Beim Auswärtsspiel in Valladolid vom Samstag hatte sein FC Barcelona trotz klarer Überlegenheit Mühe und gewann nur mit 1:0. Abwehrchef Gerard Piqué wurde als einziger seines Teams verwarnt. Am gleichen Tag erschien in der französischen Zeitung «Le Figaro» ein Interview mit dem Welt- und Europameister, das zeigt, wie tief der Keil ist, den der Verteidiger mit seiner Kosmos-Gruppe und der vor zwei Wochen in Orlando, Florida, verabschiedeten Davis-Cup-Reform in die Tennis-Familie getrieben hat. Es geht um Geld, Termine und persönliche Animositäten.
Gerard Piqué spricht von der Verantwortung, die man ihm und seinem Konsortium übertragen habe, indem man das neue Format, das dem Tennisweltverband ITF in den nächsten 25 Jahren drei Milliarden einbringen soll, umsetze. Er sagt aber auch: «Wir wissen alle, dass der Davis Cup nicht mehr das ist, was er einmal war.»
Der mit 118 Jahren älteste Teamwettbewerb im Tennis und damit eine der traditionsreichsten Institutionen im Weltsport. Reformen, da waren sich alle einig, waren unumgänglich. «Spätestens in zehn Jahren wäre der Davis Cup tot gewesen, wenn man so weitergemacht hätte», sagt Piqué. Für kleine Verbände waren Heimspiele schon seit Jahren ein Verlustgeschäft. Selbst in der Schweiz mit Roger Federer und Stan Wawrinka war kein Geld mehr zu verdienen.
Piqué sagt von sich, er habe den Tennis-Zirkus und seine Befindlichkeiten in den letzten drei Jahren kennen gelernt. «Und ich habe immer versucht, wie ein Spieler zu denken», nicht wie ein Geschäftsmann, der er in dieser Angelegenheit als Präsident der Kosmos-Gruppe ist. Der Davis Cup solle ein Wettbewerb sein, wie ihn die Spieler wünschten. Denn ohne sie gäbe es den Sport nicht. «Ich denke da an Rafael Nadal, Marin Cilic, Alexander Zverev oder Novak Djokovic», sagt Piqué.
Ob Versehen oder Kalkül, doch in seiner Aufzählung fehlt einer: Roger Federer. Möglicherweise liegt das daran, dass Piqué mit seinem Wunsch, die Finalwoche im September durchzuführen, die Konfrontation mit dem Schweizer sucht. Denn in diesem Monat findet der Laver Cup statt, der von der Agentur «Team 8», bei der Federer Teilhaber ist, Tennis Australia und dem amerikanischen Tennisverband veranstaltet und 2019 in Genf ausgetragen wird.
Erst im Vorjahr wurde der Kontinental-Wettbewerb nach Vorbild des Ryder Cups erstmals durchgeführt und war ein grosser Erfolg. Wohl auch, weil Antrittsgagen bezahlt werden. Doch ob sich das Format langfristig durchsetzt, ist schwer abzuschätzen. Zu sehr lebt es von der goldenen Ära mit Spielern wie Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic. Federer sagt zur Reform: «Es liegen noch nicht alle Fakten auf dem Tisch, nichts ist in Stein gemeisselt.» Die nächsten Monate würden Klarheit darüber verschaffen, wie es weitergehe, bemüht der Baselbieter sich um Zurückhaltung.
Mit dem Davis Cup verbindet ihn eine schwierige Beziehung: 2014 gewann er diesen zwar, sein letzter Einsatz liegt aber drei Jahre zurück. Der Davis Cup geniesst bei ihm im Spätherbst der Karriere längst keine Priorität mehr. Angesprochen auf die Radikalreform, sagt er: «Die Meinungen gehen zum Teil weit auseinander: Einige sind glücklich, andere traurig und wütend, oder erleichtert», sagt der 37-Jährige. «Und ich, ich stehe irgendwo dazwischen. Ich weiss nicht, was ich davon halten soll. Es ist, wie es ist.»
Fakt ist: Wer bezahlt, der bestimmt. Und Piqué und seine Kosmos-Gruppe haben in diesem Wettstreit die grösste Kriegskasse. Der Fussballer sagt: «Der Davis Cup ist bei uns in guten Händen. Er ist für mich ein Lebensprojekt.» Sein Trumpf: Er verhandelte in den letzten Monaten auch immer wieder mit der Profi-Vereinigung ATP. «Wir sind im ständigen Dialog. Wir glauben, es ist das Beste, wenn wir zusammen Lösungen im Interesse aller erarbeiten.»
Offenbar ist die Kosmos-Gruppe auch bereit, die ATP zu bezahlen, etwa in Form einer Lizenzvereinbarung. Der Davis Cup erhielte dann im Gegenzug nicht nur seinen Wunschtermin, sondern könnte auch mit Punkten für die Weltrangliste locken. Das sind Anreize, mit denen der Laver Cup nicht locken kann. Gut möglich, dass die ATP nun den Schulterschluss mit der Kosmos-Gruppe sucht. Opfer dieser Verbindung wären Federer und sein Laver Cup.