Es sind Bilder wie aus einem Endzeit-Film. Leer gefegte Strassen, leblose Plätze, verwaiste Einkaufsmeilen: In vielen europäischen und amerikanischen Städten sieht es derzeit beinahe aus, als ob die Menschheit ausgestorben wäre. Die Aufforderung der Behörden, zuhause zu bleiben und in der Öffentlichkeit Distanz zu halten, wird mittlerweile weitherum befolgt.
Aber nicht von allen. Quasi im Gleichschritt mit den sich häufenden Empfehlungen, die Coronavirus-Pandemie durch «Social Distancing» einzudämmen, mehrten sich auch die Berichte über renitente Rentner, in Gruppen rumhängende Jugendliche oder unbelehrbare Ausflügler, die offenbar die Ansteckungsgefahr auf die leichte Schulter nehmen.
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Damit kontrastieren die Verhältnisse in Ostasien, wo das neuartige Virus zuerst auftauchte. Nur schon der Anteil der Leute, die mit Schutzmasken unterwegs sind, liegt dort markant höher als in westlichen Ländern. Masken zu tragen – und dies nicht erst seit der Corona-Pandemie – scheint man dort nicht als Indiz für eine peinliche Überreaktion oder gar als Resultat einer Lifestyle-Verirrung zu interpretieren.
In China oder Japan trägt man die Maske allerdings nicht primär, um sich selber zu schützen, sondern alle anderen. Dies entspricht nicht nur dem tatsächlichen Nutzen, den diese Schutzvorrichtung hat, sondern gilt auch als Zeichen des Respekts vor dem Kollektiv. Und das Kollektiv – stehe es dem Individuum als Familie, Dorfgemeinschaft oder als Staat gegenüber – scheint in ostasiatischen Gesellschaften einen höheren Wert zu geniessen als im Westen, dessen Gesellschaft stark vom Individualismus durchdrungen ist.
Zwar mag beim unterschiedlichen Umgang mit Schutzmasken auch eine Rolle spielen, ob diese überhaupt in ausreichender Menge vorhanden sind. Doch dieser Umstand ist unerheblich bei der Frage, warum die Ausgangssperren in China eher befolgt werden als im Westen. Neben dem höheren Wert, der dort dem Kollektiv zugemessen wird, dürfte auch der autoritäre Charakter des politischen Systems die Disziplin der Bevölkerung beeinflussen. Einer Diktatur stehen härtere Machtmittel zur Verfügung, um Massnahmen durchzusetzen, als im demokratischen Westen, und die Zurückhaltung bei deren Einsatz ist in der Regel geringer.
Freilich haben auch die Einwohner von demokratisch verfassten ostasiatischen Staaten wie Japan, Südkorea oder Taiwan die Regeln des Social Distancing besser befolgt als im Westen. Dies könnte auch damit zu tun haben, dass diese Länder einschneidendere Erfahrungen mit der SARS-Epidemie 2002/2003 gemacht haben.
Wie die Bevölkerung in westlichen Staaten auf die Empfehlung bzw. Vorschrift reagiert hat, zuhause zu bleiben, zeigt diese willkürliche Auswahl von sieben Ländern.
Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern verbot der Bundesrat bereits am 28. Februar. Am 13. März untersagte er auch Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen. Drei Tage später beschloss die Regierung auf den 17. März eine «ausserordentliche Lage» gemäss Epidemiengesetz, verzichtete aber darauf, eine Ausgangssperre zu verhängen – im Vertrauen auf das Verantwortungsbewusstsein der Bürger.
Am 20. März verhängte der Bundesrat ein Versammlungsverbot für mehr als fünf Personen; zudem rief er die Bevölkerung dazu auf, das Haus nur noch für dringende Besorgungen zu verlassen. In einzelnen Städten wurden öffentliche Parkanlagen geschlossen.
Das Bewusstsein für die Gefahr, die vom Coronavirus ausgeht, war Anfang März noch kaum vorhanden; in mehreren Städten feierten junge Leute beinahe demonstrativ Partys. Seitdem das Versammlungsverbot in Kraft ist, hat sich die Lage allerdings verändert; die Bevölkerung hält sich nun mehrheitlich an die Anordnungen des Bundesrats.
Gleichwohl musste die Polizei verschiedentlich intervenieren, um den Anordnungen Geltung zu verschaffen – besonders bei schönem Wetter. So kam es am vergangenen Samstag an verschiedenen Ausflugszielen zu grösseren Menschenansammlungen. Auch an anderen Orten musste die Polizei Personen, die gegen das Versammlungsverbot verstossen hatten, wegweisen und Bussen verhängen. Die St.Galler Kantonspolizei musste beispielsweise allein am Samstag 59 Mal ausrücken.
