Im Mai hatte Sandro Wagner seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekanntgegeben: «Ich trete hiermit sofort aus der Nationalmannschaft zurück.» Deutlicher geht es nicht.
Seit Sonntagabend spielt auch Mesut Özil nicht mehr für die deutsche Nationalmannschaft. Aber hat er in seiner dreiteiligen Erklärung, die er in drei Akten veröffentlicht hat, wirklich seinen endgültigen Rücktritt bekanntgegeben? Nein!
Wurde Özil also zurückgetreten, weil dieser Satz nicht richtig übersetzt wurde? Und weil Nachrichtenagenturen den Rücktritt dann keine fünf Minuten nach Veröffentlichung seines Tweets «III / III» meldeten?
III / III pic.twitter.com/c8aTzYOhWU
— Mesut Özil (@MesutOzil1088) 22. Juli 2018
Das Zauberwörtchen in Özils Erklärung lautet «whilst» – «solange». Bedeutet also: Solange er das Gefühl von Rassismus und Nichtachtung hat, wird er nicht mehr für Deutschland spielen.
Das Wort «Rücktritt» hat er gar nicht verwendet. Mesut Özil hat sich ein Hintertürchen offen gelassen. Ein Hintertürchen für eine Rückkehr unter anderen Umständen.
Denn besonders Grindel bekommt in Özils Statement sein Fett weg: «Ich werde nicht länger der Sündenbock sein für seine Inkompetenz und Unfähigkeit, seinen Job gut zu machen», teilte Özil mit: «Ich weiss, dass er mich nach dem Bild aus dem Team haben wollte. Reinhard Grindel, ich bin sehr enttäuscht, aber nicht überrascht von Ihrem Handeln.» Menschen «mit rassendiskriminierendem Hintergrund» sollten «nicht für den grössten Fussballverband der Welt arbeiten dürfen». Özil habe wegen Grindel das Gefühl gehabt, «dass ich nicht gewollt bin und vergessen wurde, was ich seit meinem Debüt 2009 geleistet habe».
Grindel forderte von Özil eine Stellungnahme nach dessen Urlaub, da viele deutsche Fans darauf warten würden. Jetzt spielt Özil den Ball gekonnt zurück. Und zwingt Grindel zu einer Stellungnahme – nach dessen Urlaub.
Präsident Grindel sagt bisher nichts zu den Vorwürfen – weil er im Urlaub ist. Der DFB brachte aber am Montagnachmittag eine Stellungnahme heraus. Der Verband weist darin zurück, «dass der DFB mit Rassismus in Verbindung gebracht wird». Manche «in Ton und Inhalt nicht nachvollziehbare Aussage in der Öffentlichkeit» wolle der DFB unkommentiert lassen, heisst es.
Wenn Grindel aus dem Urlaub zurückkehrt, wird er trotzdem weiter unter Druck geraten. Ist er dann überhaupt noch im Amt zu halten? Krisenmanagement, das haben die vergangenen Wochen gezeigt, ist ja nicht gerade Grindels Paradedisziplin.