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Bei keinem anderen Team ist nach oben und nach unten so viel möglich. Das wahre Gottéron kann um den Titel spielen. Aber wenn die emotionalen Sicherungen durchbrennen sind nicht einmal die Playouts ausgeschlossen.
Im letzten Februar war die Welt in Ordnung. Sportchef Christian Dubé bestätigte den Zuzug von Reto Berra. Der WM-Silberheld und Goalie-Titan mit NHL-Meriten personifizierte das Ende der Krise, der Beginn einer neuen, ruhigeren Ära. Torhüter sehr gut, alles gut.
Aber die Hockey-Götter lassen Gottéron einfach nicht zur Ruhe kommen. Reto Berra hat die NHL-Ausstiegsklausel im letzten Moment genutzt und nun vertraut Gottéron nach dem Schweden Thomas Östlund und den Kanadiern Adam Mundro und Sébastien Caron wieder einmal schon beim Saisonstart auf einen ausländischen Torhüter.
Gottéron ist mit Thomas Östlund und Sébastien Caron gut gefahren und es gibt keinen Grund, an Barry Brust zu zweifeln. Ja, der wilde, wehrhafte Kanadier hat sogar alles, um ein Publikumsliebling zu werden. Letzte Saison verbüsste er in der KHL bei Slovan Bratislava mehr als 100 Strafminuten.
Auch der Trainer ist ein Hoffnungsträger. Mark French hat sich eine solide Reputation als tobender Feuerkopf erarbeitet. Es gibt auf YouTube wunderbare Videos, die einen tobenden Mark French zeigen. So haben bei uns in den letzten Jahren nur Doug Shedden und Chris McSorley getobt. Was heisst das für Gottéron? Nun, dass es erstmals seit dem Ende der Ära von Hans Kossmann im Oktober 2014 in der Kabine wieder rumpeln wird.
Mark French gilt als moderner, fordernder Trainer und als guter Ausbildner. Letzteres spielt allerdings keine Rolle mehr. Weil die Nachwuchsabteilung kaum mehr NLA-taugliche Spieler hervorbringt. Mark French besitzt einen Universitätsabschluss in Psychologie. Wir dürfen also erwarten, dass er mit Verstand tobt. Ob er bei Gottéron erfolgreich sein wird ist nicht sicher. Aber der Unterhaltungswert seiner Wutausbrüche wird in jedem Fall erstklassig sein.
Gottéron war schon immer dann am besten, wenn der «heilige Zorn» brennt – und wenn Barry Brust und Mark French diesen heiligen Zorn nicht zu entfachten vermögen können, dann kann es wohl nicht einmal der Leibhaftige. Ob es für die Playoffs reichen wird, ist ungewiss. Aber Gottéron ist zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt. Gottéron ist wieder eine Traumfabrik. Es ist angerichtet für eine höchst unterhaltsame Saison in der nichts ausgeschlossen werden kann. Weder der nächste Final nach 2013 noch die erneute Schmach der Playouts.
Die wichtigste Veränderung betrifft die Torhüterposition. Barry Brust befindet sich in einer komfortablen Situation: Besser als seine Vorgänger Benjamin Conz (Abwehrquote 89,16 Prozent) und Dennis Saikkonen (87,05) wird er auf jeden Fall sein. Der Kanadier ist ein grosser, schwerer, unkonventioneller und wehrhafter Butterfly-Goalie und pflegt vor seinem Kasten rigoros aufzuräumen. Letzte Station war er bei Slovan Bratislava in der KHL mit einer Fangquote von 91,8 Prozent und 106 Strafminuten wegen seiner aggressiven Spielweise überaus populär und nichts spricht dagegen, dass er auch bei Gottéron ein Publikumsliebling wird.
Wenn Torhüter Barry Brust und sein feuerköpfiger Trainer Mark French rocken, ist alles möglich – auch zu viele Emotionen, zu wenig Ordnung und ein Absturz. Die Abhängigkeit von den Titanen (Barry Brust, Julien Sprunger, Roman Cervenza, Andrei Bykow) ist zu gross.
Platz 7 – und nach oben bis zu Rang 4 und nach unten bis zu den Playouts ist bei der unberechenbarsten Mannschaft der Liga alles möglich.
Biel steht vor der ersten Saison seit elf Jahren ohne Kevin Schläpfer. Am Anfang dieses neuen Eishockey-Zeitalters spielen die alten Davoser Jonas Hiller und Beat Forster eine Schlüsselrolle.
Biel ist mit Kevin Schläpfer als Sportchef und später als Trainer seit 2006 den langen Weg aus der sportlichen Verbannung in der NLB bis hinauf zum regelmässigen NLA-Playoff-Teilnehmer gegangen. Und von einem Lotterstadion in einen Hockeytempel umgezogen. Wahrlich, eine Entwicklung, die in den hockeytechnischen Dimensionen an den Auszug aus Ägypten und die lange, 40-jährige Wanderung ins gelobte Land mahnt.
