Betrug im Sport – 11 der grössten Skandale der Geschichte
In der vergangenen Woche wurden sowohl die NBA als auch der türkische Fussball von grossen Skandalen erschüttert. In der nordamerikanischen Basketball-Liga geht es um Wettmanipulation, Betrug bei illegalen Pokerrunden und die Mafia. Ein aktiver Spieler sowie ein Trainer in der NBA wurden festgenommen. Die Ermittlungen dürften noch eine Weile dauern.
In der Türkei geht es um Schiedsrichter, die zum Teil mehrere tausend Wetten platziert haben, nun sind auch tausende Spieler ins Visier der Justiz geraten. Das Ausmass ist in beiden Fällen noch nicht abschliessend bekannt.
Schon jetzt kommen Erinnerungen an vergangene Skandale aus der Sport-Welt auf. Als Athleten oder Verantwortliche betrogen, um das Ergebnis zu ihrem Vorteil zu beeinflussen.
Gips statt Polster
Im Juni 1983 gewann Luis Resto überraschend gegen den bis dahin ungeschlagenen Billy Collins Jr. Kurz nach dem Kampf flog jedoch auf, dass beim Boxer aus Puerto Rico die Polsterung aus den Handschuhen entfernt wurde. Ausserdem wurden Restos Hände mit Gips bandagiert. Bei Collins führte dies zu einer dauerhaften Sehstörung, einige Monate später starb er alkoholisiert bei einem Autounfall. Sein Vater vermutete einen Suizid.
Resto verlor seine Boxlizenz und kämpfte ebenfalls nie mehr. Er wurde gemeinsam mit seinem Trainer wegen Körperverletzung, illegalem Waffenbesitz (Restos Hände) und Verschwörung – eine Person, die sich mit Restos Trainer getroffen hatte, setzte vor dem Kampf eine hohe Geldsumme auf dessen Schützling – verurteilt. Der heute 70-Jährige verbüsste zweieinhalb Jahre im Gefängnis.
Pyro? Rasierklinge!
Eine ganz perfide Art, zu betrügen, versuchte Chile-Goalie Roberto Rojas im September 1989. In einem wichtigen WM-Qualifikationsspiel gegen Brasilien täuschte Rojas beim Stand von 0:1 vor, von einer bengalischen Fackel getroffen worden zu sein. Die Chilenen verliessen das Feld des Maracanã in Rio de Janeiro aus Protest. Am nächsten Tag wurde durch Fernsehbilder jedoch festgestellt, dass die von einem brasilianischen Fan geworfene Fackel Rojas gar nicht traf. Dieser wies zudem weder Verbrennungen noch Spuren von Schwarzpulver auf.
Nach einer Untersuchung gestand Rojas, sich mit einer in einem Handschuh versteckten Rasierklinge selbst verletzt zu haben. Die Chilenen unter Trainer Orlando Aravena erhofften sich ein Wiederholungsspiel oder eine Disqualifikation Brasiliens. Rojas wurde gesperrt und beendete seine Karriere, auch Trainer Aravena und weitere Funktionäre wurden bestraft. Chile bekam gegen Brasilien eine Forfait-Niederlage aufgebrummt und wurde von der Qualifikation für die WM 1994 ausgeschlossen.
Das Tonband am Geburtstag
Spielmanipulationen sind schon lange Teil des Sports. Bereits im Jahr 1915 wurde in England ein Fall aufgedeckt, wo Spieler ein Ergebnis ausmachten und darauf wetteten. Einen spektakulären Fall gab es in der Bundesliga-Saison 1970/71, als Rot-Weiss Oberhausen und Arminia Bielefeld die Gegner bezahlten, um so noch den Klassenerhalt zu schaffen.
