauchern der Schweiz. Das belegen Zahlen aus dem Energiekonzept VBS 2020 aus dem Jahr 2013:
Die Grossverbraucherin Armee hat sich dazu bekannt, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Bis 2020 will das VBS den CO2-Ausstoss gegenüber dem Jahr 2001 um 20 Prozent reduzieren. Sie müsse eine Vorbildfunktion wahrnehmen, hielt sie 2013 im Energiekonzept fest.
Aus Sicht der Jungen Grünliberalen (JGLP) ist seither aber zu wenig passiert. «Im VBS wird dem Umweltschutz zu wenig Priorität eingeräumt.» Ein Grund dafür sei, dass das Departement seit Jahrzehnten in FDP- und SVP-Händen sei. Dabei sei vermehrter Umweltschutz je länger je mehr auch sicherheitspolitisch relevant – und verweist auf Hochwasser und Felsstürze.
Nun brauche es griffige Massnahmen – die jungen Grünliberalen nennen zwei. Die Armee soll die Dächer auf den Kasernenarealen konsequent mit Solarpanels ausstatten. Und sie soll die Personenwagenflotte auf Elektromobilität umstellen.
«Das sind einfach umsetzbare Massnahmen, die einen konkreten Nutzen bringen und zusätzlich eine Signalwirkung an die Gesellschaft aussenden», sagt Pascal Vuichard, Co-Präsident der Jungen Grünliberalen.
Auf den Dächern der Gebäude im Besitz des VBS gebe es ein «enormes Potenzial» zur Energiegewinnung, doch Solaranlagen gebe es darauf noch so gut wie keine. Die Verwendungsmöglichkeiten für den Solarstrom seien zahlreich: Von der Heizung über die Grossküchen bis hin zur Elektromobilität.
Für diese sei die Armee laut Vuichard geradezu prädestiniert: «Ihre zahlreichen Personenfahrzeuge kehren meistens wieder an den Ausgangsstandort zurück und können über Mittag aufgeladen werden.» Damit könne der Treibstoffverbrauch stark reduziert werden.
Die Jungpartei ist derzeit in Gesprächen mit GLP-Nationalrat Martin Bäumle. Er wird in der Herbstsession Vorstösse einreichen, wie Bäumle auf Anfrage von watson bestätigt. Sie fordern Auskünfte vom Bundesrat über das Potenzial von Solarenergie und Elektromobilität bei der Armee: «Der genaue Wortlaut wird noch ausgearbeitet», so Bäumle.
SVP-Nationalrat Werner Salzmann beurteilt die Vorschläge der Jungen Grünliberalen skeptisch: «Die Bewegungstauglichkeit von Elektrofahrzeugen ist beschränkt.» Die Armee müsse mit ihren Fahrzeugen den Transport und die Versorgung der Truppen im Feld sicherstellen können: «Das Militär darf nicht aus ökologischen Überlegungen Kompromisse bei der Einsatzbereitschaft machen.»
Auch hinter die Forderung nach Solarpanels auf jedem Kasernendach setzt der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats ein Fragezeichen: «Mit Solarenergie kann man nicht den Spitzenbedarf abdecken», sagt Salzmann. Es sei deshalb fraglich, ob zusätzlicher Solarstrom von Armeestandorten überhaupt einem Bedürfnis entspreche.
Beim VBS streitet man den Vorwurf der Untätigkeit beim Thema Solarenergie von grünliberaler Seite ab. «Bei jedem grösseren Immobilienvorhaben wird untersucht, ob Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien eingesetzt werden können», sagt VBS-Sprecher Renato Kalbermatten. Bei Neu- und Umbauten in den letzten Jahren seien beispielsweise in erster Linie Heizungsanlagen mit erneuerbaren Energiequellen realisiert worden.
Auch beim Thema Solarenergie verweist das VBS auf Fortschritte in den letzten Jahren: «Bei jedem Bauvorhaben wird anhand einer Checkliste geprüft, ob die Installation einer Photovoltaikanlage sinnvoll ist», erläutert Kalbermatten. Im gesamten VBS-Gebäudepark befinden sich gemäss Zahlen von 2017 schweizweit 40 Photovoltaik-Anlagen mit einer Jahres-Produktion von 6.366 Gigawattstunden in Betrieb. Bis 2050 wird ein Endausbau der Photovoltaikanlagen bis 2050 auf jährlich 15 Gigawattstunden angestrebt.
Trotz den ambitionierten eigenen Zielen zeigt sich das VBS gegenüber den Forderungen der GLP skeptisch – auch mit Blick aufs Budget. Dächer auf Kasernenarealen könnten nur dann konsequent mit Solarpanels ausgestattet werden, wenn einerseits die nötigen Finanzmittel vorhanden seien. Andererseits sei die Idee nur bei Dächern realisierbar, deren Lebensdauer grösser ist als die Amortisationszeit der zu installierenden Photovoltaikanlage.
Unabhängig von der Haltung zu Solarpanels auf Kasernendächern befasst sich das Militär vermehrt mit Fragen der Nachhaltigkeit. Die Sichtweise, wonach der Kampf gegen den Klimawandel auch ein sicherheitspolitische Komponente hat, scheint sich auch in der Armee zunehmend durchzusetzen. 2016 publizierten zwei Angehörige des Armeestabs in der VBS-Zeitschrift «Military Power Review»
Dort kamen sie zum Schluss: «Die möglichen Folgen des Klimawandels und die zunehmende Verknappung fossiler Energieträger erfordern ganzheitliche und vorausschauende Strategien». Nur so könne die Armee «die geforderten Bewältigungs- und Durchhaltefähigkeiten» erbringen. Gegenüber dem Tages-Anzeiger lobte der Klimaleiter von WFF Schweiz den «überzeugenden» Artikel.
SVP-Nationalrat Werner Salzmann ist selber Ausbildungsoffizier im Heeresstab und Oberst der Armee. Er findet es zwar grundsätzlich richtig, dass das Militär ihren Beitrag zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 und ihren Klimazielen leistet. «Doch die Armee muss sich in erster Linie auf ihren Kernauftrag konzentrieren und die Landesverteidigung sicherstellen.»
Am Ende sei es auch immer eine Frage der Finanzen. «Bei den Rüstungsgeschäften der Armee müssen wir um jeden Franken kämpfen.» Bald komme es etwa zur wichtigen Abstimmung über neue Kampfjets und die Erneuerung der Luftverteidigung. «Ich bin nicht bereit, bei der Sicherheit Abstriche zu machen, um dafür Solarpanels oder Elektrofahrzeuge zu finanzieren.»