Fördern und fordern. So lautet das eingängige Motto einer erfolgreichen Integrationspolitik. Mit der Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes wird vor allem das «fordern» betont. Die Integrationsanforderungen sollen verschärft, die Ausländer mehr in die Pflicht genommen werden. Der Nationalrat hat die Vorlage gestern mit 113:65 Stimmen gutgeheissen.
Mit Ausnahme der SVP wollten alle Fraktionen über ein neues Gesetz beraten. Kern der Gesetzesänderung ist das sogenannte Stufenmodell. Es funktioniert nach dem Prinzip: Je mehr du dich integrierst, desto mehr Rechte gewähre ich dir. So erhält ein Ausländer die Niederlassungsbewilligung (siehe Kasten) nur noch, wenn er gewisse Integrationskriterien erfüllt
Als integriert gilt, wer die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachtet, die Werte der Bundesverfassung respektiert, am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung teilnimmt und eine Landessprache spricht.
Neu wird der Besitz des C-Ausweises zur Voraussetzung für den Erwerb des Bürgerrechts. Bisher konnte sich auch ein vorläufig Aufgenommener, der schon zwölf oder mehr Jahre in der Schweiz gelebt hatte, einbürgern lassen, wenn er die Voraussetzungen dafür erfüllte. Neu muss er sich zuerst um eine Niederlassungsbewilligung bemühen. Eine weitere Neuerung: Der Nationalrat will Ausländer mit C-Ausweis auf B-Niveau zurückstufen, wenn sie sich nicht genügend integrieren.
Praktiker fürchten den damit verbundenen bürokratischen Aufwand und Probleme bei der Beweisführung. Eine nicht unwesentliche Differenz hat die grosse Kammer gestern zum Bundesrat geschaffen: Dieser wollte für Personen, die integriert sind und seit zehn Jahren in der Schweiz leben, ein Recht auf Niederlassung ins Gesetz aufnehmen. Wie vor ihm der Ständerat hält auch der Nationalrat an der heutigen Regelung fest und stellt die Erteilung weiterhin in das Ermessen der Behörden. Kritiker halten dem entgegen, dass gerade die Aussicht auf ein Bleiberecht ein besonders starker Integrationstreiber ist.
Das Parlament will also die Integrationsanforderungen für Ausländer verschärfen und die SVP macht nicht mit. Falls das Parlament das neue Ausländer- und Integrationsgesetz nicht noch mehr verschärfe, dann behalte sie sich ein Referendum vor, teilte die Partei gestern mit. «Es ist nicht eine Staatsaufgabe, Integration als Dienstleistungsprogramm zu betreiben», so der SVP-Nationalrat Gregor Rutz. Integrieren sollten sich die Zuwanderer, welche in die Schweiz kommen. Und der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner warnte vor einer neuen Integrationsindustrie.
Trotz Fundamentalopposition arbeitete die SVP in der Beratung an den Verschärfungen mit. In der vorberatenden Kommission erreichte sie zusammen mit den Freisinnigen und dem Stichentscheid ihres Präsidenten Heinz Brand gar eine Mehrheit für ein generelles Einreiseverbot für Familienangehörige von vorläufig Aufgenommenen.
Dagegen liefen SP und Grüne Sturm. Das Argument: Vorläufig Aufgenommene könnten schon heute ihre Frau und Kinder nur dann nachziehen, wenn sie mindestens drei Jahre in der Schweiz sind, eine Wohnung haben – und die Familie nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist. Vor einem Verbot warnte auch Asylministerin Simonetta Sommaruga. Ein solches sei unmenschlich und würde Frauen und Kinder in die Hände der Schlepper treiben. Der Nationalrat folgte dieser Argumentation mit 104 zu 87.