Schweiz
Gesellschaft & Politik

Wie die Schweiz plante, am Flughafen von Eritrea Heimaturlauber aufzulauern

epa06585021 An Eritrean immigrant who has been released from the Holot detention facility (rear) near Nitzana in the Negev Desert in Israel, hugs a friend as they say goodbye, 06 March 2018. The Afric ...
Bild: EPA/EPA

Wie die Schweiz plante, in Eritrea Heimaturlaubern aufzulauern – und kläglich scheiterte

Für die Schweizer Migrationsbehörden ist es schwierig, eritreische Flüchtlinge bei ihrem Heimaturlaub zu erwischen. Darum wollte die Schweiz einen Beamten auf den Flughafen in Asmara schicken – ohne Erfolg. 
11.04.2018, 12:4912.04.2018, 06:32
Mehr «Schweiz»

Flüchtlinge, die in ihrem Heimatland Ferien machen, sorgen immer wieder für Schlagzeilen. In den vergangenen Jahren stand dabei aber eigentlich nur eine Nationalität im Fokus: die Eritreer.

Dass viele Flüchtlinge für ein paar Wochen zurück in ihre verschiedenen Heimatländer reisen, zeigen die neuesten Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM). Im Jahr 2017 entzog die Behörde 231 Personen den Asylstatus, weil sie unerlaubt in ihr Heimatland gereist sind. Das ist ein Anstieg von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. «Das SEM geht jedem Hinweis sorgfältig nach», sagt Lukas Rieder, Sprecher des Staatssekretariats für Migration.

Wer jetzt aber davon ausgeht, dass den Behörden vor allem Eritreer ins Netz gehen, sieht sich getäuscht. Denn unter den Top-3-Nationen fehlt Eritrea.

Bild
bild: piktochart/watson daten: sem

Man muss auf der Rangliste noch weiter nach unten scrollen, bis auf Rang 8 der Name Eritrea doch noch auftaucht. Mit lediglich 4 Fällen, in denen wegen einer Heimatreise der Asylstatus widerrufen wurde. «Im öffentlichen Diskurs wird immer wieder vermutet, dass es viele Heimatreisen von eritreischen Staatsbürgern gibt», sagt SEM-Sprecher Lukas Rieder. «Dies wird aber von keiner Stelle bestätigt. Das zeigt, dass die öffentliche Wahrnehmung und die Realität vielleicht nicht ganz übereinstimmen.»

Bild
bild: piktochart/watson daten: sem

Anders tönt es bei Toni Locher, Honorarkonsul des Staates Eritrea in der Schweiz. Für ihn steht ausser Frage: Die Fallzahl im Zusammenhang mit Eritrea kann nicht mit der Realität übereinstimmen. Er zieht den Vergleich zum Jahr 2016, als Eritrea 25 Jahre Unabhängigkeit feierte. Damals seien 120'000 Auslanderitreer ins Land gereist. «Darunter hatte es sicher einige aus der Schweiz, die nach Schweizer Recht nicht hätten hinreisen dürfen», sagt Locher.

«Die Eritreer sind einfach zu clever, sich dabei erwischen zu lassen», fährt Locher fort. Nach seinen Aussagen reisen sie von der Schweiz aus zuerst in ein anderes Land, bevor sie die Reise mit einem Flugzeug nach Eritrea fortsetzen. Diese Weiterreise lässt sich von den Schweizer Migrationsbehörden so gut wie nicht kontrollieren.

Wann wer nach Hause reisen darf
Flüchtlingen ist es nicht erlaubt in ihren Heimatstaat zu reisen. Vorläufig aufgenommenen Personen ist es aber im Ausnahmefall gestattet, wie das Staatssekretariat für Migration mitteilt. Und zwar insbesondere bei schwerer Krankheit oder dem Tod von Familienangehörigen. Im vergangenen Jahr wurden 2290 Gesuche gestellt – 1384 davon lehnten die Schweizer Behörden ab.

