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Die Queen dürfte über den Befund vermutlich not amused gewesen sein: Die Zahl der Konfessionslosen hat sich in England und Wales seit 2011 fast verdoppelt, während Ihrer Majestät als Oberhaupt der anglikanischen Church of England die Schäfchen in hellen Scharen davonlaufen.
Mittlerweile, so berichtet der «Guardian», bezeichnen sich mehr Leute im Land als konfessionslos – 2014 waren es 48,5 Prozent – als alle Anhänger der christlichen Konfessionen zusammen (43,8%). Vor fünf Jahren kamen die Konfessionslosen erst auf 25 Prozent. Als Anglikaner definieren sich nur gerade noch 19 Prozent; 1983 waren es noch 44,5 Prozent gewesen.
Der Aderlass ist enorm: Laut «Guardian» verliert die anglikanische Kirche für jedes neubekehrte Mitglied zwölf Anhänger. Aber auch die Katholiken haben die Schwindsucht – bei ihnen sind es zehn Abgänge pro Neuzugang.
Der Aufstieg der Konfessionslosen in England und Wales ist markant, aber keineswegs beispiellos. Auch in der Schweiz schrumpfen die christlichen Landeskirchen, während die Konfessionslosen massiv an Boden gewinnen.
Und auch hierzulande verläuft der Mitgliederschwund bei den Katholiken etwas weniger rasant als bei der protestantischen Konkurrenz. Aus diesem Grund überholte die katholische Landeskirche Ende der 70er-Jahre die reformierte als mitgliederstärkste Glaubensgemeinschaft. Falls nicht eine massive Trendumkehr stattfindet, werden auch die Konfessionslosen bald an den Reformierten vorbeiziehen.
Ein Anteil von Konfessionslosen von knapp einem Viertel ist im europäischen Vergleich allerdings relativ bescheiden. In Tschechien und Estland sind mehr als die Hälfte der Einwohner ohne Konfession. Eine Studie des renommierten amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center ergab 2015, dass in der Tschechischen Republik 2010 nicht weniger als 76,4 Prozent der Bevölkerung konfessionslos waren.
Im Norden Europas – zumal in traditionell mehrheitlich protestantisch geprägten Ländern – scheint die Erosion der christlichen Konfessionsgemeinschaften stärker, wie die Karte zeigt:
Auffällig geringer im Vergleich zu den umliegenden Staaten ist der Anteil der Konfessionslosen indes in Polen (5,6%) und Irland (6,2%). Möglicherweise liegt das daran, dass in beiden Ländern der Katholizismus in Zeiten der Beherrschung durch nicht-katholische Mächte lange als identitätsstiftendes Merkmal diente.
Nur wenige Konfessionslose gibt es überdies in Südosteuropa. In Rumänien und im Kosovo liegt ihr Anteil an der Bevölkerung bei vernachlässigbaren 0,1 Prozent. Und gemäss der Prognose des Pew Research Centers wird dieser mickrige Anteil bis zum Jahr 2050 nicht zunehmen, wie die Karte illustriert:
In einigen Ländern auf dem Balkan und im Osten Europas – wo die Bevölkerung tendenziell ohnehin schrumpft – wird der Anteil der Konfessionslosen bis 2050 sogar abnehmen, namentlich in Russland (von 16,2 auf 11,3%) und in der Ukraine (von 14,7 auf 6,6%). Dagegen wird sich Frankreich besonders stark säkularisieren: Konfessionslose werden dort 2050 über 44 Prozent ausmachen, während es 2010 noch 28 Prozent waren.
In ganz Europa wird die Zahl der Christen bis 2050 um knapp 100 Millionen auf gut 454 Millionen abnehmen – das ist ein Rückgang von 17,9 Prozent. Gleichwohl werden dann noch knapp zwei Drittel (65%) der dannzumal um rund 50 Millionen geschrumpften europäischen Bevölkerung nominell christlich sein. 2010 waren es noch drei Viertel (74,5%).
Im gleichen Zeitraum wird die Zahl der Konfessionslosen gemäss dem Pew Research Center um 22 Millionen (16%) auf gut 162 Millionen zunehmen; das sind 23,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Dieses Wachstum wird zum grössten Teil von Personen gespeist, die dem Christentum den Rücken kehren.
Während die Konfessionslosen am stärksten von Religionswechseln profitieren, wird ihr Wachstum durch den Umstand gebremst, dass sie sich nicht so stark reproduzieren. Ihre Fertilitätsrate liegt im Schnitt bei nur 1,7 Kindern pro Frau (2,1 wären notwendig, um ihre Zahl langfristig ohne externen Zuwachs konstant zu halten).
Bei den Christen (2,7), bei denen offenbar das biblische Vermehrungsgebot («Seid fruchtbar und mehret euch») nachwirkt, und mehr noch bei den Muslimen (3,1) ist die Geburtenziffer deutlich höher. Mit anderen Worten: Die Konfessionslosen wachsen nicht aus eigener Kraft, sondern vornehmlich durch abtrünnige christliche Schäflein.