Wenn nun das Wetter nach dem Kälteeinbruch am Sonntag und Montag wieder wärmer wird, besteht die Gefahr, dass trotz der nach wie vor erheblichen Ansteckungsgefahr erneut viele Ausflügler unterwegs sein werden. Dies könnte dazu führen, dass der Bundesrat schliesslich doch noch eine strikte Ausgangssperre verhängt – so, wie es etwa in Frankreich geschehen ist.
Öffentliche Versammlungen mit mehr als 1000 Teilnehmern wurden in Frankreich erst am 8. März untersagt. Am 14. März folgte die Schliessung nahezu aller öffentlich zugänglichen Einrichtungen, also auch der Gaststätten. «Wir haben zu viele Leute in den Cafés und Restaurants gesehen», begründete Premierminister Édouard Phillippe die Massnahme. Da sich immer noch viele Leute draussen vor den Cafés oder in den Parks versammelten, erliess Präsident Emmanuel Macron auf den 17. März eine landesweite, partielle Ausgangssperre.
Wer das Haus verlassen will, muss die Notwendigkeit durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers oder eine selbst korrekt ausgefüllte Eigendeklaration – «Attestation de déplacement dérogatoire» – nachweisen. Trotz dieser drastischen Massnahme gab es jedoch nach wie vor Märkte, auf denen sich die Leute drängten. Dies vornehmlich in Paris – die Hauptstadt hat mit mehr als 20'000 Einwohnern pro Quadratkilometer eine höhere Wohndichte als etwa Delhi oder New York.
TRÈS URGENT , il faut fermer tout les marchés de France tout de suite. se sont des NIDS de corona .
— copetti (@copetti12) March 22, 2020
des gens se promène au marché avec la feuille et un sachet et ils font 10 tours du marché pour rester dehors . se gouvernement n'a que un œil ouvert et les corps médical supplie pic.twitter.com/Kj6JmW4ZR8
Die Regierung griff daher zu noch strikteren Massnahmen. Am 23. März kündigte Premierminister Édouard Philippe eine Verschärfung ab dem nächsten Tag an: «Wenn Sie mit Ihren Kindern spazieren gehen oder sich bewegen wollen, ist der Radius auf maximal einen Kilometer um das Wohnhaus begrenzt, maximal eine Stunde lang, natürlich allein und nur einmal am Tag. Ich bestehe auf diesen Regeln. Das bedeutet, dass Sie das Datum und die Uhrzeit auf dem Genehmigungsformular angeben müssen, das Sie mit sich führen müssen, wenn Sie hinausgehen.» Das Innenministerium teilte am 27. März mit, die Polizei habe innerhalb von zehn Tagen 225'000 Busszettel wegen Verstössen gegen die Ausgangssperre ausgestellt.
Italien, das von der Pandemie am stärksten betroffene Land Europas, riegelte am 23. Februar elf Gemeinden in den Provinzen Lodi und Padua ab. Am 8. März wurden die Sperrgebiete auf 14 Provinzen in verschiedenen Regionen ausgedehnt. Zwei Tage später folgte ein Dekret, das die Einschränkungen auf das ganze Land ausweitete. Die eigene Wohnung darf nur noch verlassen werden, wenn es unbedingt notwendig ist.
Die Massnahme wurde am 20. März weiter verschärft: Spiele im Freien sind nun verboten, Spiel- und Sportplätze wurden gesperrt und Spaziergänge müssen sich fortan auf die nähere Umgebung beschränken. Auch hier besteht die Pflicht zur Mitführung eines Formulars, in dem man den Grund deklariert, warum man die Wohnung verlassen musste. Zu anderen Personen muss ein Abstand von einem Meter eingehalten werden. Am 31. März beschloss das Innenministerium, dass Spaziergänge von Kindern in Begleitung eines Elternteils möglich sind, sofern sie nahe der eigenen Wohnung stattfinden.
Trotz der Schreckensbilder aus Bergamo und anderen Brennpunkten der Pandemie gaben noch weniger als 70 Prozent der Befragten in einer vom 11. bis 13. März durchgeführten Umfrage an, sie würden Abstand zu anderen Personen halten und Menschenansammlungen meiden. Die italienischen Behörden kontrollierten vom 11. bis 24. März nicht weniger als knapp 2,5 Millionen Personen, um die Ausgangssperre durchzusetzen. Mehr als 110'000 Anzeigen waren die Folge.
