Das hat gesessen. Trotz enormen Einsatzes finanzieller und personeller Mittel haben die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände bei der Unternehmenssteuerreform III eine deftige Abfuhr erlitten. Selbst die Stimmberechtigten von Basel-Stadt sagten klar Nein, obwohl SP-Finanzdirektorin Eva Herzog auf allen Kanälen für die Reform geweibelt hat.
Der Nein-Trend zeichnete sich in den letzten Tagen ab. Eine wesentliche Rolle dürfte die Aussage von Eveline Widmer-Schlumpf gespielt haben, die Reform sei «aus der Balance». Sie hatte die Vorlage als Finanzministerin aufgegleist. Eine bessere «Kronzeugin» konnten sich die Gegner der Reform nicht wünschen. Die Fokussierung ihrer Kampagne auf den Mittelstand war ein Volltreffer.
Den Befürwortern der USR III gelang es nie, die Befürchtung zu widerlegen, dass die «Normalverdiener» die Zeche für die Reform bezahlen werden. Sie hatten nichts zu bieten ausser Drohungen mit Arbeitsplatzverlusten oder einer noch höheren Belastung im Falle eines Neins. Das Last-Minute-Versprechen der kantonalen Finanzdirektoren, die Steuern für Privatpersonen nicht zu erhöhen, dürfte eher kontraproduktiv gewirkt und das Misstrauen geschürt haben.
Nun liesse sich einwenden, dem Schweizer Mittelstand gehe es im internationalen Vergleich blendend. Dabei hat er seit Jahren keine echte Lohnerhöhung mehr gesehen, während Mieten und Krankenkassenprämien gestiegen sind. Und die Manager-Clique sich die Taschen gefüllt hat. So erodiert der Glaube, dass Politik und Wirtschaft das Wohl des Volkes im Auge haben.
Der «Präzedenzfall» der USR II bleibt unvergessen. Die Einnahmenausfälle betrugen Milliarden statt Millionen, wie Finanzminister Hans-Rudolf Merz versprochen hatte. Schon jetzt lässt sich sagen, dass ein beträchtlicher Teil der SVP-Basis mit Nein gestimmt haben dürfte. Der neoliberale Kurs der Parteispitze um Magdalena Martullo-Blocher hat bei der ländlich-konservativen Basis kaum Rückhalt, zumal sie permanent gegen echte oder vermeintliche «Eliten» aufgewiegelt wird.
Das Grundproblem aber ist mit dem Nein nicht gelöst. Die Schweiz hat die Reform nicht aus eigenem Antrieb beschlossen, sondern aufgrund des Drucks aus dem Ausland. Dieser wird nicht abnehmen. Sicher ist nur, dass eine weitgehend identische Neuauflage nach diesem Debakel nicht in Betracht kommt. Die Büchse der Pandora namens zinsbereinigte Gewinnsteuer muss aus dem Gesetz fliegen, alles andere wäre ein Verstoss gegen Treu und Glauben.
Dabei ist auch die Linke gefordert, sie muss ihre Verantwortung wahrnehmen und konstruktiv an einer neuen Vorlage mitarbeiten. Probleme könnten vor allem die Kantone mit vielen Unternehmen bekommen, die von den nunmehr verpönten Steuerprivilegien profitieren und von denen manche wegen der internationalen Entwicklungen von sich aus aussteigen wollen. Die Reformgegner haben angetönt, dass sie für Übergangsbestimmungen offen sind.
Heute aber dürfen Rotgrün und Gewerkschaften jubeln. Mit ihren Initiativen erleiden sie regelmässig Schiffbruch, aber ihre Referendumsmacht gegen bürgerlichen Übermut ist und bleibt beachtlich. Zuletzt hatte sie bei der «Rentenklau»-Kampagne gegen die BVG-Revision 2010 gewirkt. Daran sollte man sich bei der Altersvorsorge 2020 erinnern, die in der Frühjahrsession durchs Parlament gepeitscht werden soll.
Auch in diesem Fall wollen FDP, SVP und Wirtschaftsverbände eine komplizierte, schwer durchschaubare Vorlage durchstieren. Nach dem USR-Flop sollten sie sich fragen, ob der gut eidgenössische Kompromiss von CVP und SP mit 70 Franken Zuschlag bei der AHV nicht der bessere Weg ist.