
So schön sah es im Sommer 2019 beim Walensee aus.Bild: KEYSTONE
Kein Ballermann, kein New-York-Trip, keine Wein-Tour durch Spanien. Das Coronavirus dürfte viele Pläne für die Sommerferien 2020 streichen. Es könnte die Chance für den Schweizer Tourismus werden.
07.04.2020, 05:4927.05.2020, 10:06
Wohin in die Sommerferien? Suchmaschinen-Daten zeigen, dass das Interesse der Schweizerinnen und Schweizer zu möglichen Reisedestinationen jeweils ab April langsam zunimmt. Der Grund war bislang offensichtlich: Wer früh bucht, der bezahlt weniger.
Dieser weit verbreitete Ratschlag ergibt in Zeiten der Corona-Krise wenig Sinn. In vielen Länder gelten nach wie weitreichende Einschränkungen, die das öffentliche Leben und die Einreise betreffen. Noch ist kein Ende in Sicht, nicht mal unter Epidemiologen. Das erschwert die Ferienplanung massiv, worunter Hotelbetriebe aktuell leiden. Fallen die Sommerferien deshalb ins Wasser?
Social Distancing im Flugzeug kaum möglich

Am EuroAirport bei Basel fliegt kaum einer mehr.Bild: KEYSTONE
Christian Laesser, Tourismusprofessor an der Universität St. Gallen, glaubt das nicht. Vergangene Woche sagte zwar er in der «NZZ», dass interkontinentale Reisen wohl erst nächstes Jahr wieder möglich sein werden. Heute sind bereits viele Airlines gegroundet.
«Social Distancing ist in einem Flugzeug kaum möglich, ausser wenn die Flieger nur zur Hälfte gebucht werden. Das würde aber die Ticketpreise erhöhen», begründet er. Gleiches gilt für Flughäfen, welche wohl nur mit reduzierter Kapazität genutzt werden könnten.
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Grössere Chancen sieht Laesser aber für den Schweizer Tourismus, wie er im Gespräch mit watson erklärt: «Die Massnahmen werden wahrscheinlich zuerst im Inland gelockert, bevor es zur Entspannung im internationalen Tourismus kommt. Deshalb sind Reisen im Inland zunächst wahrscheinlicher als ins Ausland, insbesondere wenn sie aus Europa rausführen.»
«Die Massnahmen werden wahrscheinlich zuerst im Inland gelockert.»
So denkt er, dass mit der schrittweisen Lockerung des Lockdowns durchaus Sommerferien in den Alpen oder an einem Bergsee hierzulande möglich wären. «Im beschränkten Ausmass und unter gewissen Bedingungen werden solche Buchungen sicher bald wieder möglich sein.»
Neue Angebote werden entstehen

Lokale Reiseführer gibt es heute schon – wie hier in Berlin. Sie bieten ihre Dienste online oder auf Plätzen an.Bild: AP
Gleich wohl rät er davon ab, das nächstbeste Angebot zu buchen. «Ich würde momentan nur dort buchen, wo auch noch kurzfristig eine Stornierung möglich ist – man weiss ja nie», sagt er. Würden die Massnahmen gelockert, so gäbe es für Gäste und Touristiker dadurch eine Perspektive für die Reisezeit in den Sommer- und Herbstmonaten.
Der Tourismusprofessor vermutet, dass die Corona-Krise auch neue Angebote schaffen wird. Er spricht von «einer Art posttraumatischer Belastungsstörung», die eine Nachfrage nach neuen Möglichkeiten der Entspannung schaffen werden, um sich vom vielseitigen Stress der Krise erholen zu können.
Coronavirus und die Psyche:
Im lokalen Bereich könnten auch kleinere Dienstleister wie «Local Guides» profitieren. «Solche Angebote gibt es ja heute bereits, die ausländischen Touristen im direkten Kontakt durch die Stadt oder Wanderrouten führen. Wäre ich selbst Hotelier oder Anbieter von solchen Tourismus-Diensten, würde ich jetzt anfangen Ideen zu suchen», sagt Laesser weiter.
Verändert Krise den Massentourismus?

Massentourismus in Copacabana im Dezember 2019.Bild: EPA
Ändern könnten sich auch die Ferien-Gewohnheiten der Bevölkerung. «Übertriebene Kurztrips, wie etwa für eine Wochenendparty nach Mallorca, ergeben bei vernünftiger Analyse wenig Sinn», klagt Laesser. «Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der Rezession, welches zur Hinterfragung verschiedener Fun-Budgets führen wird.»
Er hofft deshalb, dass sich durch die Krise auch einige Urlauber die Frage nach der Sinnhaftigkeit von gewissen Freizeitaktivitäten stellen. «Es ist gut möglich, dass die Corona-Krise gewisse Verhaltensweisen verändern wird. Wenn extrem ressourcenverschwendende Freizeitformen verschwinden, wird die Welt nicht viel verlieren.»
Die Übersicht zur Lage in der Schweiz:
Coronavirus – die Lage weltweit:
Coronakrise: Entwicklung in der Schweiz
Sars-Cov-2, Covid-19, Coronavirus – die wichtigsten Begriffe
Coronaviren sind eine Virusfamilie, die bei verschiedenen Wirbeltieren wie Säugetieren, Vögeln und Fischen sehr unterschiedliche Erkrankungen verursachen.
Sars-Cov-2 ist ein neues Coronavirus, das im Januar 2020 in der chinesischen Stadt Wuhan identifiziert wurde. Zu Beginn trug es auch die Namen 2019-nCoV, neuartiges Coronavirus 2019 sowie Wuhan-Coronavirus.
Covid-19 ist die Atemwegserkrankung, die durch eine Infektion mit Sars-Cov-2 verursacht werden kann. Die Zahl 19 bezieht sich auf den Dezember 2019, in dem die Krankheit erstmals diagnostiziert wurde.
Die wichtigsten Fakten zum Coronavirus: Symptome, Übertragung, Schutz.
Diese Airlines sind wegen Corona gegroundet (Auswahl)
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Diese Airlines sind wegen Corona gegroundet (Auswahl)
Da blutet das Aviatiker-Herz: Gegroundete Swiss-Airbusse stehen auf dem Flughafen Dübendorf herum.
quelle: keystone / ennio leanza
«Bitte bleibt Zuhause!» - Appell einer Krankenschwester an die gesamte Bevölkerung
Video: watson
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Haben sie das denn vor der Krise gemacht? Ich bezweifle, dass sich da viel bessern wird.