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Spiele-Kritik von Tom Felber zu «Paper Tales»

Streit mit dem Nachbarn? In diesem Spiel kannst du dich ohne Konsequenzen ausleben

Bild: shutterstock / pegasus / watson
De Ohrfiige na
Im Kartenspiel «Paper Tales» muss man einfach immer eins stärker als seine Nachbarn sein. Es erinnert auffällig an «7 Wonders».
26.08.2018, 17:36
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Wir spielen heute:
«Paper Tales»

Draft- und Kartenauslegespiel von Masato Uesugi für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahren. Spieldauer: etwa 45 Minuten. Verlag: Pegasus/Frosted Games. Preis: etwa 40 Franken. 

Thema:

Laut Spielregel: Das Buch «Paper Tales» ist ein Relikt aus alten Zeiten, in denen mythische Wesen die Lande bevölkerten und legendäre Schlachten schlugen. Das Buch wird neu geöffnet und die alten Legenden werden zum Leben erweckt. 

Was macht man?

Paper Tales Spielauslage
Bild: Catch up games

Karten draften, möglichst schlagkräftige Einheiten vor sich auslegen, mit seinen ausliegenden Wesenskarten die beiden Nachbarn angreifen. Stärkewerte vergleichen. Siegpunkte erhalten. Einkommen einsacken. Gebäude mit Effekten zur Verstärkung bauen. Einheiten altern und wieder loswerden. 

Besondere Features:

Sehr gute Übersichtskarten über die Abläufe. Gut zu fünft spielbar. 

Geeignet für:

Erfahrenere Spieler, die «7 Wonders» mögen und einmal eine Alternative dazu ausprobieren möchten.  

Wir haben es für euch gespielt!

Eigentlich ist es ganz einfach: Man vergleicht vier Spielrunden lang die Kampfstärke seiner Einheiten mit jenen seiner beiden Sitznachbarn und garniert für jeden Sieg drei Siegpunkte.

Noch sind meine Einheiten für die Gegner verborgen. Das Gesicht meines Nachbarn stelle ich mir aber schon vor, wenn er in meiner ersten Kampfreihe dann den mächtigen Mantikor erblickt. Der hat zwar nur eine Grund-Kampfwert von zwei.

Für jedes Fleisch, das mein Königreich produziert, wird er aber zwei stärker. Um ihn aufzupumpen, habe ich einen fleischproduzierenden Bauern in die hintere und einen Jäger in die vordere Reihe gestellt und zudem ein Gebäude gebaut, das die Fleisch-Strategie unterstützt.

Beim «Draften» versuche ich möglichst schlagkräftige Kombinationen von Einheiten zusammen zu bekommen. 

«Paper Tales» stammt ursprünglich aus Japan und erschien dort 2010. Der französische Kleinverlag Catch Up Games brachte es im Herbst 2017 nach Europa.

Frosted Games und Pegasus haben es nun in einer deutschsprachigen Ausgabe zugänglich gemacht. Das Spiel erinnert in seinen Abläufen stark an «7 Wonders», kommt aber nicht an dessen spielerische Eleganz heran. 

Paper Tales, spielende Leute
Bild: Tom Felber

Welche Karte behalte ich, welche gebe ich an den Nachbarn weiter und riskiere, damit selber bedroht zu werden? Dieses Dilemma beherrscht auch die Entscheidungen bei «Paper Tales».

Zumal halt niemand weiss, ob die Karten, die ich später bekomme, meine angefangene Strategie unterstützen. Jeder ordnet seine gesammelten Karten zu einer Auslage an. Dabei gilt es, besondere und überraschende Effekte und Spezialfähigkeiten geschickt auszunutzen.

Die Einheiten haben allerdings nicht bei Kieser trainiert und für angebliche Vertreter von legendären Zeiten sind Kondition und Durchhaltevermögen überraschend sackschwach: Am Ende jeder Runde bekommen sie nämlich immer automatisch einen «Alterungsmarker» verpasst, der wie ein fieses Krankheits-Bakterium aussieht.

Manche Einheiten, wie der «Veteran», kommen schon mit einem solchen Defekt ins Spiel. Am Ende jeder Runde segnen Einheiten, die einen solchen Marker haben, gnadenlos das Zeitliche.

Die Lebensdauer der Kreaturen ist also von sehr, sehr, sehr kurzer Dauer, und lichte Reihen müssen ständig sinnvoll ersetzt werden. Das ist durchaus realitätsnah und ein sehr interessanter Aspekt des Spiels. 

Was ist «draften»? Mehr dazu hier:

«Paper Tales» wirkt ein bisschen so, als hätte jemand, der Spass an «7 Wonders» hat, einfach ein eigenes ähnliches Spiel nachbasteln wollen.

Interessant zu wissen wäre nun, welches Spiel wirklich zuerst da war. Das Spiel ist durchaus unterhaltend, aber dann doch relativ harmlos und glückslastig. In meinen Spielrunden waren die Reaktionen sehr gemischt. Es braucht zuerst eine Partie, bis man die Abläufe verstanden hat. Und es ist ein grosser Vorteil, wenn man alle Einheiten kennt und weiss, welche Super-Combos möglich sind.

Kritisiert wurde auch, dass der Titel irreführend sei und falsche Erwartungen wecke, weil ja nicht wirklich Geschichten erzählt werden. Zudem ist mir während des Spiels ziemlich egal, was der Mitspieler am anderen Tischende macht, der nicht mein Nachbar ist. 

Schon die Erstpartie dauerte mit 35 bis 50 Minuten aber jeweils nicht lange und diente vor allem dazu, die Karten kennen zu lernen.

Meistens folgte darauf gleich eine zweite Partie, in der die Spielenden ihr vertieftes Wissen über die Möglichkeiten anwenden wollten. Dabei stellte sich aber nicht immer Befriedigung ein, weil das Kartenglück und der zufällige Zeitpunkt, wann man Karten in die Hand bekommt, doch eine sehr entscheidende Rolle spielen.

Das ist bei «7 Wonders» eindeutig besser gelöst, wo die Karten den Epochen angepasst sind, in denen man sie erhält. Bekommt man bei «Paper Tales» zum Beispiel das unsterbliche Artefakt bereits in der ersten Runde zufällig auf die Hand, hat man das Spiel schon fast gewonnen, in der dritten oder vierten Runde ist das Artefakt aber praktisch nutzlos.

Mir persönlich gefällt das Spiel, weil es nicht lange dauert und sehr flott runterzuspielen ist. Falls man es schon kennt, muss man nicht mehr viel beachten, aber es gibt doch ein paar interessante Entscheidungen zu fällen, die halt (wie bei jedem Kartenspiel) durch den Glücksgott beeinflusst werden: Solide, aber kein Überflieger. 

Paper Tales Spieleschachtel
Bild: Pegasus

Ist das Spiel zu zweit spielbar?

Nach den Grundregeln natürlich nicht, da man ja zwei Nachbarn benötigt, die man jeweils bekämpfen muss. «Paper Tales» enthält aber eine Spezialregel für zwei Spieler, bei der zu Beginn einer Runde jeder mehr Karten erhält. Das bleibt jedoch eine Hilfsregel. Die Spielatmosphäre verändert sich entscheidend.  Allzu empfehlenswert ist das Spiel zu zweit nicht. 

Tom Felber …
... war Vorsitzender der internationalen Kritiker-Jury «Spiel des Jahres» und veröffentlicht seit 1985 Spiele-Rezensionen in verschiedenen Medien. Hier stellt er regelmässig neue Brett- und Kartenspiele vor.
Bild
bild: zvg
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