Offengelegt wurde dies von Horst-Gregorio Canellas. Der Vereinspräsident von Kickers Offenbach, das aufgrund der schlechteren Tordifferenz im Vergleich zu Oberhausen abstieg, spielte an seiner Feier zum 50. Geburtstag ein Tonband ab, auf dem gegnerische Spieler Canellas eindeutige Bestechungsangebote machten. Dies wurde auch dem Deutschen Fussball-Bund vorgespielt. Schmiergeldzahlungen in der Höhe von 1,1 Millionen D-Mark wurden aufgedeckt, insgesamt 52 Spieler, die Trainer von Bielefeld und Oberhausen sowie sechs Funktionäre – darunter auch Canellas, weil er am Telefon zum Schein auf die Bestechungsangebote eingegangen war – wurden bestraft.
Arminia Bielefeld wurden im Folgejahr alle Punkte aberkannt, woraufhin der Klub abstieg. Rot-Weiss Oberhausen stieg dann 1973 aus sportlichen Gründen ab, während die Offenbacher Kickers, denen wie Bielefeld die Bundesligalizenz entzogen wurde, nach dem Abstieg den direkten Wiederaufstieg schafften.
In der Saison 2004/05 kam es zu einem weiteren Manipulationsskandal in Deutschland. Der Schiedsrichter Robert Hoyzer hatte auf Anweisung der kroatischen Mafia mehrere Spiele so verpfiffen, dass die erwünschten Ergebnisse herauskamen. Darunter das DFB-Pokal-Spiel zwischen Paderborn und dem HSV (4:2). Hoyzer wurde vom DFB lebenslang gesperrt und zu knapp zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.
Calciopoli
Auch in Italien gab es immer wieder Spielabsprachen – man denke nur an Totonero im Jahr 1980, als unter anderem Paolo Rossi lange gesperrt, vor der WM 1982 aber begnadigt wurde und Italien zum Titel schoss. Der spektakulärste Fall hatte aber nichts mit Wettbetrug zu tun. Am 2. Mai 2006 veröffentlichte die «Gazzetta dello Sport» Abhörprotokolle von Telefongesprächen des Juventus-Generaldirektors Luciano Moggi. Dieser hatte seinen Einfluss genutzt, um die Schiedsrichterzuteilung bei Serie-A-Spielen zu manipulieren. Ausserdem wies er den Schiedsrichterobmann auch mal an, der Schiedsrichter solle Juventus bevorteilen.
Unparteiische wurden bestochen, damit sie in den Spielen der nächsten Gegner von Juventus Karten absichtlich so verteilen, dass wichtige Spieler gegen die Turiner gesperrt sind. Die Titel aus der Saison 2004/05 und 05/06 wurden nach dem Auffliegen von «Calciopoli» aberkannt. Juventus wurde zwangsrelegiert, stieg aber trotz eines Abzugs von neun Punkte in der nächsten Saison direkt wieder auf, weil Gigi Buffon, Alessandro del Piero und zahlreiche weitere Stars trotz Zweitklassigkeit blieben. Auch Fiorentina, Lazio Rom, der AC Milan und Reggina wurden aufgrund von ähnlichen Manipulationen mit Punktabzügen bestraft.
Luciano Moggi trat als Generaldirektor zurück und wurde lebenslänglich gesperrt. Strafrechtlich konnte «Lucky Luciano» nicht belangt werden, da seine Taten bis zum Ende der Ermittlungen längst verjährt waren.
Kopfgeld im Football
Zwischen 2009 und 2012 gab es bei den New Orleans Saints in der NFL eine Belohnung, wenn jemand einen Gegner verletzte oder dafür sorgte, dass er für den Rest des Spiels nicht mehr mittun konnte. So konnten bis zu mehrere zehntausend Dollar verdient werden. Auf Minnesota-Quarterback Brett Favre war im Halbfinal der Saison 2009/10 angeblich ein Kopfgeld von 35'000 Dollar ausgesetzt. Die Saints gewannen in jenem Jahr den Super Bowl.
