An den Winterspielen vor vier Jahren in Sotschi klassierte sich Holland im Medaillenspiegel auf dem 5. Rang – nur drei Länder holten mehr Edelmetall als «Oranje». Das erstaunt, kann doch Holland nun wirklich nicht als Wintersportnation bezeichnet werden. Das wird bei genauerem Hinschauen bestätigt – 23 der 24 Medaillen (acht goldene) gingen 2014 auf das Konto der Eisschnellläufer. Die 24. Medaille holte ein Shorttracker.
Seit 1994 haben die Holländer bis Pyeongchang insgesamt 64 Medaillen bei Winterspielen geholt. Nicolien Sauerbreij ist bis heute die einzige Nicht-Eisschnelläuferin, die eine Medaille mit nach Hause gebracht hat. Die Alpin-Snowboarderin siegte 2010 in Vancouver im Parallel-Riesenslalom.
Vor den Spielen von Pyeongchang stellte sich die Frage, ob die unglaubliche Dominanz der Holländer weitergehen würde. Diese Frage kann schon nach fünf Wettkampftagen mit Ja beantwortet werden. Fünf Disziplinen, fünf Siege, neun Medaillen, lautet die eindrückliche Zwischenbilanz der Holländer. Zusammen mit den Shorttrackern bringt man es gar auf elfmal Edelmetall.
Nóg een record! 🥇🥈🥈🥉🥇🥇🥉🥇🥈🥈🥇
— TeamNL🇳🇱 (@TeamNLtweets) 14. Februar 2018
Nooit eerder haalden we zoveel medailles in de eerste 5 dagen 🔥#ZoDoenWeDat pic.twitter.com/8Mo6rIV480
Im Medaillenspiegel liegt «Oranje» damit hinter Deutschland auf Rang 2. «Eine Nation ohne Schnee und Eis dominiert die Spiele», jubelt das «Algemeen Dagblad» und fasst zusammen: «Für ein Land, in dem Wasser seit Menschengedenken nicht mehr zufrieren will und Schnee eine Seltenheit ist, läuft es nicht schlecht in Pyeongchang.»
«Es ist krass», sagt der Schweizer Eisschnellläufer Livio Wenger. «Ich bin ehrlich: Ich hätte das nicht erwartet.» Beispielsweise war die Japanerin Miho Takagi bei ihren vier Weltcup-Starts in dieser Saison über 1500 m nicht zu bezwingen, ehe sie sich am Montag um zwei Zehntel Ireen Wüst geschlagen geben musste.
«Die Niederländer machen definitiv etwas richtig auf die Winterspiele hin», so Wenger. Der Erfolg liegt für ihn darin begründet, «dass sie über eine unglaubliche Masse verfügen». Das gilt nicht nur für die Athleten, sondern auch für die Trainer. Ausserdem wird bezüglich Material vieles von den Niederländern selber produziert, auch Wenger läuft mit Schuhen und Kufen, die von dort stammen.
«Da haben sie sicher Vorteile. Ich glaube nicht, dass sie bessere Trainingsmethoden als viele andere haben», erklärt der 25-jährige Luzerner. Bei Sven Kramer, der am Sonntag über 5000 m sein insgesamt viertes Olympia-Gold gewonnen hat, sehe man, dass er andere Kufen unter den Schuhen habe. Er sei aber auch technisch der Beste.
Welche Auswahl an Topathleten die Niederländer haben, zeigt das Beispiel von Ted-Jan Bloemen, der aufgrund des hohen Levels in seinem Heimatland seit der Saison 2014/15 für Kanada läuft. Nun nimmt der 31-Jährige erstmals an Winterspielen teil und gewinnt über 5000 m die Silbermedaille. Doch worauf ist die grosse Masse zurückzuführen? Eisschnelllauf ist in der Niederlande ein Teil der Kultur. So ist das «Skating» ein Motiv auf vielen alten Gemälden von holländischen Künstlern.
Dass dem so ist, hat damit zu tun, dass es überall im Land Wasser gibt, weshalb im Winter das Skaten die schnellste Variante sein kann, um von A nach B zu kommen. Schlittschuhlaufen lernen die Holländer praktisch gleichzeitig mit Laufen, so ein weit verbreitetes Klischee. Nur Velofahren ist noch populärer.
Man wächst in Holland also sozusagen mit Schlittschuhen an den Füssen auf. Das Land ist flach und im Winter kalt. Schnee fällt wenig, Skifahren ist keine Option. Das führt dazu, dass es im Vergleich zu anderen Ländern viele Eisbahnen sowie viele professionelle Teams gibt.
Für Wenger ist die Überlegenheit der Holländer allerdings zu gross: «Man muss vor ihnen absolut den Hut ziehen. Es ist aber sicher nicht ideal für die Sportart, wenn ein Land dermassen dominiert.»
Immerhin: Im Eiskunstlauf hinken die Holländer der Konkurrenz weit hinterher. In Pyeonchang stellen sie mal wieder keinen Athleten, seit 1924 gewann «Oranje» nur vier Medaillen in dieser Sportart. Auf den vereisten Kanälen bieten sich Langstrecken-Wettbewerbe halt viel mehr an, als das platzraubende Eiskunstlaufen oder Eishockey. Da bleiben die Holländer lieber beim traditionellen Eisschnelllaufen. (pre/fox/sda)