Sag das doch deinen Freunden!
Die Geschichte der Menschheit ist geprägt von einem endlosen Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit. Von der Antike über das Mittelalter bis tief ins moderne christliche Zeitalter herrschten autoritäre bis totalitäre Feudalsysteme, die die Menschen knebelten. Despoten, religiöse Würdenträger, Könige und Kaiser unterdrückten die Massen und verteidigten ihre Macht und Privilegien – oft mit Waffengewalt.
Dabei wussten schon immer alle gebildeten Leute, was ethisch und moralisch sinnvoll wäre. Die griechischen Philosophen haben die geistige Welt schon vor über 2000 Jahren punktgenau vermessen.
Mit den Menschenrechten begann endlich ein neues Zeitalter, das dem Individuum die längst fälligen Rechte und Freiheiten brachte. Der einzelne Bürger durfte sich frei bewegen, Besitz erwerben, glauben, was er wollte (Religionsfreiheit), politisch mitbestimmen.
Mit der Aufklärung, dem Kampf für die Rechte der Frau und der 68er-Revolte brach gar eine neue Epoche an. Einzig der Kalte Krieg zwischen Ost und West störte die Idylle. Nach dem überraschenden Mauerfall 1989 war auch dieses politische Trauma überwunden.
Und heute? Vieles scheint wieder den Bach runterzugehen. Der weltweite Fundamentalismus, der in den letzten Jahren epidemisch um sich griff, zerstörte einen Teil der Fortschritte. Es scheint, dass viele Menschen bereits wieder verlernt haben, was Freiheit bedeutet. Oder sie sind nicht reif für sie.
Die extremste Form des Fundamentalismus erleben wir in mehreren islamischen Ländern. Die Schockwellen breiten sich bis zu uns aus. Die Angst vor der Zukunft frisst die eigenen Kinder auf. Wir reagieren mit Angst, ja Panik und igeln uns ein.
Die radikalen rechten Parteien legen überall zu. Von Osteuropa über Österreich (FPÖ), Deutschland (AfD und Pegida) bis nach Frankreich (Front National). Auch wir demokratischen Musterknaben aus der Schweiz verlieren langsam die Orientierung, wie uns die SVP demonstriert.
Die Partei von Christoph Blochers Gnaden radikalisiert sich immer mehr. Der Volkstribun spricht in Verdrehung der Tatsachen gar von einer Diktatur, wie ich im vorletzten Blog aufgezeigt habe.
Und was sich aktuell in den USA abspielt, ist ein veritables politisches Drama. Das Toupée-Monster Donald Trump, das sich im Wahlkampf wie ein populistischer Diktator gebärdet, liegt bei den Republikanern vorn. Er verdankt die Führung der politischen Radikalisierung in den USA.
Die Zeiten sind autoritär geworden. In der Krise sehnen sich viele wieder nach einer starken Hand oder gar nach Führern.
Die Esoterik, spiritueller Modetrend in unsicheren Zeiten, kennt das System: In dieser Szene wimmelt es von Lehrern, Meistern und Gurus. Sie weisen den Suchenden den Weg, sie kennen vermeintlich den Pfad zur Erleuchtung.
Esoterik ist ebenfalls ein autoritäres System. Alles ist angeblich vorbestimmt, es gibt eine höhere Ordnung, der sich die spirituellen Überflieger unterordnen müssen. So verwundert es auch nicht, dass viele Esoteriker einen Rechtsdrall haben. Fachleute sprechen von der braunen Esoterik. Sie möchten die Mutter Erde (Gaia) mit radikalen Mitteln schützen und einen beträchtlichen Teil der Menschheit gewaltsam um reduzieren.
Christentum und Abendland sind radikalen Esoterikern ein Gräuel, weil die jüdische und christliche Religion und Kultur die germanischen Wurzeln abgetötet haben. Manche sympathisieren auch mit dem 3. Reich, das die mitteleuropäische Ordnung wieder herstellen wollte.
Autoritäre Züge kennen auch die dogmatischen christlichen Kirchen, in erster Linie die Freikirchen. Für sie gibt es nur einen Weg, der in den Dogmen der Bibel festgelegt ist. Dabei spielt es keine Rolle, dass dieses Buch vor 2000 und mehr Jahren geschrieben wurde.
Dieses starre System kennt keinen individuellen Spielraum. Wer nicht nach dem Buchstaben lebt, kommt vom Heilsweg ab und verpasst allenfalls die Erlösung am Jüngsten Tag. Nur wer sich nach dem Wort der Prediger und Pastoren richtet, hat angeblich Aussicht auf das Heil.
So kommt es, dass fromme Christen glauben, Gott habe die Welt vor etwa 6000 Jahren in 6 Tagen erschaffen (Schöpfungslehre). Sie lehnen natürlich die Evolutionstheorie ab, weil es nicht sein kann, dass wir vom Affen abstammen.
Deshalb glauben sie auch an die baldige Endzeit und verteufeln Homosexualität als Sünde. Selbst junge Menschen lassen sich in Zeiten fundamentalistischer Tendenzen auch bei uns von Freikirchen faszinieren.
Sie laufen in Scharen zur charismatischen Freikirche International Christian Fellowship (ICF) über. Bis zu 3000 Gläubige pilgern Woche für Woche zu den Gottesdiensten ins Maag-Areal von Zürich. Innert weniger Jahre expandierte die Freikirche ins Ausland und betreibt heute rund 40 Ableger.
ICF gibt sich von der Form her sehr modern. Alles ist geil, voll krass, Jesus der heilige Kumpel von nebenan. Der Gottesdienst gleicht einem Pop-Event mit Livemusik. Seniorpastor Leo Bigger turnt in Sneakers auf der dekorierten Bühne herum und gibt den grossen Zampano.
Gleichzeitig predigt er, Sex vor der Ehe sei eine Sünde. Er berufe sich nur auf das Fundament, sagt er, nämlich die Bibel. Das riecht schon streng nach Fundamentalismus.
Das Hauptproblem: Religionen lassen sich schlecht reformieren. Das Christentum (2000 Jahre alt) ebenso wenig wie der Islam (1500 Jahre alt). Sie lassen sich höchstens zivilisieren, wie bei den Landeskirchen.
Für einmal trifft der SVP-Slogan zu: Wehret den Anfängen.