Leerer Blick bei Manuel Neuer – Titelverteidiger Deutschland scheitert bereits in der Gruppenphase. Bild: EPA/EPA
Hummels nach Deutschlands Sensations-Aus: «Brachten den Ball einfach nichts ins Tor»
Es ist eine historische Blamage! Zum ersten Mal in der WM-Geschichte ist der vierfache Weltmeister in der Vorrunde gescheitert. In einem schwachen Spiel verliert das DFB-Team 0:2 gegen Südkorea und wird Gruppenletzter. Die Stimmen zum deutschen Fiasko.
Mats Hummels:
... kurz nach dem Schlusspfiff:
«Ganz schwierig das in Worte zu fassen. Wir haben bis zum Schluss daran geglaubt. Selbst nach dem 0:1 versuchten wir das Ding noch drehen, aber wir brachten den Ball einfach nicht ins Tor. Ich selbst hatte noch die Möglichkeit, den muss ich machen. Das hat uns das Genick gebrochen. Wir haben unsere Torchancen nicht genutzt.»
Hummels vergibt in der 87. Minute das 1:0 – das hätte gereicht.Video: streamable
«Das letzte überzeugende Spiel, das wir abgeliefert haben, war im Herbst 2017. Ist ein bisschen lange her.»
Mats Hummels
Hummels schon kurz nach Schlusspfiff mit einer schonungslosen Analyse.bild: screenshot zdf
... über die Schwierigkeiten der Favoriten:
«Fast keine Mannschaft kommt bei dieser WM leicht durch, ausser Belgien und England hat fast jeder Favorit grosse Probleme. Die vermeintlich kleineren Teams machen das defensiv sehr gut. Mit dem Mexiko spielt brachten wir uns in eine schwierige Situation. Wie das erste Gegentor gefallen ist, ist symptomatisch für diese WM von uns.»
Das 1:0 für Südkorea in der 94. Minute. Video: streamable
... über den Bruch im Spiel:
«Ab der 65. Minute sind wir unglaublich hektisch geworden, haben unsere Positionen verlassen. Wir sind wild geworden, haben Fehlpässe gespielt, sind in Konter gelaufen. Da haben wir unsere Struktur verloren. Ganz, ganz bitterer Abend für uns, für alle deutschen Fussball-Fans.»
Das 2:0 von Südkorea in der 97. Minute.Video: streamable
«Man kann es eigentlich nicht glauben. Es ist unvorstellbar.»
SKY-Kommentator Wolff-Christoph Fuss
Sam Khedira
... über das Versagen der Teamleader:
«Es ist einer der schwersten Momente für die Mannschaft, das Team und auch für mich persönlich. Wir haben vorher gesagt, dass gerade die Weltmeister das Team tragen müssen. Wenn man dann so sang- und klanglos ausscheidet, muss man die Verantwortung übernehmen. Jetzt müssen wir mit den Konsequenzen leben. Die letzten zehn Jahre waren sensationell, dass es jetzt so zum Schiffbruch kommt, ist umso trauriger. Wir müssen die Situation selbstkritisch analysieren und unsere Schlüsse ziehen. Aber nicht heute. Wir haben die schwache Vorbereitung analysiert, aber wir haben dann die Kurve nicht bekommen.»
Sami Khedira will jetzt noch nicht über Konsequenzen sprechen.bild: screenshot zdf
Manuel Neuer:
... über Deutschlands Schwächen:
«Ich denke, dass jeder sehr enttäuscht und traurig ist, dass wir diese grosse Chance verpasst haben. Wir haben es auch bei diesem Spiel nicht geschafft, eine sehr gute Leistung zu zeigen. Ich denke, dass von uns allen die Bereitschaft nicht gross genug war zu zeigen, dass wir bei dieser Weltmeisterschaft was reissen wollen. Spätestens bei der nächsten oder übernächsten Station wäre Halt gewesen für uns. Wir haben in keinem Spiel richtig überzeugt, wo wir sagen können, das war die deutsche Fussball-Nationalmannschaft. Das ist bitter und erbärmlich.»
Trainer Joachim Löw
... über die Gründe des Scheiterns:
«Es herrscht eine riesige Enttäuschung, Totenstille. Gratulation an unsere Gegner, die uns besiegt haben. Wir haben es nicht verdient weiterzukommen. Wir haben es nicht geschafft, ein Tor zu erzielen, in Führung zu gehen. Wir haben in der Vorbereitung versucht, alles zu tun, aber der Mannschaft hat die Leichtigkeit gefehlt. Kombinationsfluss und Sicherheit waren nicht vorhanden. Wir haben es nicht auf den Platz gebracht. Wir waren in den Spielen verkrampft, haben nicht mit dieser Dynamik gespielt. Wir haben viele Tormöglichkeiten gehabt, aber die letzte Konsequenz im Abschluss war nicht da.»