Verzeigt wurden etwa Menschen, die aus dem stark von der Pandemie betroffenen Norden in Ferienhäuser und zu Familien in den Süden fahren wollten. Auch Jogger oder Leute, die Freunde besuchen wollten, wurden bestraft. Einige italienische Bürgermeister wandten sich selbst per Videobotschaft – zum Teil ziemlich rüde – an jene Leute, die sich trotz der Beschränkungen draussen aufhielten.
In Deutschland einigten sich Bund und Länder erst am 22. März auf ein umfassendes Kontaktverbot. Bayern hatte bereits zwei Tage vorher noch weitreichendere Ausgangsbeschränkungen erlassen. Auf weitergehende Ausgangssperren wurde verzichtet. Im öffentlichen Raum, in dem man sich nur allein oder zusammen mit einer weiteren Person aufhalten darf (nur für Leute aus einem gemeinsamen Haushalt gibt es Ausnahmen), gilt ein Mindestabstand von 1,5 Metern. Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen sind verboten und werden kontrolliert und bestraft.
Genau dazu kam es dann auch. In Hamburg beispielsweise kam es zu mehr als 1000 Anzeigen, zu Beginn vornehmlich wegen widerrechtlich geöffneter Läden, dann aber vorwiegend wegen Missachtung des Kontaktverbots. In Berlin musste die Polizei einschreiten, weil sich rund 200 Personen zu einer «Spontanveranstaltung» versammelt hatten:
Am #KottbusserTor haben sich heute Nachmittag über 200 Personen zu einer nicht angemeldeten Spontanversammlung getroffen. Aufgrund geltender Beschränkungen in #Berlin wegen des #Coronavirus, musste die Versammlung von uns aufgelöst werden. Es gab mehrere Festnahmen.#COVID19
— Polizei Berlin Einsatz (@PolizeiBerlin_E) March 28, 2020
Auch der beliebte Boxhagener Platz in Friedrichshain musste zeitweise gesperrt werden, da sich dort um die 150 Personen aufhielten. Lautsprecherdurchsagen mit der Aufforderung, den Platz zu verlassen, fruchteten laut einem Polizeisprecher nichts. Die Berliner Polizei ging jedoch nicht nur mit Wegweisungen gegen die Missachtung des Versammlungsverbots vor. Sie reagierte am vergangenen Sonntag mit Humor auf die Tatsache, dass «tausende Gefahrensuchende in den Berliner Parks unterwegs waren» und empfahl ihnen einige geeignete Filme:
Nachdem gestern tausende Gefahrensuchende in den Berliner Parks unterwegs waren, ist heute hoffentlich für alle rücksichtsvolles Couchsurfing-Wetter.
— Polizei Berlin Einsatz (@PolizeiBerlin_E) March 29, 2020
Wir empfehlen folgende Filmhits??:#StayHome#PhysicalDistance#COVID19 pic.twitter.com/ShMesH9wPj
Auch in anderen deutschen Grossstädten, aber auch in Bayern, meldete die Polizei am letzten Wochenende zahlreiche Verstösse gegen die Kontaktsperre, so in Köln oder in Frankfurt am Main. Dort ignorierten die Leute teilweise die Absperrungen um Spielplätze und Sportanlagen. In Saarbrücken fanden sich am Staden, einem Erholungsgebiet, 150 bis 200 Personen ein, die von der Polizei weggewiesen wurden. Die Mehrheit von ihnen habe sich einsichtig gezeigt, berichteten die Medien, aber einige hätten «Unverständnis gegenüber der Polizei geäussert».
In Grossbritannien hatte die Regierung zunächst kaum Massnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie ergriffen. Noch am 13. März erklärte Premierminister Boris Johnson, es werde zunächst keine Einschränkungen für Grossveranstaltungen und keine umfassenderen Quarantäne-Massnahmen geben. Die Bevölkerung wurde aber aufgerufen, soziale Kontakte so weit wie möglich zu vermeiden. Am 23. März warf London dann doch das Ruder herum und erliess eine Ausgangssperre. Johnson sagte in einer Fernsehansprache, für die Bevölkerung gelte eine «sehr einfache Anweisung: Sie müssen zu Hause bleiben!» Auch in Grossbritannien darf man das Haus nun nur noch verlassen, um einkaufen zu gehen, zur Arbeit zu fahren, Sport zu betreiben oder einen Arzt aufzusuchen. Zudem sind Versammlungen von mehr als zwei Personen untersagt.
"It's not a holiday. It's a lockdown."
