SRF-Mann Ruefer sprach nicht über Xhaka-Pfiffe – woran es liegen könnte
Dass Sascha Ruefer in Pristina aus einer schalldichten Kabine das Länderspiel kommentierte, können wir ausschliessen. Schliesslich ist ihm das Feuerwerk, das mit dem Abspielen der kosovarischen Hymne begann und bis in die Startphase des Spiels andauerte, auch akustisch nicht entgangen.
Doch auf den irritierendsten Lärm bei diesem Spiel, dem eigentlichen Aufreger an diesem Abend in Pristina, ist er nicht wirklich eingegangen: die permanenten Pfiffe des Heimpublikums gegen den Nati-Captain Granit Xhaka.
Man kann es als Versäumnis bewerten. Oder, wenn man ganz streng ist, Ruefer gar Missachtung der journalistischen Sorgfaltspflicht vorwerfen, weil er den TV-Zuschauern keinen Kontext zu den unüberhörbaren Pfiffen bietet. Quasi Note 2 für den Posterboy von SRF Sport, der letzten Gallionsfigur, dem Mann, der uns sonst so prima unterhält. Aber da gibt es auch mildernde Umstände, die Ruefer geltend machen kann.
Die Pfiffe, ja, sie kamen irgendwie überraschend. Xhaka wird in Kosovo nicht als Verräter betrachtet, weil er für die Schweiz statt für die Heimat seiner Eltern spielt. Im Gegenteil. In ihm sehen viele Menschen den perfekten Botschafter eines Staates, der sich im Teenager-Alter befindet. Xhaka ist ein Mann, zu dem man hochschaut. Der es im Land des grossen Bruders Schweiz zu etwas gebracht hat. So viel zur Vorgeschichte.
Aber die Gegenwart hält etwas anderes bereit. Xhaka, wie er in einem Interview reflektiert, also nicht unkritisch, über zwei Rückkehrer (Avdullahu und Hajdari) spricht, die sich von der Schweiz ab- und dem Kosovo zugewandt haben. Diesen Kontext hätten wir von Ruefer gerne erhalten. Doch der Kommentator blieb in dieser Sache ungewöhnlich wortkarg.
Vielleicht kommentierte Ruefer schlicht mit einer Schere im Kopf. Sein Verhältnis zum Captain der Nati ist spätestens seit der Ausstrahlung des Dokfilms zur WM 2022 in Katar, «The Pressure Game», belastet. Ruefer macht darin eine Aussage zu Xhaka und dessen Herkunft, die man ihm in der ursprünglichen Form mit bösem Willen als rassistisch hätte auslegen können. Die Szene wurde zwar auf Initiative von Ruefer rausgeschnitten. Doch publik wurde sie trotzdem.
Irgendwie verständlich, wenn Ruefer seit jener Episode nicht unbelastet über Xhaka redet. Meist ist das nicht schwierig, weil Xhaka seine Flegeljahre (Doppeladler) hinter sich gelassen zu haben scheint. Aber auch, weil Xhaka in der Regel sehr gut spielt. Wenn dann wie in Pristina doch mal etwas Aussergewöhnliches vorfällt, scheint Ruefer überfordert. Dabei hätte er ja prima Partei für den Nati-Captain ergreifen können, ohne dabei anbiedernd zu wirken.
Aber, und das ist ebenfalls Teil der Geschichte: Ruefer ist ein Stück weit Opfer in der Causa Xhaka. Einerseits, weil er seine Aussage für den Dokfilm tätigte, als der offizielle Teil des Interviews beendet war, der Regisseur ihn im Nachhinein ins offene Messer laufen liess. Andererseits, weil das SRF den Dokfilm mit Ruefers polemischer Aussage durchgewunken hat.
Bleibt die Frage: Soll Ruefer trotzdem weiter die Nationalmannschaft kommentieren? Ich finde ja. Aber ich finde auch, dass ihm Rachel Rinast als Co-Pilotin guttun würde. Allein, weil er mit den Jahren halt doch einiges an Ballast mitschleppt – siehe Affäre Xhaka.
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