Effizient, taktisch klug, defensivstark und teilweise brillant: Brasilien hat sich mit einem 2:0-Sieg gegen Mexiko souverän für den WM-Viertelfinal qualifiziert. Überragender Mann bei der «Seleção»: Einmal mehr Superstar Neymar. Brasiliens Nummer 10 erzielte das 1:0 und bereitete das 2:0 vor, doch nach dem Spiel wurde trotzdem über seine Theatralik und das schauspielerische Talent des 220-Millionen-Manns gesprochen.
Der Grund: Die Szene in der 70. Minute, die wohl jeden Fussballfan kopfschüttelnd zurückliess. Der Mexikaner Miguel Layun war Neymar in einer Unterbrechung absichtlich auf den Fuss getreten, wofür er eigentlich Rot hätte sehen müssen.
Viel Druck hatte Layun aber nicht ausgeübt, trotzdem krümmte sich Neymar danach minutenlang auf dem Boden, als sei er ganz schwer verletzt. Schiedsrichter Gianluca Rocchi ging dem Brasilianer aber nicht auf den Leim und verzichtete nach Rücksprache mit dem Video-Referee auf einen Platzverweis für den Mexikaner. Als das Spiel wieder ging, lief Neymar auch wieder, als sei nichts passiert.
Mexikos Trainer Juan Carlos Osorio platzte nach dem Spiel wegen dieser Szene der Kragen – er attackierte Brasiliens Superstar auf der offiziellen Pressekonferenz harsch. «Wir haben lange Zeit sehr gut gespielt. Aber leider haben wir viel Zeit verschwendet wegen eines Spielers. Es ist eine Schande für den Fussball», sagte Osorio, ohne Neymar dabei beim Namen zu nennen.
«Dadurch haben wir unseren Rhythmus verloren. Das ist ein schlechtes Beispiel für die ganze Welt und all die Kinder vor dem Fernseher. Es sollte nicht so viel Schauspielerei geben», klagte der mexikanische Coach. «Es gab eine Phase, wo das Spiel vier Minuten unterbrochen war. So etwas darf es nicht geben.»
Selbst ZDF-Experte Zé Roberto schoss gegen seinen Landsmann Neymar. «Ich hatte nicht das Gefühl, dass es ein wirklich schlimmer Tritt war. Es sah ja aus, als hätten sie ihm den Fuss gebrochen», kommentierte der einstige Bayern-Profi die Szene. Und er fügte an: «Wir wissen ja, dass er da gerne mal Show macht. Das wollen die Leute auch in Brasilien nicht sehen. Er hat das gar nicht nötig.» «Als hätte er bei 1000 Volt einen Finger in die Steckdose gesteckt», kommentierte Béla Réthy beim ZDF.
Irlands Trainer Martin O'Neill meinte: «Seine Schmerzgrenze ist unglaublich tief. Ich möchte ihn nicht sehen, wie er nach einer Grippeimpfung aus der Arztpraxis kommt. Er ist ein Top-Spieler und ein Top-Schauspieler. Es ist erbärmlich.»
Martin O’Neill on Neymar: ''His pain threshold is incredibly low. I must admit, I wouldn't like to see him come out of the doctor's surgery after a flu injection. He's a top quality player and a top quality actor. It’s pathetic.'' #BRAMEX pic.twitter.com/fh3s0RIXf0
— Football 24/7 (@foetball247) 2. Juli 2018
Das sah der Leidtragende selbstverständlich anders. «Natürlich ist das furchtbar, wenn man einen Tritt auf den Fuss bekommt», verteidigte sich Neymar. «Das kann er eigentlich nicht machen, wenn ich da auf dem Boden liege.» Und es folgte ein Satz, den er sich besser selbst zu Herzen nehmen würde: «Man muss manchmal auch einstecken können.»
22 - Neymar wurde bei der WM 2018 bereits 22-mal gefoult - mehr als jeder andere Spieler. Opfer. #BRAMEX #WM2018 pic.twitter.com/l0tszxNwe0
— OptaFranz (@OptaFranz) 2. Juli 2018
Einstecken musste Neymar an dieser WM schon oft, 22 Mal wurde er schon regelwidrig von den Beinen geholt. Damit ist er der meistgefoulte Spieler dieser WM. Er könnte es jedoch etwas stoischer nehmen und auf die ewige Schauspielerei verzichten. Da sind wir alle ganz bei Mexiko-Trainer Osorio.