2 - Erst zum 2. Mal nach 1938 scheidet Deutschland bei einer WM in der 1. Runde aus. Schock. #KORGER #WM2018 pic.twitter.com/3yCqnXhLrP
— OptaFranz (@OptaFranz) 27. Juni 2018
... über die Einstellung seiner Spieler:
«Wir konnten es nicht umsetzen. Ich habe das Gefühl gehabt, vielleicht war eine gewisse Selbstherrlichkeit vor dem Mexiko-Spiel da, dass man auf Knopfdruck die Leistung bringen kann. Aber man hat im Training gespürt, dass nach dem Schweden-Spiel ein Ruck durch die Mannschaft gegangen ist. Aber auf dem Platz hat man davon nichts gesehen. Wir wussten, weil Schweden vorne lag, dass wir alles riskieren mussten. Dadurch entstehen Löcher und eine gewissen Unordnung.»
bild: screenshot zdf
... über seine Zukunft:
«Der gesamte deutsche Fussball hat heute verloren. Nicht nur ein Spiel, sondern vieles von dem, was wir uns in den letzten Jahren aufgebaut haben. Ich bin der erste, der sich jetzt hinterfragen muss und überlegen, woran es lag. Darüber muss ich jetzt erstmal eine Nacht schlafen. Aber ich habe die Verantwortung für die Mannschaft und der muss ich mich jetzt auch stellen. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass wir gegen Südkorea verlieren.»
«Morgen kann man Gespräche führen, wie's weitergeht. Da muss ich jetzt eine Nacht drüber schlafen, so kurz nach dem Spiel bin ich total frustriert und enttäuscht. Ich trage die Verantwortung. Auch bei mir ist die Enttäuschung tief drin. Das hätte ich mir nicht vorstellen können.»
Löw ist seit 2006 Bundestrainer und hatte seinen Vertrag kurz vor der WM bis 2022 verlängert.
Die Pressekonferenz mit Jogi Löw.
Ex-Nationalspieler Oli Kahn:
... über das Scheitern der Deutschen:
«Das Nationaltrikot wiegt für jeden mehrere Tonnen, wie eine Last die auf den Spielern liegt. Man hat nicht das Gefühl gehabt, dass in dieser Mannschaft eine Achse vorhanden ist. Es bleibt ein Rätsel, wie man in so einem Zustand der phasenweisen Apathie dieses letzte Gruppenspiel hingenommen hat.»
Auch Oli Kahn ist der Mangel an Führungsspielern aufgefallen.bild: screenshot zdf
ZDF-Experte Christoph Kramer
... über das Aus:
«Ich fand, das war nicht der Fussball, den wir gewohnt sind, mit dem wir verwöhnt sind. Irgendwie passte es auf dem Platz mit der Chemie nicht so richtig.»
Teammanager Oliver Bierhoff
... über das Spiel:
«In der Kabine spricht keiner. Jeder ist in sich gesunken, tief enttäuscht. Wir hatten es selber in der Hand. Wir wussten, dass es ein schweres Spiel wird. Wir rannten an und kämpften, gegen Ende mussten wir aufmachen. Es ist eine grosse Enttäuschung, ein grosser Frust. Am Ende hat es nicht gereicht, das müssen wir akzeptieren sportlich.»
«Wir haben gehofft, dass das zweite Spiel gegen Schweden Wirkung zeigt, aber wir wurden enttäuscht. Wir wollten dumme Fehlpässe vermeiden, Korea müde spielen. Es hat nicht sollen sein und es war am Ende einfach zu wenig. Man sieht, dass es alle Mannschaften hier schwer haben, da spielt der Kopf auf eine grosse Rolle.»
bild: screenshot zdf
... über Löws Zukunft:
«Jogi hat vor kurzem einen neuen Vertrag unterschrieben, das hat er sich auch gut überlegt. Ich gehe fest davon aus, dass Jogi weitermacht und dann müssen wir wieder angreifen. Jetzt ist auch nicht die Zeit für Einzelanalysen.»
DFB-Boss Reinhard Grindel
... über den bevorstehenden Umbruch:
«Auch wir spüren eine grenzenlose Enttäuschung. Mir tut es vor allem für unsere Fans leid. Wir werden von Oliver Bierhoff eine saubere Analyse bekommen und daraus Konsequenzen ziehen. Wir haben vor dem Turnier gesagt, dass es unabhängig vom Verlauf einen Umbruch geben wird. Und wir haben überlegt, wer ist imstande diesen Umbruch zu leiten, und alle im Präsidium haben es Jogi Löw zugetraut – und das gilt weiter.»
(pre)
So traurige Gesichter machen die Deutschen nach ihrem WM-Aus
So funktioniert der Video-Beweis bei der WM in Russland
Video: srf
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