— ABC News (@ABC) March 26, 2020
Police in London used a loudspeaker to order people sitting and sunbathing on the green to go home after Prime Minister Boris Johnson announced new restrictions this week amid the coronavirus pandemic. https://t.co/tgCy4Rlcho pic.twitter.com/X5ZNXuBPmQ
Die Massnahmen folgten auf ein Wochenende, an dem die Briten das schöne Wetter massenhaft für Ausflüge in Parks und Erholungsgebiete genutzt hatten. Dabei hatten sie den empfohlenen Abstand oft nicht einhalten können. Ein Mitarbeiter der Snowdonia National Park Authority in Wales sprach davon, über das Wochenende habe der Park noch nie dagewesene Besucherzahlen registriert. Premierminister Johnson stellte am selben Wochenende an einer Medienkonferenz fest, man werde selbstverständlich härtere Massnahmen ergreifen müssen, wenn die Leute den Aufruf zur Kontaktvermeidung nicht freiwillig befolgten. Ins selbe Horn stiess auch Vizepremier Michael Gove, der höhere Strafen für Leute androhte, die sich nicht an die Einschränkungen in der Öffentlichkeit hielten. «Wenn sich Personen fortdauernd anti-sozial verhalten, gibt es stärkere Massnahmen», sagte Gove.
London, this morning. All Coronavirus’s dreams come true as it finds lots of new folk to infect. These people will go home later to the 6m unpaid carers who pop round nightly to nan & grandpa’s house with a warm meal or to help with a wash or taking medicine. Lockdown needed now. pic.twitter.com/xPGk7ArFDt
— Tory Fibs (@ToryFibs) March 23, 2020
Belgien verhängte am 18. März eine strenge Ausgangssperre. Nur für unbedingt notwendige Wege gibt es Ausnahmen – etwa, um zur Arbeit zu fahren, einzukaufen oder andere wichtige Besorgungen zu erledigen. Dagegen bleiben Spaziergänge und andere körperliche Aktivitäten draussen erlaubt – Regierungschefin Sophie Wilmès ermunterte die Bevölkerung sogar dazu, an die frische Luft zu gehen. Dabei muss allerdings ein Mindestabstand eingehalten werden, und eine Person darf nur mit einem Angehörigen oder einem Bekannten gleichzeitig unterwegs sein. Anders als in Frankreich oder Italien müssen die Belgier jedoch kein Formular mit sich tragen, in dem sie ihren Aufenthalt im Freien begründen.
Gesundheitsministerin Maggie De Block sagte der Zeitung «De Zondag» am 22. März, die Massnahmen würden nun ziemlich gut befolgt. Sie sagte auch, die sogenannten Lockdown- oder Coronapartys, die Jugendliche vor der Schliessung aller Lokale am 14. März gefeiert hatten, seien nicht der Grund für die Ausgangssperre gewesen. Damals hatten in vielen belgischen Bars und Restaurants, aber auch in Privatwohnungen trotz Warnungen von Medizinern solche Partys stattgefunden. Rund zwei Wochen später sagte der belgische Virologe Marc Van Ranst, viele der Jungen, die nun auf Intensivstationen lägen, hätten an solchen Partys teilgenommen. Er sage dies nicht zuletzt, weil die Botschaft bei jüngeren Leuten oft nicht ankomme – da müsse sie zuweilen auch «abschreckend» sein. «Es ist kein Videospiel, die Leute sterben wirklich am Coronavirus», sagte Van Ranst.
Marc Van Ranst s’adresse aux jeunes: «Ce n’est pas un jeu vidéo, les gens meurent vraiment du coronavirus» https://t.co/AEz4tz7cNy pic.twitter.com/NQVeMEPbR3
— Le Soir (@lesoir) March 25, 2020
Bei der Durchsetzung der Ausgangssperre trifft die belgische Polizei laut Medienberichten mittlerweile oft auf sogenannte «coronaspugers» («Coronaspucker») – Leute, die den Beamten absichtlich ins Gesicht spucken, husten oder niesen. Die Polizei in Antwerpen schickt bei solchen Vorfällen ein eigenes Team in Schutzanzügen an den Tatort. Ein Arzt aus Aalst sagte in einer Fernsehsendung, er behandle regelmässig Polizeibeamte, die sich nach einer solchen Attacke testen lassen müssten. «Es handelt sich um eine neue Art der Aggression gegen die Polizei», erklärte ein Sprecher der Polizeigewerkschaft ACV. «Sie sehen ihren Speichel in dieser Coronakrise als Waffe.» Nicht nur Polizisten sind das Ziel dieser Angriffe, auch andere Personen, etwa Busfahrer, werden absichtlich angehustet. Das Phänomen ist nicht auf Belgien begrenzt: Auch in den Niederlanden oder in Hamburg gibt es Berichte, dass Jugendliche gezielt andere Personen anhusten.