Bezahlt wurden diese illegalen Boni von Defensivkoordinator Gregg Williams, der dieses System bereits bei vorherigen Teams implementiert haben soll, und den beteiligten Spielern selbst. Williams, mehrere Spieler und auch der damalige Saints-Trainer Sean Payton sowie General Manager Mickey Loomis, die beide davon wussten, wurden gesperrt. Williams verliess die Saints, blieb aber in der NFL tätig, Payton und Loomis kehrten in ihre alten Rollen zurück.
Mit Absicht in die Leitplanke
Beim Grand Prix von Singapur im Jahr 2008 setzte Nelson Piquet Jr. seinen Renault absichtlich in die Leitplanke, um Teamkollege Fernando Alonso zu bevorteilen. Dieser hatte seinen ersten Boxenstopp bereits absolviert und profitierte davon, dass er durch die Safety-Car-Phase wieder an den Rest herankam und die gesamte Konkurrenz während ihren Reifenwechseln überholen konnte. Alonso gewann das Rennen am Ende. Zunächst bezeichnete Piquet Jr. den Unfall als Fahrfehler. Als Renault ihn später rauswarf, erklärte der Brasilianer hingegen, dass das Team ihn aufforderte, auf dem Stadtkurs absichtlich in die Wand zu crashen.
Teamchef Flavio Briatore und Renningeneur Pat Symonds verliessen Renault. Die beiden Verantwortlichen wurden für längere Zeit gesperrt, jedoch wurden diese Sperren von einem französischen Gericht später aufgehoben, da die Beweislage zu wenig aussagekräftig gewesen sei. Renault wurde auf Bewährung zwei Jahre gesperrt, durfte aber weiter Rennen bestreiten. Die Umstände von Piquets Unfall wurden nie endgültig geklärt.
Morsezeichen mit der Mülltonne
2017 wurden die Houston Astros Meister der nordamerikanischen Baseballliga MLB. Zwei Jahre später kam heraus, dass sie während der Meistersaison und auch in der darauf folgenden Spielzeit auf illegale Mittel gesetzt hatten. So überwachten sie die Zeichen des gegnerischen Catchers an den Pitcher mittels einer Kamera und gaben sie dann an ihren Spieler, der den Ball schlagen sollte, weiter. So wusste dieser, auf welche Art der Ball geworfen werden würde, und hatte einen entscheidenden Vorteil. Um die Information zu überbringen, schlugen Spieler und Betreuer der Astros beispielsweise auf Mülltonnen.
Eine Untersuchung der MLB bestätigte das Geständnis eines Pitchers, der 2017 für Houston spielte, und bestrafte die Astros mit dem Entzug mehrerer Draftpicks sowie einer Busse von fünf Millionen Dollar. General Manager und Trainer wurden suspendiert, der Titel wurde Houston aber nicht entzogen.
Steroid-Homerun
In einer Liste der grössten Betrugsfälle dürfen Dopingskandale nicht fehlen. Im Baseball gab es gleich mehrere solche. Zwischen 2000 und 2003 sollen einige MLB-Stars leistungssteigernde Medikamente eingenommen haben. Es handelte sich vor allem um anabole Steroide und Wachstumshormone. Diese regten das Muskelwachstum an und halfen so dabei, kräftiger zu schlagen.
Unter den beschuldigten Spielern war auch Superstar Barry Bonds, der behauptete nie wissentlich gedopt zu haben und dafür nie verurteilt wurde. Dennoch werden seine Homerun-Rekorde noch heute angezweifelt.
Zehn Jahre später gab es erneut einen Dopingskandal in der MLB, wobei es wieder um Steroide ging, die ein Verjüngungsunternehmen bereitstellte. Es war eines der grössten koordinierten Dopingvergehen der Sportgeschichte. 14 Spieler, darunter drei All-Stars der Saison 2013, wurden für mindestens 50 Spiele gesperrt. Der grösste Name war Alex Rodriguez von den New York Yankees. Der dreifache MVP und 14-fache All-Star musste ein ganzes Jahr aussetzen.
