Ein Vergewaltigungsgame sorgt derzeit für Furore. Auf der Gamingplattform «Steam» soll das Spiel «Rape Day» ab April 2019 verfüg- und spielbar sein. Doch im Netz regt sich Widerstand. watson hat mit Daniel Süss, Professor für Mediensozialisation und Psychologie, gesprochen und ihn gefragt: Was passiert mit Menschen, die solche Spiele spielen?
Herr Süss, das Game «Rape Day», bei dem der Spieler während einer Zombie-Apokalypse möglichst viele Frauen vergewaltigen und töten muss, sorgt für einen Aufschrei in der Netzgemeinde. Zurecht?
Daniel Süss: Es ist sehr problematisch, wenn Vergewaltigung als Unterhaltungselement eingesetzt wird.
Der Entwickler sagt, sein Spiel sei ein Nischenprodukt, gemacht für die vier Prozent Soziopathen einer Bevölkerung.
Diese Begründung ist absurd – und gefährlich. Wenn jemand bereits gewaltbereit ist odergewisse aggressive Prädispositionen hat und ein solches Game spielt, wird es besonders riskant. «Rape Day» könnte bereits vorhandene Vergewaltigungsfantasien verstärken und verharmlosen.
Braucht es ein generelles Verbot solcher Spiele?
Das ist eine schwierige Frage. Es gibt strafrechtliche Normen, die gewisseGewaltdarstellungen als illegal einstufen. Selbstverständlich müssen diese auch auf Games angewendet werden. Ein generelles Verbot würde aber nicht funktionieren. Es gibt erfolgreichere Strategien. Zum Beispiel sollten sich Spielentwickler und Gamingplattformen klare Codes of Conduct und Regeln auferlegen. Das dient auch der Reputation der Branche.
Der Entwickler des Spiels rechtfertigt «Rape Day» damit, dass es sich um schwarzen Humor handelt und andere Gewaltformen in Games überhaupt kein Problem seien.
Es ist nicht das erste Game auf dem Markt, das Vergewaltigungsszenen zeigt. Bei der Diskussion um solche Spiele geht es jedoch nicht um die Frage, was bereits vorhanden ist, sondern darum, welche Werthaltungen in einer Gesellschaft geteilt werden.
In unserer Gesellschaft ist Folter und Töten auch nicht toleriert. In zahlreichen Games kommen solche Szenen trotzdem vor. Inwiefern ist Vergewaltigung anders?
Klar kann eineEntscheidung gegen Vergewaltigungsszenen nicht ohne Wertebezug begründet werden.Aber man kann sich in einer Gesellschaft dafür entscheiden, dass bei Games mitVergewaltigungsszenen oder Gewalt an Kindern eine Grenze überschritten wird. Es ist wichtig, dass man nicht alles zum Spiel macht, denn damit werden solche Handlungen verharmlost.
Was passiert mit Menschen, die solche Games spielen? Sinkt womöglich die Hemmschwelle?
Jemand wird nicht allein wegen eines Computerspiels plötzlich gewalttätig oder beginnt, Gewaltfantasien zu entwickeln. Es sind immer viele verschiedene Faktoren, die zu einer Tat führen. Geheilt wird man mit Computerspielen aber auch nicht. Es gibt keine wissenschaftliche Studie, die belegt, dass mit dem Konsum von Games Gewaltfantasien abgebaut werden könnten.
Gibt es solche Vergewaltigungsspiele nur deshalb, weil die Gamerszene noch immer extrem männerdominiert ist?
Das Spiel richtet sich ganz klar an männliche Gamer. Wenn man eine Game-Kultur fördern will, wo Männer und Frauen gleichermassen angesprochen werden sollen, dann sicher nicht mit Games wie «Rape Day». Die Game-Genres sind aber sehr facettenreich. Gewaltreiche und sexistische Spiele sind nur ein sehr kleiner Bereich – über den am häufigsten gesprochen wird.