Politie vreest meer ‘coronaspugers’: “Spuug is het nieuwe wapen en wij lopen onbeschermd rond” https://t.co/FpDCfP9pkw pic.twitter.com/GM8kLijyZH
— HLN.BE (@HLN_BE) March 29, 2020
Die USA haben, ähnlich wie Grossbritannien, spät auf die Corona-Pandemie reagiert. Präsident Donald Trump spielte die Gefahr lange herunter – erst am 16. März veröffentlichte Washington allgemeine Handlungsempfehlungen an die Bevölkerung, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Die Leute sollten so weit möglich im Home Office arbeiten und den Besuch von Gaststätten unterlassen. Auch Besuche in Altersheimen und Reisen sollten vermieden werden, ebenso Versammlungen von mehr als zehn Personen. Unter dem Motto «15 Tage, um die Verbreitung zu verlangsamen» werden diese Richtlinien nun propagiert.
Find someone who loves you as much as Pence loves his 15 days to slow the spread graphic pic.twitter.com/TFvObeW2pX
— Cody Main (@cmain7) March 26, 2020
Die Politik der Bundesstaaten ist nicht einheitlich; besonders US-Staaten im Süden und im Mittleren Westen halten sich mit strengen Massnahmen merklich zurück. Dagegen haben besonders stark von der Pandemie betroffene Regionen – allen voran Los Angeles oder New York, das mittlerweile als Epizentrum des Ausbruchs gilt – zum Teil schärfere Ausgangsbeschränkungen erlassen. Dies führt zu einem Flickenteppich der Eindämmungsmassnahmen: Für 61 Prozent der US-Bevölkerung gelten – Stand 27. März – Ausgangsbeschränkungen, für 39 Prozent nicht.
Die Reaktion auf die Pandemie und die Massnahmen zu ihrer Eindämmung scheint stark durch die Zugehörigkeit zu einem politischen Lager beeinflusst zu sein: Oft sind es Republikaner, die diese Massnahmen für übertrieben und schädlich halten. Laut einer Umfrage machen sich mehr als ein Drittel der republikanischen Wähler keine Sorgen vor einer Ansteckung mit dem Virus – bei den Demokraten sind dies nur zwölf Prozent. Nach wie vor halten einige evangelikale Kirchen – die eher den Republikanern nahe stehen – Gottesdienste mit zahlreichen Besuchern ab.
In solchen rechtsstehenden Kreisen gedeiht wohl auch eher eine Art Widerständigkeit gegen die Richtlinien und Massnahmen der Behörden, die sich in ostentativem Feiern manifestiert, während die Mehrheit die Empfehlungen befolgt. Die «New York Post» porträtiert beispielsweise den 31-jährigen Journalisten Lucian Wintrich, der am 14. März in New York demonstrativ zu einem Corona-Abendessen lud, während die Stadt bereits den Broadway stillgelegt hatte. In seiner Einladung schrieb er: «Wascht euch die Hände nicht. ... Bringt euer Lieblingsessen mit.» Wintrich, der früher für rechtslastige Publikationen schrieb, liess sich für seine Party von den Windpocken-Partys der 90er Jahre inspirieren. Einer seiner Gäste verglich die Lage mit den deutschen Bombenangriffen auf London im Zweiten Weltkrieg. Damals habe man die Läden offen gehalten – während man jetzt wegen «einer Grippe» alles schliesse.
Wintrichs Party war nicht die einzige an diesem Abend. Auf den Dächern der New Yorker Wohnhäuser tummelte sich noch einiges Partyvolk, das nichts mit Social Distancing am Hut hatte. Kein Verständnis für die Empfehlungen, das Virus durch Kontaktvermeidung zu bekämpfen, hatten auch zehntausende von Studenten, die im März nach Florida aufbrachen, wo sie sich zu den traditionellen feuchtfröhlichen Spring-Break-Partys trafen. Von den Teilnehmern wurden inzwischen bereits einige positiv auf das Virus getestet.
Willkürlich wäre für mich z.B.:
- Griechenland
- Estland
- Chile
- Island
...eigentlich alle Länder, ausser eben die üblichen Verdächtigen. Aber vielleicht kommt da ja noch was.
Eigenverantwortung ist Übungssache. Sie entwickelt sich eben nur in der Freiheit.