Als Tesla Ende 2019 den Cybertruck vorstellte, meinte CEO Elon Musk, man würde einen anderen, weniger polarisierenden Pick-up bauen, sollte sich das kontroverse Design als Flop erweisen. Er deutete gar an, dass Tesla einen Plan B in der Hinterhand habe.
Fünfeinhalb Jahre später ist der Cybertruck gescheitert. Von April bis Juni konnte Tesla nur noch rund 5000 Stück losschlagen, nochmals deutlich weniger als im ersten Quartal des Jahres. Gegenüber dem bereits schwachen Vorjahr haben sich die Verkäufe halbiert. Auch Rabatte helfen nichts mehr.
Dabei plante Tesla bis zu 250'000 Cybertrucks pro Jahr zu produzieren und Musk stellte den Investoren in Aussicht, dass man die Produktionskapazität auf jährlich 500'000 Einheiten erhöhen könne.
Die bittere Realität: Die Produktion für das laufende Jahr könnte bei ungefähr 20'000 Stück zu liegen kommen. Das sind weniger als zehn Prozent der geplanten Produktion.
Gestartet war der unkonventionelle Pick-up Ende 2023 mit über einer Million Reservierungen, und Musk meinte, die Nachfrage sei «ausserordentlich» hoch. Selbst er erwartete indes nicht, dass sich all diese Reservierungen in tatsächliche Verkäufe umwandeln würden. Er dämpfte die Erwartungen und hoffte auf noch 150'000 jährliche Verkäufe. Auch von dieser Zahl ist Tesla meilenweit entfernt.
Kurz: Der Stahlkoloss ist bis auf Weiteres ein kommerzieller Flop.
Der Cybertruck lastet Teslas Autofabrik in Texas bei Weitem nicht aus. Tesla erwäge daher den Bau eines kleineren Pick-ups, berichteten jüngst mehrere Medien. Andere spekulieren bereits über einen «Baby-Cybertruck». Diese Berichte stehen aber auf tönernen Füssen. Sie basieren auf einer vagen Aussage von Lars Moravy, Teslas Vizepräsident für Fahrzeugtechnik. Dieser wurde an einem Event für Tesla-Enthusiasten auf die Notwendigkeit eines kleineren Pick-ups angesprochen, der auch in Europa oder Asien Erfolg haben könnte.
Moravys Antwort:
Moravy sagte im Grunde lediglich, dass ein kleinerer Pick-up bei Tesla weiterhin ein Thema sei. Eine Antwort, die jeder Manager gibt, der auf Lücken in der Produktpalette angesprochen wird.
Es bleibt zudem unklar, ob Moravy sich auf einen kleineren Cybertruck oder allgemein einen kleineren Pick-up (für den Transport von Waren) bezog. Wer seine Aussage genau liest, stellt zudem fest, dass Tesla eindeutig Robotaxis priorisiert. Ein kleinerer Pick-up würde, wenn überhaupt, frühestens in einigen Jahren kommen.
Musks kurzfristiger Plan B ist folglich nicht ein weiterer Elektro-Pick-up, sondern das Cybercab. Das Robotaxi soll das Cybertruck-Schlamassel vergessen machen.
Die Gründe für die Zurückhaltung der Kundschaft sind vielfältig: ein umstrittenes Design, eine fragwürdige Verarbeitungsqualität und eine geringe Reichweite. Der vielleicht wichtigste Faktor ist aber der zu hohe Preis.
Bei der Cybertruck-Vorstellung vor sechs Jahren wurde eine Preisspanne zwischen 40'000 und 70'000 Dollar in Aussicht gestellt. Jetzt beginnt die günstigste Ausführung ab 62'500 Dollar – und die teuerste Version ab 100'000 Dollar. Die einst angekündigte Basisversion bleibt ein Phantom. Offenbar würde Tesla damit Geld verlieren. Das Problem: Der Pick-up teilt sich keine Plattform und keine Komponenten mit anderen Tesla-Modellen. Anders als beim Model 3 und Y gibt es keine Synergien, was die Herstellungskosten in die Höhe schraubt.
Dass der Strassenpanzer in weniger als zwei Jahren bereits die achte Rückruf-Aktion hinter sich hat, macht die Sache nicht besser. Kein anderes Auto produziert mehr Negativ-Schlagzeilen. Mal lösten sich Karosserieteile, mal konnte das Gaspedal einklemmen.
Die Folge: Tesla sitzt auf unverkauften Beständen und die Preise für gebrauchte Cybertrucks rasseln in den Keller.
Künftig wird es für den Cybertruck nicht einfacher: Die neue Automarke Slate, hinter der unter anderem Amazon-Gründer und Musk-Rivale Jeff Bezos steht, will ab 2026 einen rein elektrisch angetriebenen Pick-up auf den Markt bringen – und dies für 25'000 US-Dollar. Anders als der Cybertruck ist der günstige Pick-up von Slate ein praktisches und kompaktes Vehikel und dazu modular aufgebaut. Mit zahlreichen Zubehörteilen lässt sich der schlichte Pick-up individualisieren und gar zu einem fünfsitzigen SUV umbauen.
Auch die etablierte Konkurrenz ist erwacht. Ford und GM verkaufen schon jetzt mehr elektrische Pick-ups als Tesla. VW belebt derweil für seine US-Offensive die traditionsreiche Marke Scout wieder, um sich ein Stück des elektrischen Pick-up-Marktes zu sichern. Dem Cybertruck kann Scout erst in zwei, drei Jahren Konkurrenz machen, aber ein Problem steht bei Tesla unmittelbar vor der Tür.
Mit Donald Trumps Steuer- und Haushaltsgesetz «Big Beautiful Bill» fällt der Steueranreiz von 7500 US-Dollar beim Kauf eines Cybertrucks (oder anderen E-Autos) ab Ende September weg. Da Trump die Subventionen für Elektrofahrzeuge streicht, muss Tesla künftig den Kundenrabatt aus der eigenen Tasche berappen oder zuschauen, wie die Verkäufe weiter sinken.
Dass Trump die staatliche E-Auto-Förderung abwürgt, ist mit ein Grund für das Zerwürfnis mit Musk.