Nun hat in Biel mit der «Post-Schläpfer-Ära» ein neues Zeitalter begonnen. Bei der Erschaffung eines «neuen» Biel spielen zwei alte Davoser die entscheidende Rolle. Torhüter Jonas Hiller (er war schon letzte Saison dabei) und nun neu der unsanfte Titan Beat Forster als Verteidigungsminister. Mit Jonas Hiller (35) und Beat Forster (34) sind die Bieler defensiv robust wie nie in diesem Jahrhundert. Zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg in die NLA (2008) erreichten sie letzte Saison ein positives Torverhältnis (146:140) und dazu eine dramatische Reduktion der Anzahl Gegentreffer gegenüber der Vorsaison von 175 auf 140.
An dieser Entwicklung hat Jonas Hiller gleich in zweierlei Hinsicht einen grossen Anteil. Erstens hat er bei seiner täglichen Torhüterarbeit unzählige Pucks abgewehrt und zweitens hat er mit seinem Charisma für ein neues Selbstvertrauen seiner verteidigenden Vorderleute gesorgt. Die ganz grosse Qualität des ehemaligen NHL-Titanen ist seine mentale Robustheit. Er lässt sich auch durch einen haltbaren Gegentreffer nicht irritieren und strahlt diese Unbeirrbarkeit auf seine Mitspieler aus und ermutigt sie. Jonas Hiller ist zweifelsfrei viel besser als der Eindruck, den er am Ende einer anstrengenden Saison im Viertelfinale gegen Bern hinterlassen hat. Entscheidend wird bei ihm nicht nur die Tagesform sein – sondern auch die Erhaltung der Strahlkraft seines Charismas.
War das «alte» Biel getrieben von den Emotionen, die Kevin Schläpfer entfachte, so steht das «neue» Biel ganz hockeyrational auf einem soliden defensiven Fundament. Das ist hockeytechnisch klug und richtig. Aber wer neben gutem Hockey auch allerlei Unterhaltung und viel Drama und ein wenig Hollywood rund um einen Hockeyclub mag, der wird dem «alten» Biel, der «Schläpfer-Ära», halt schon ein wenig nachtrauern.
Entscheidend wird nun sein, wie Biel ohne Kevin Schläpfer funktioniert. Der Gegensatz könnte nicht grösser sein. Den Posten des Feuerkopfes und Showmasters Kevin Schläpfer hat mit Mike McNamara ein kanadischer Hockeyrentner übernommen, der sich eigentlich auf die Position eines Juniorentrainers zurückgezogen hatte, dann aber letzte Saison im Alter von 68 Jahren auf die grosse NLA-Bühne zurückkehrte, rockte und als «Nottrainer» die Mannschaft nach der Entlassung von «Hockeygott» Kevin Schläpfer in die Playoffs führte.
Spielte der psychologische Effekt nach dem Abgang von Kevin Schläpfer eine wichtigere Rolle als die Qualität der Arbeit seines Nachfolgers? Wir würden uns nicht wundern, wenn Mike McNamara seinen Platz an der Bande im Laufe der Saison seinem Assistenten Anders Olsson (42) überlassen würde (oder überlassen muss).
Biel muss mit einem Substanzverlust auf dem Transfermarkt klarkommen. Die Abgänge von Dave Sutter (ZSC Lions), Gaëtan Haas (SC Bern), Matthias Rossi (Gottéron) und Thomas Wellinger (Lugano) können durch die Zuzüge von Jason Fuchs (Ambri) und Beat Forster (Davos) nicht wettgemacht werden.
Auch ein durchschnittlicher Jonas Hiller ist noch immer ein grosser NLA-Torhüter. Das Management hat im Laufe von turbulenten Jahren gelernt, auch in kritischen Situationen ruhig zu bleiben. Und sollte Schlendrian aufkommen, kann Sportchef Martin Steinegger mit der Rückkehr von Kevin Schläpfer drohen.
Platz 8. Aber ein knappes Scheitern und eine turbulente Saison mit Trainerwechsel ist nicht auszuschliessen. Zumal mit dem schwedischen Assistenten Anders Olsson der Nachfolger von Mike McNamara schon in Lohn und Brot steht.
Noch nie seit dem Wiederaufstieg von 1998 war es im Sommer im «Hockey Country» so ruhig wie 2017. Die Voraussetzungen für die zweiten NLA-Playoffs nach 2011 sind gut. Aber es kann auch sein, dass es bloss die Ruhe vor gewaltigen Herbst- und Winterstürmen war.