Ein ganzer Sport zerstört seinen Ruf
Getoppt wird dieser Fall womöglich nur von jenem im Radsport aus den späten Neunziger- und den Nullerjahren. Angefangen hatte es mit der Festina-Affäre während der Tour de France 1998. Bei einem Betreuer wurden grosse Mengen des Dopingmittels EPO gefunden, über viele Jahre wurde beim Team Festina um den Schweizer Star Alex Zülle flächendeckendes Doping praktiziert. Zülle wurde wie einige andere später gesperrt. Der Skandal weitete sich auf andere Teams aus, die ebenfalls von der Tour ausgeschlossen wurden.
2006 sorgte der Name von Arzt Eufemiano Fuentes, der mehrere Topstars mit Blutdoping versorgt hatte, für einen weiteren Aufschrei. Unter anderem Jan Ulrich, Alberto Contador und auch Marco Pantani sollen zu seinen Kunden gehört haben. Der Dopingskandal im Radsport ging aber weit über Festina und Fuentes hinaus. So wurde beispielsweise auch Floyd Landis, ursprünglicher Sieger der Tour de France 2006, vom Schweizer Team Phonak des Dopings überführt.
Am berühmtesten ist natürlich der Fall von Lance Armstrong, dessen sieben Tour-de-France-Titel und alle weiteren Titel ab dem 1. August 1998 nach seinem Karriereende aberkannt wurden. Die ganze Geschichte ruinierte den Ruf des Radsports für längere Zeit.
Die Schande von Gijon
Heutzutage werden die letzten Gruppenspiele an Welt- und Europameisterschaften zeitgleich ausgetragen – und das hat einen guten Grund: das Spiel zwischen Deutschland und Österreich an der WM 1982. Im spanischen Gijon gingen die Deutschen in der 11. Minute durch Horst Hrubesch in Führung. Bei diesem Stand waren sowohl Deutschland als auch Österreich für die 2. Runde qualifiziert, Leidtragender war Algerien.
Noch vor der Pause stellten beide Mannschaften das Offensivspiel weitgehend ein. Weil damals noch keine Rückpassregel galt, spielten die Teams den Ball in der eigenen Hälfte hin und her, und sobald sich ein Gegner näherte, zurück zum Goalie. Der deutsche Kommentator sprach von einer «Schande», die Fans drückten ihren Unmut aus und die Algerier tobten. Deutschlands Abwehrchef Karlheinz Förster sagte nach der Partie: «Das Spiel konnte man Mitte der zweiten Halbzeit nicht mehr ansehen. Das war ja ein Nichtangriffspakt.»
Österreich schied in der zweiten Gruppenphase aus, Deutschland erreichte den Final, unterlag aber Italien.
Anzüge verleihen Flügel
Im März dieses Jahres kam es auch im Skispringen zu einem grossen Eklat. Videoaufnahmen während der WM in Norwegen zeigten, wie bei den Norwegern die Sprunganzüge nach der Kontrolle noch bearbeitet wurden. Später wurde bei mehreren Springern – darunter Weltmeister Marius Lindvik – ein steifes Band in der Naht zwischen Knie und Schritt erkannt, welches die Flugeigenschaften verbessert. Die Springer wurden disqualifiziert und zu Beginn der neuen Saison für drei Monate gesperrt, Cheftrainer Magnus Brevig und sein Assistent wurden entlassen und auch der Servicemann musste gehen.
Im Nachgang berichteten ehemalige Springer von früheren Betrugsfällen, in welche die norwegische, aber auch andere Mannschaften verwickelt waren. Viele Verantwortliche und Funktionäre traten zurück, auch beim Weltverband FIS.
Eine weitere Konsequenz aus der Affäre: In Zukunft werden Ausrüstungsverstösse härter bestraft, ausserdem werden die Anzüge stärker reglementiert und kontrolliert.
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