Sport
EM 2016

Island: Inzest-App verhindert böse Überraschungen

Isländische Fans beim Sieg im Gruppenspiel gegen Österreich.
Isländische Fans beim Sieg im Gruppenspiel gegen Österreich.
Bild: GEORGI LICOVSKI/EPA/KEYSTONE

«Sind eh alle miteinander verwandt» – wieso die isländischen Fans eine skurrile App benötigen

Europameister der Herzen ist Island schon. Doch die Fussballer wollen mehr. Heute Abend im Achtelfinal gegen England streben die Inselkicker die nächste Sensation an. Im Freudentaumel sollten ihre Fans jedoch die wichtigste App auf ihrem Handy nicht vergessen …
27.06.2016, 13:2427.06.2016, 20:27
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Rund 330'000 Menschen leben auf Island. Natürlich sind sie nicht alle miteinander verwandt, wie böse Zungen dieser Tage behaupten, in denen Island dank seiner Fussballer in aller Munde ist. Aber im Kern hat die Aussage etwas. Inzest ist auf dieser abgelegenen Insel, im kalten Atlantik neben Grönland gelegen, tatsächlich ein Alltagsthema.

Es ist mitunter schwierig, sich unter den gegebenen Verhältnissen zu verlieben. Denn wer weiss bei der geringen Einwohnerzahl der Insel schon, ob das Gegenüber nicht mit einem verwandt ist? Eine App weiss es.

Bei 330'000 Einwohnern kennt über zwei, drei Ecken jeder jeden.
Bei 330'000 Einwohnern kennt über zwei, drei Ecken jeder jeden.
Bild: Martin Meissner/AP/KEYSTONE

«Hier brechen ja dauernd Vulkane aus»

«Wir stammen fast alle von wenigen Siedlerfamilien ab», erklärt App-Entwickler Alexander Annas Helgason der Süddeutschen Zeitung. Im Mittelalter seien ein paar Norweger und Kelten auf die damals leere Insel gekommen, sie seien seither quasi unter sich geblieben. «Und wir wurden immer wieder sehr stark dezimiert. Hier brechen ja dauernd Vulkane aus», so Helgason. Es werden also seit Jahrhunderten die selben Gene weiter und weiter gegeben, frisches Blut kommt nur sehr selten dazu.

Lernen sich eine Isländerin und ein Isländer kennen, so können sie kurz abchecken, ob sie nicht miteinander verwandt sind. «Falls Sie dieselben Grosseltern haben, geht ein Alarmton los und empfiehlt Ihnen, es beim Cafébesuch zu belassen», führt Helgason aus. Adaptiert auf den EM-Freudentaumel heisst das: Die Frage «Zu mir oder zu dir?» könnte sich durch den Alarmton in ein «Ach, lass' uns doch einfach noch ein wenig in der Brasserie quatschen» wandeln.

Humorvoller Umgang mit einem heiklen Thema: Der Werbespot zur App.YouTube/Gunnar Halldórsson

Stammbaumpflege als nationales Hobby

Moderne Technik soll also Inzest vermeiden helfen. Gefüttert wurde die App aber von uralten Daten, welche bis ins 9. Jahrhundert zurückgehen. «Islendingabok» heisst die Datensammlung, welche einst zur Genforschung angelegt wurde. Sie enthält Angaben zu mehr als 820'000 lebenden oder verstorbenen Isländern – über die Hälfte aller Menschen, welche je auf der Insel gelebt haben. «Die Datenbank enthält die Daten sämtlicher Isländer, die im 20. Jahrhundert geboren wurden und immerhin fast aller aus dem 19. Jahrhundert», erläutert der Projektleiter Thordur Kristjansson in der ARD.

Die Stammbaumpflege sei eine Art nationales Hobby, berichtet App-Entwickler Helgason. Schon die ersten Siedler, die sich 874 auf Island niedergelassen hatten, beschäftigten sich damit. «Die meisten können tatsächlich ihre Wurzeln sehr weit zurückverfolgen.» Helgason selber sagt, er sei stolz darauf, in der 29. Generation direkt mit einem der ersten Siedler verwandt zu sein.

Wir Schweizer können die App übrigens nicht verwenden. Denn zur Installation wird eine isländische Sozialversicherungsnummer benötigt.

Islands Fussballer schreiben in Frankreich an einem Sportmärchen.
Islands Fussballer schreiben in Frankreich an einem Sportmärchen.
Bild: Martin Meissner/AP/KEYSTONE
Island heute gegen England
Mit England treffen die Isländer im Achtelfinal (21 Uhr in Nizza) auf ihren Wunschgegner. Ein Traum werde wahr, tönte es aus dem isländischen Lager unisono. Trainer Hallgrimsson sagte: «Wir sind verrückt nach englischem Fussball. Wir müssen sie nicht gross analysieren. Wir wissen alles über sie – sie wohl aber nichts über uns.» Englands Captain Wayne Rooney lässt dies kalt. Er sagte: «Wir sind nicht hier, um die Viertelfinals zu erreichen, sondern um das Turnier zu gewinnen. Das ist das Ziel.»

So hiessen die Schweizer Nationalspieler als Isländer

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So würden die Schweizer Nationalspieler als Isländer heissen
Yann Danielsson.
quelle: witters / tim groothuis/freshfocus
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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ylene
27.06.2016 13:54registriert Januar 2016
Hmm, ich hoffe doch sehr, dass die allermeisten Leute ihre Cousins ersten Grades kennen und dafür keine App brauchen... :-) Aber der Stammbaum ist tatsächlich ein sehr beliebtes Smalltalk-Thema - treffen sich 2 Isländer, versuchen sie häufig heraus zu finden, wie sie mit einander verwandt sind. Grundsätzlich ist man in den skandinavischen Sprachen auch im Alltag viel genauer mit den Verwandtschaftsverhältnissen, da spricht man bspw. nicht einfach von seinem Grossvater, sondern vom Farfar (Grossvater väterlicherseits) und vom Morfar, resp. dann der Mormor und der Farmor. :-)
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Luca Brasi
27.06.2016 14:04registriert November 2015
Wenn die Isländerinnen ganz sicher sein wollen, können sie ja mich daten. Und vielleicht findet ja die eine oder andere Isländerin momentan ja gefallen an den Franzosen. ;P
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Humpe
27.06.2016 22:41registriert Februar 2014
Gibt's die App auch in einer Version für das Muotatal? *duckundweg*
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