2015 entwickelten die Behörden darum einen Plan. Die Schweizer Botschaft im sudanesischen Khartum, die auch für Eritrea zuständig ist, stellte an die eritreischen Behörden einen Antrag: Die Botschaft fragte an, ob auf dem Flughafen in Asmara ein Schweizer Beamter positioniert werden dürfe – ein sogenannter Airline Liaison Officer. Deren offizielle Aufgabe: Fluggesellschaften bei der Dokumentenkontrolle in Drittstaaten zu helfen. Derzeit hat die Schweiz in fünf Ländern Airline Liaison Officier vor Ort. Um welche es sich dabei handelt, darüber gibt das SEM keine Auskunft.

Doch zumindest am Flughafen in Asmara hätte der Beamte eine weitere Aufgabe gehabt: Er sollte Eritreer, die in der Schweiz Schutz suchten, beim unerlaubten Heimurlaub erwischen und es der zuständigen Schweizer Meldestelle berichten. Dies bestätigt Katrin Schmitter, SEM-Sprecherin, gegenüber watson. Doch der Plan konnte nie umgesetzt werden, da die eritreischen Behörden die Anfrage unbeantwortet liessen.

«Eritrea war zum Glück nicht dazu bereit, bei diesem fiesen Spiel mitzumachen», sagt Toni Locher, der immer wieder in der Kritik steht, dem eritreischen Regime nahe zu stehen. In die Heimat zu reisen, sei das gute Recht jedes Menschen, fährt Locher fort. «Die Eritreer, die in ihre Heimat reisen, liegen danach nicht am Strand und lassen es sich gut gehen, wie viele Medien behaupten. Sondern sie haben jeweils einen guten Grund für die Reise.» Als Beispiel nennt er eine kranke Mutter oder die Beerdigung eines Bekannten.

Der Bund will mehr Eritreer ausweisen

Eritreer in Angst – ihr Status wird überprüft

Video: srf

Augenblicke – Bilder aus aller Welt

1 / 66
Augenblicke – Bilder aus aller Welt
Zoo Berlin: Panda Weibchen Meng-Meng mit einem ihrer gerade geborenen Babies am 2. September 2019.
quelle: epa / zoo berlin handout
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
57 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
m4in CS
11.04.2018 15:22registriert März 2018
Wenn man im eigenen Land an Leib und Leben bedroht ist, gibt es ganz bestimmt keinen Grund dorthin zurück zu reisen. Es besteht ja die Gefahr gefangen, gefoltert oder gar umgebracht zu werden. Da ändert auch eine kranke Mutter oder eine verstorbene Schwester nichts daran. Ich bin alles Andere als ein SVP/FDP Wähler und bin der Meinung das die Schweiz Asyl gewähren muss, aber wer ins Land reisen kann woher er geflüchtet ist, ist bestimmt nicht an Leib und Leben bedroht. Das ist Asylmissbrauch vom feinsten.
20
Melden
Zum Kommentar
avatar
fcsg
11.04.2018 14:33registriert Juni 2015
„In die Heimat zu reisen, sei das Recht jedes Menschen“
Klar, nur ist er dann kein Flüchtling, weil er offensichtlich nicht an Leib und Leben bedroht ist in seinem Herkunftsland...
20
Melden
Zum Kommentar
avatar
Bowell
11.04.2018 14:54registriert Mai 2014
Da wird scheinbar kein Aufwand gescheut um die Schweizer Migrationsbehörde an der Nase herumzuführen. Schade für alle Menschen aus anderen Ländern die Hilfe bitter nötig hätten. Ich hoffe die Schweiz zieht die richtigen Lehren daraus.
30
Melden
Zum Kommentar
57
200 Franken Busse: Bundesrat will Nazisymbole in der Öffentlichkeit verbieten

Der Bundesrat will das Verwenden von Nazisymbolen in der Öffentlichkeit verbieten. Wer dagegen verstösst, soll künftig mit 200 Franken gebüsst werden. Erst in einem zweiten Schritt will der Bundesrat auch andere extremistische und gewaltverherrlichende Zeichen untersagen.

Zur Story