Die Einführung der 35-Stunden-Woche, das Ende der Abhängigkeit von fossilen Energien und eine aktivere Bodenpolitik: Das sind einige der Vorschläge des neuen Wirtschaftskonzepts der SP.
Das Wirtschaftskonzept trage den Namen «Unsere Wirtschaft», weil die SP überzeugt sei, dass sich eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik nicht durch ein höheres Bruttoinlandprodukt, steigende Aktienkurse und höhere Kapitalrenditen für die Reichen auszeichne, sagte Nationalrat und SP-Vizepräsident Beat Jans (BS) am Donnerstag vor den Medien.
Solange die Natur zerstört und das Klima überhitzt würden, der Stress am Arbeitsplatz wachse, die Arbeitszeiten zunähmen und der geringe Lohnanstieg von wachsenden Mietkosten und Krankenkassenprämien aufgefressen werde, habe die Wirtschaftspolitik versagt. Und das sei leider «das traurige Fazit der letzten zehn Jahre Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz», sagte Jans.
«Erst eine Wirtschaft, die alle an den Gewinnen teilhaben lässt, in der alle vom technologischen Fortschritt und Produktivitätsgewinnen profitieren, weil alle mehr Erfüllung und Freizeit finden, ist eine gute Wirtschaft», sagte auch Fraktionspräsident Roger Nordmann (VD).
Das SP-Antragspapier basiert auf zahlreichen politischen Stossrichtungen: Zum einen ist da die Forderung für gute Arbeit für alle. Die Schweiz investiere zu wenig, sowohl in Ausbildung als auch in die Modernisierung der Infrastruktur, sagte Nordmann.
Doch Bildung und Forschung seien die wichtigsten Ressourcen der Schweiz. Die SP wolle deshalb dafür sorgen, dass die Schweiz über eine gute digitale Infrastruktur verfüge und beim Know-how eine internationale Führungsrolle einnehme.
Ausserdem will die SP die 35-Stunden-Woche einführen, «nicht weil wir faul sind, sondern weil wir überzeugt sind, damit die Effizienz der Wirtschaft und das Wohl der Bevölkerung auf lange Sicht zu verbessern», sagte Jans.
Weiter müsse das «Kaufkraftproblem» des Mittelstandes angepackt werden. Jeder Haushalt, jede Familie bezahle zum Beispiel etwa einen Monatslohn zu viel für Mieten, sagte Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo (LU).
Der Markt versage in diesem Punkt und deshalb müsse der Staat eine aktivere Rolle spielen. Dazu müssten Bund, Kantone und Gemeinden den öffentlichen Erwerb von Liegenschaften fördern und den Besitz an öffentlichen Liegenschaften schützen.
Zudem müsse die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau endlich umgesetzt werden. Es brauche mehr Möglichkeiten für Teilzeitarbeit und die unbezahlte Care- und Sorgearbeit in der Kinderbetreuung, der Alten- und Krankenpflege sowie der Hausarbeit müsse aufgewertet werden.
Auch müsse die Schweizer Volkswirtschaft ihren Beitrag gegen die Klimaerwärmung leisten: Bis 2050 müsse die Schweiz klimaneutral sein, bereits bis 2030 soll die Umstellung der Stromversorgung auf 100 Prozent erneuerbare Energien umgesetzt sein. Die SP stehe dabei für Lenkungsabgaben ein, die vollumfänglich an die Bevölkerung und die Firmen zurückverteilt werden.
Mit einem «Zukunfts-Fonds» von 30 Milliarden Franken will die SP die Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft fit machen. Damit soll umweltbewussten Firmen günstiges Risikokapital zur Verfügung gestellt werden. Finanziert werden könnte es zum Beispiel aus freiwillig investierten Pensionskassengeldern.
Weiter brauche es auch einen Kurswechsel bei der Globalisierung: Denn «Freihandel ohne Schutz der Lohnabhängigen und der Natur erzeugt zu viele Verliererinnen und Verlierer», sagte Nordmann. Die positive Alternative liege in einem gerechten internationalen Handel, in international vernetzten und starken Gewerkschaften sowie in einem gerechten internationalen Steuersystem.
«Unsere Wirtschaft» heisse das Konzept auch, weil die gesamte Partei dazu beigetragen habe, so Jans. Denn dessen Ausarbeitung dauerte fast eineinhalb Jahre. So wurden bereits im Sommer 2017 bei einer Tagung die ersten 150 Ideen vorgebracht.
Danach beugten sich Experten und Arbeitsgruppen über die Vorschläge, es folgte eine Diskussion an der Delegiertenversammlung im Dezember 2017, weitere Experten und Arbeitsgruppen und eine Vernehmlassung in den Sektionen. Am 2. Dezember soll der Parteitag darüber entscheiden. (aeg/sda)