Was für eine anrührende Story: Da macht eine junge Muslima ganz entspannt «Peace-Selfies» vor einer Anti-Islam-Demo in Antwerpen, lässt so das traurige Häufchen flämischer Rechtsextremisten steinalt aussehen und avanciert prompt zur strahlenden Twitter-Heldin.
Photo of the week. How powerful.
— Sara Firth (@Sara__Firth) 20. Mai 2016
Muslim Woman Takes ‘Peace Selfie’ In Front Of Anti-Muslim Protesters. pic.twitter.com/njQoniWwhU
#Fearless: Zakia Belkhiri trolls an anti-Muslim demonstration w/ selfies & some serious shade #HERO #MashAllah pic.twitter.com/ZH6jBWfcq8
— M. H Arsalai (@ArsalaiH) 18. Mai 2016
Fighting ignorance and Islamophobia with peace-signs and selfies in Antwerp https://t.co/M2dUext3IN via @themuslimvibe
— Salim Kassam (@msalimkassam) 19. Mai 2016
Die mutige junge Frau kam dem Fotografen Jürgen Augusteyns vor die Kamera – und bald hypten zahllose Medien die Fotos der Selfie-Frau im Hidschab: BBC, Telegraph, Het Laatste Nieuws, Huffington Post, Vice, Buzzfeed oder Mashable France, sie alle lobten den charmanten Protest gegen dumpfbackige Islam-Feinde.
Leider hat die Geschichte einen Haken. Zakia Belkhiri, wie die Muslima heisst, hat selber rassistischen Dreck am Stecken. Im November 2012 hatte die 22-Jährige getwittert:
Zwar säuberte Belkhiri flugs ihren Twitter- und Facebook-Account, kaum war sie zur Toleranz-Ikone avanciert. Doch sie war nicht schnell genug – Screenshots ihres antisemitischen Tweets begannen auf Twitter zu kursieren:
@NEMHBA @HuffPostUK just another taqqiya deceptionist. pic.twitter.com/p1bGPeq5VP
— Vaibhav Chirayil (@Vaibhav2k13) 20. Mai 2016
Und auch ein einschlägiges Zitat aus ihrem – inzwischen gelöschten – Facebook-Account machte nun die Runde:
.@LaloDagach @iamamaccabee also in her Facebook posts 'F..ing Jews I hate them so much' #Zakia pic.twitter.com/d7LJJLt2w7
— HadasA (@HadasAltwarg) 21. Mai 2016
Zu unguter Letzt grub noch jemand ein Posting von Belkhiri auf Ask.com aus. Dort hatte sie vor zwei Jahren die Frage «Würdest du gern Hebräisch sprechen lernen?» eher undiplomatisch mit «Fuck diese Judensprache!» beantwortet.
Was folgte, war ein Lehrstück aus der beliebten Serie «Wie ich auf Social Media alles falsch mache». Die ertappte Twitter-Heldin wollte zuerst plötzlich ganz bescheiden zurück in die Anonymität («ich will nicht berühmt sein») und ersuchte die Twitter-Öffentlichkeit so flehentlich wie aussichtslos, ihre Bilder zu löschen:
Im nächsten Schritt behauptete sie dann keck, die inkriminierten Tweets seien mit Photoshop gefälscht worden:
Zuletzt erklärte sie, sie habe ja nur die «Zionisten» gemeint:
Der Rest war dann, wie so oft in diesen Fällen, Schweigen: Mittlerweile ist Belkhiris Twitter-Account nicht mehr zugänglich; auch ihren Facebook- und den Ask-Account hat sie offenbar gelöscht.
Dafür sind andere auf Twitter umso aktiver: Auf der Plattform kursieren Fotomontagen, auf denen die Selfie-Muslima mit Duckface vor Bilder von KZ-Häftlingen oder islamistischen Terroranschlägen gestellt wird.
People photoshopping #ZakiaBelkhiri taking her selfie at terror attacks/Holocaust over this: https://t.co/DbcT0ybzNJ pic.twitter.com/Xd8j2PbMQX
— Raheem Kassam (@RaheemKassam) 21. Mai 2016
Die unschöne Geschichte vom Aufstieg und Fall der Twitter-Heldin Belkhiri ist auch ein Lehrstück in Medienkunde: Zahlreiche Medien berichteten über Belkhiris Selfie-Protest gegen die Demonstration des rechtsextremen Vlaams Belang, aber nur eine Handvoll von ihnen – so die BBC oder Het Laatste Nieuws – machten sich die Mühe, auch den unschönen Ansichten der Twitter-Heldin ein paar Zeilen zu widmen.
Umso breiter walzen dafür rechtspopulistische Blogs wie Geenstijl.nl – der als erster über Belkhiris Tweets berichtete – oder Breitbart.com die antisemitischen Tiraden der Muslima aus. (dhr)