Für einmal sei uns ausnahmsweise eine Anleihe an Jeremias Gotthelf gestattet. Schliesslich ist das Emmental «Gotthelf-Land». Im grossen Agrarethos «Ueli der Knecht» und «Ueli der Pächter» wird erzählt, wie es ein armer Knecht nach allerlei Abenteuern und Geldproblemen schliesslich mit Hilfe des grantigen, mächtigen «Hagelhans» zum angesehenen, reichen Besitzer der «Glungge» bringt.
So ähnlich ist es den SCL Tigers ergangen: Nach dem Wiederaufstieg von 1998 folgte eine wilde Zeit, mit allerlei Abenteuern und grossen Geldproblemen. Aber schliesslich ist es den Tigern auch mit Hilfe des grantigen, grossen Heinz Ehlers, im Wesen durchaus ähnlich wie «Hagelhans», gelungen, alles in Ordnung zu bringen und zu einem respektablen, angesehenen Hockeyunternehmen in geordneten finanziellen Verhältnissen und mit einem schönen Hockey-Tempel zu werden. «Hagelheinz» wie «Hagelhans.»
Leider hat der wortmächtige Dichterfürst kein drittes Buch «Ueli, der Bauer» geschrieben. Deshalb wissen wir nicht, wie Ueli, nachdem mit Hilfe von Hagelhans alles gut geworden war, weiterlebte. Bei Gotthelf finden wir also keine Antwort auf die Frage, wie es nun den SCL Tigers mit «Hagelheinz» künftig ergehen wird.
Die Voraussetzungen könnten eigentlich besser nicht sein. Ein allseits respektierter Trainer, der sich noch im Laufe der letzten Saison eingelebt hat und eine Mannschaft coacht, die der Sportchef in enger Zusammenarbeit mit dem Trainer zusammengestellt hat.
Aber es gibt inzwischen auch höchst beunruhigende Anzeichen gewaltiger Herbst- und Winterstürme. In acht Vorbereitungsspielen haben die Langnauer sieben Niederlagen kassiert. Vier davon «zu null». Die Ausländerpositionen, die besser besetzt schienen, bereiten grosse Sorgen. Aaron Gagnon (vom SCB) war bisher kein Leitwolf. Sondern eine offensive «Nullnummer» mit null Punkten aus sieben Partien und dem ersten Tor und ersten Assist erst im achten und letzten Vorbereitungsspiel. Und das finnische Trio Grande (Ville Koistinen, Eero Elo, Antti Erkinjuntti) war in der Vorbereitung so schwach, dass im Dorfe schon von einer «finnischen Mafia» gemurrt wird.
Heinz Ehlers hat die Tiger letzte Saison nach zehn Spielen und neun Niederlagen am Tabellenende übernommen und zum ersten vorzeitigen Klassenerhalt seit 2011 geführt. Seine Stärke ist die Fähigkeit, eine Mannschaft durch taktische Ordnung und Disziplin besser zu machen als sie nominell eigentlich ist. Er steht vor der grössten Herausforderung seiner Trainerkarriere.
Mit Aaron Gagnon und Antti Erkinjuntti zwei neue ausländische Stürmer. Viel Umsatz auf dem Transfermarkt haben die Mannschaft ausgeglichener, aber nicht unbedingt besser gemacht. Vor einem Jahr gewannen die Langnauer sechs von sieben Vorbereitungsspielen – und rutschten gleich in die Krise. Jetzt haben sie sieben von acht Vorbereitungspartien verloren ...
Bei keinem anderen Klub teilen sich die Goalies so redlich die Arbeit wie Damiano Caccio und Ivars Punnenovs in Langnau. Und jedes Mal, wenn einer der beiden bisher ein wenig schwächelte, lief der andere zur Bestform auf. Der Konkurrenzkampf befeuerte die Leistungen. Dieser Rückhalt der Goalies wird entscheidend sein. Der Trainer steht, anders als seine Vorgänger Benoit Laporte und Scott Beattie trotz schwacher Saisonvorbereitung in höchstem Ansehen. Die wirtschaftliche Situation ist so stabil, dass im Falle eines Falles zügig aber ohne Hast neue Ausländer verpflichtet werden könnten.
Ein Übermass an defensivem Wollen und ein Mangel an offensivem Können. Die ungenügende offensive Feuerkraft kostete letzte Saison letztlich die Playoffs. 124 Treffer, elf weniger als im Vorjahr. Wenn die beiden neuen ausländischen Stürmer (Antti Erkinjunti, Aaron Gagnon) die Erwartungen nicht erfüllen und Eero Elo erneut nicht genug Energie hat um sein Potenzial während der ganzen Saison auszuschöpfen, gerät Langnau schon früh in eine Krise.
Platz 12 – falls die Ausländer nicht in Form kommen oder rechtzeitig ausgewechselt werden. Bei konstant guten Leistungen des ausländischen Personals und der Torhüter sind hingegen die Playoffs möglich.