Vom Vizemeister der Bundesliga zum Premier-League-Aufsteiger zu wechseln, ist kein gewöhnlicher Transfer. Doch Nati-Captain Granit Xhaka ist diesen Weg gegangen – nun sprach er darüber, wie es dazu kam.
«Der erste Kontakt erfolgte einen Tag vor der Abreise ins Trainingslager mit Leverkusen nach Rio de Janeiro», erzählt Xhaka im Interview mit Blick. Spätabends habe ihn eine Schweizer Nummer angerufen. «Hallo, hier spricht Kyril. Ich bin der Besitzer von Sunderland», stellte sich die Person am anderen Ende der Leitung vor. «Ich glaubte, da treibe jemand Schabernack mit mir», berichtet Xhaka. Während des kurzen Telefonats habe er Kyril Louis-Dreyfus die Nummer seines Agenten José Noguera gegeben. «Zehn Minuten später meldete sich José per Facetime zusammen mit dem Sportchef und Kyril. Dann begriff ich: Es wird ernst.»
Xhaka war sich zunächst aber unsicher, ob Sunderland das Richtige für ihn sei. Zuvor war er auch schon mit der AC Milan und dem Saudi-Klub SC Neom in Verbindung gebracht worden. «Ich war ehrlich zu Kyril und sagte ihm, dass ich mir eine sofortige Rückkehr in die Premier League eigentlich nicht vorstellen könne», so Xhaka. Louis-Dreyfus und Sunderland-Sportchef Kristjaan Speakman konnten ihn jedoch zu einem Umdenken bewegen. «Nach dem Telefonat spürte ich: Das musst du machen, Granit!»
Ende Juli unterschrieb Xhaka dann bei Sunderland einen Dreijahresvertrag und wurde offiziell vorgestellt. 15 Millionen Euro überwiesen die Black Cats dem Vernehmen nach nach Leverkusen. Dass er den Bundesligisten, mit dem er Meister und Pokalsieger wurde, um jeden Preis verlassen wollte, stimme aber nicht, stellte der 32-Jährige klar. Auch Trainer Erik ten Hag sei nicht der Grund für seinen Weggang gewesen. «Mich ärgert, dass Erik als Problem dargestellt worden ist. Das war er nie!» Er habe stets einen sehr guten Austausch mit dem 55-jährigen Niederländer gehabt, Xhaka wäre gar zum Captain befördert worden.
Das ist er nun auch in Sunderland unter Trainer Régis Le Bris, den er wegen seiner ruhigen und sachlichen Art als «Monsieur à la Arsène Wenger» lobt. In seinem ersten Spiel in der Premier League, seit er Arsenal 2023 nach sieben Jahren verlassen hat, führte er sein Team direkt zu einem 3:0-Erfolg über West Ham. «Dass wir sie als Team so dominieren, hat wohl sehr viele Beobachter verblüfft», glaubt Xhaka. Der Mittelfeldspieler zeigte sich nach seinem Sunderland-Debüt besonders von der Atmosphäre im Stadium of Light beeindruckt. «Das war atmosphärisch etwas vom Besten, das ich je erlebt habe. Gänsehaut pur, einfach der absolute Wahnsinn», schwärmt Xhaka.
In der Stadt in Nordengland zähle nur das Geschehen auf dem Rasen. «Hier in Sunderland leben, atmen und leiden sie für den Sport. Diese Leidenschaft ist echt, sie sind mit Haut und Haaren dabei.» Für den Nati-Captain war dies «ein Top-3-Moment meiner Karriere».
Der Wechsel bedeutet für Xhaka auch eine sportliche Veränderung. Schon in den ersten Gesprächen habe sich abgezeichnet, «dass ich mit dem Ball am Fuss weniger involviert sein werde als damals in Leverkusen, als ich an fast jedem Spielzug beteiligt war». Vielmehr gehe es nun auch darum, ohne Ball Einfluss zu nehmen, und im Ballbesitz auch einmal zu bremsen. «Denn etwas ist klar: Begeht man in der Premier League einen Fehler zu viel, dann klingelt es.» Deshalb soll Xhaka «das Team führen, Rückhalt geben, eine Linie vorleben auf dem Rasen und Löcher zu stopfen, die ganz junge Spieler womöglich nicht realisieren».
Die Erfahrung, erstmals in seiner Karriere bei einem Abstiegskandidaten zu spielen, könne ihm auch für die Zeit nach seinem Profitum helfen, glaubt Xhaka: «Ich will irgendwann meinen Trainerweg machen. Deshalb ist es wichtig, auch mal Momente des Leidens, der Solidarisierung zu erleben.» Und leiden werde Sunderland trotz des gelungenen Auftakts in den kommenden Monaten noch zur Genüge müssen. «Das ist eine andere Seite des Fussballs, die aber auch dazugehört, und die mich prägen wird.» (nih)
Anfangs seiner Karriere hat er mich genervt mit so vielen unnötigen Karten, ein Hitzkopf.
Aber er ist eindrucksvoll gereift, übernimmt Verantwortung, arbeitet sehr hart und diszipliniert. Ich habe grossen Respekt vor dieser Entwicklung und ich freue mich über seinen Erfolg. Ich bin sicher auch als Trainer werde ich noch viel von ihm sehen und hören.
Ich hätte nie gedacht das ich einmal sage er ist eine Inspiration und Bereicherung für den Fussball