Um gegen das in der Schweiz vorliegende Lohndumping-Problem vorzugehen, könnten im Kanton Zürich im Detailhandel und im Maschinenbau schon bald Normalarbeitsverträge mit zwingenden Mindestlöhnen erlassen werden. Was im ersten Moment gut klingt, hat jedoch einen Haken.
Dem Blick liegen die Vertragsentwürfe aus dem wirtschaftlich wichtigsten Kanton vor. Und dort zeigt sich: Im Detailhandel soll künftig ein Mindestlohn von 3415 Franken pro Monat gelten – und das unabhängig von Alter, Ausbildung und Berufserfahrung. Angestellte, die in dieser Branche tätig sind, müssten also im Monat mit rund 3000 Franken netto auskommen.
Zum Vergleich: Detailhandel-Angestellte im Kanton Genf erhalten einen Mindestlohn, der bis zu 350 Franken höher liegt, im Kanton Bern verdienen Verkäufer, die über 25 Jahre alt sind, gar bis zu 3955 Franken – Ausnahmen sind hier jedoch möglich.
Der in Zürich geplante Mindestlohn steht jedoch nicht nur im kantonalen, sondern auch im brancheninternen Vergleich schlecht da: Bei Migros und Coop erhalten ungelernte Mitarbeiter mindestens 3900 Franken, jenen, die eine Lehre absolviert haben, stehen mindestens 4100 Franken zu. Aldi, Denner und Lidl zahlen noch besser.
«Statt dass der Kanton das Problem löst, geht er hin und legalisiert das Lohndumping», zitiert der Blick die Gewerkschaft Unia. «3415 Franken im Detailhandel sind ein Skandal. Das ist nicht akzeptabel», so Unia-Sprecher Lorenz Keller. Normalarbeitsverträge sollten sich an bestehenden Gesamtarbeitsverträgen orientieren.
Und auch in der zweiten Problembranche, dem Maschinenbau, sieht die Lage nicht viel besser aus: Gemäss den Vertragsentwürfen ist hier ein Mindestlohn von 3850 Franken – unabhängig von Alter, Ausbildung und Berufserfahrung – vorgesehen.
Die Vertragsentwürfe wurden im kantonalen Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) von FDP-Regierungsrätin Carmen Walker Späh erstellt und werden derzeit von der tripartiten Kommission diskutiert. Ihr gehören Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Kantonsvertreter an.
Bruno Sauter, Chef des Amts für Wirtschaft und Arbeit, will sich «aus Gründen des Amtsgeheimnisses» nicht zur Höhe der Mindestlöhne äussern. Auch Regierungsrätin Walker Späh hält sich bedeckt. Die Regierung käme erst dann ins Spiel, wenn sich die tripartite Kommission entscheidet, bei der Regierung den Erlass des Normalarbeitsvertrages zu beantragen, teilte eine Sprecherin der Volkswirtschaftsdirektion mit. (viw)