Legespiel von Bruno Cathala für 2 bis 4 Spieler ab 8 Jahren. Spieldauer: 15 bis 30 Minuten. Verlag: Blue Orange oder Pegasus. Preis: etwa 25 Franken.
Aus Plättchen, die verschiedenste Landschaftstypen zeigen, soll das wertvollste Königreich errichtet werden.
Aus einer offenen Auswahl von Domino-Plättchen mit Landschaften ein Plättchen wählen und es klug in seiner Auslage anlegen. Das Plättchen, das man nimmt, bestimmt zugleich die Spieler-Reihenfolge für das Wählen des nächsten Plättchens.
Sehr einfache Regeln, aber grosse taktische Spieltiefe. Lustige Grafik-Details auf den Landschaftsbildern.
Familien und Gelegenheitsspieler, die ein elegantes, kurzweiliges Spiel mit einfachen Regeln, aber hohem Wiederspielreiz suchen.
Das wäre ja gelacht, wenn hier vor Weihnachten nicht ein Artikel über das aktuelle «Spiel des Jahres» erscheinen würde: Aber wieso gibt es von «Kingdomino» zwei verschiedene Ausgaben? In der Schweiz wird die Original-Ausgabe des französischen Verlags «Blue Orange» verkauft. In Deutschland hat «Pegasus» den Vertrieb übernommen und ist für die rein deutschsprachige Ausgabe verantwortlich, die zum Teil aber auch in der Schweiz erhältlich ist. Das Material ist im Prinzip identisch: Die neue Pegasus-Ausgabe unterscheidet sich aber insofern, als sie einen Karton-Turm mit einem Schlitz enthält, aus welchem die Landschaftsplättchen bequem entnommen werden können.
Ja, es geht um Landschaftsplättchen: Das Grundprinzip des Spiels wurde – wie der Name schon sagt – dem Klassiker «Domino» entlehnt. Auf den Dominosteinen sind hier aber eben keine Zahlen, sondern Landschaften abgebildet. Grafiker Cyril Bouquet hat zeichnerisch zudem noch ein Bouquet von lustigen Details versteckt, denen man nur bei genauem Hinsehen gewahr wird. Ziel des Spiels ist es für jeden Mitspieler, das mächtigste Königreich zu errichten. Das geschieht aber nicht nach den Gepflogenheiten von Diplomatie, Machtpolitik und Kriegshandwerk, sondern nach den Grundregeln von «Domino».
«Kingdomino» ist auch für Leute geeignet, die gar keine Erfahrung mit Brettspielen haben. Die Grundregeln sind simpel: Jeder Spieler baut an einem eigenen Königreich. Ausgangspunkt ist jeweils ein quadratisches Startplättchen, auf dem ein Karton-Schlösschen steht. Im Verlauf des Spiels erhält jeder Spieler genau 12 zweiteilige Plättchen mit Landschaften, die er um das Schloss herum anlegt, so dass ein Quadrat aus 5 mal 5 Feldern entsteht. Dabei gibt es Wälder, Wiesen, Getreidefelder, Seen, Sümpfe und Bergwerke. Auf einigen Plättchen sind Gebäude und Kronen-Symbole abgebildet. Die Plättchen sollen nun so um das Schloss gelegt werden, dass möglichst wertvolle Gebiete entstehen. Die Punkte ergeben sich jeweils aus der Grösse der identischen Landschaftsflächen multipliziert mit der Anzahl der darauf sichtbaren Kronen.
Ein Plättchen, das nicht direkt ans Schloss angrenzt, muss dabei eben nach den «Domino»-Regeln gelegt werden: Zumindest ein Landschaftsfeld muss an einen identischen Landschafstyp eines anderen Plättchens angrenzen. Der besondere Clou am Spiel ist nun aber die Regel, wie man überhaupt an die Plättchen kommt: In jeder Runde stehen davon immer vier offen zur Auswahl. Welches man nimmt, bestimmt zugleich, wann man in der nächsten Runde an die Reihe kommt, um ein Plättchen zu wählen. Deshalb muss man sich nicht nur stets überlegen, welches Plättchen am besten ins eigene Königreich passt, sondern auch, wie früh man in der nächsten Runde an die Reihe kommen will. Ist die ausliegende Offerte nur mittelmässig lukrativ, nimmt man vielleicht lieber erst einmal ein unpassendes Plättchen und hofft auf eine gute Auswahl in der nächsten Runde. Wer einen Plan hat, ist im Vorteil. Weil man aber natürlich nie sicher sein kann, was man in Zukunft bekommt, muss man sich verschiedene Optionen offen halten.
«Kingdomino» wirkt zwar relativ unscheinbar. Dem französischen Spieleautor Bruno Cathala ist hier aber ein grosser Wurf gelungen: Ein kleines, elegantes Spiel mit einfachem Einstieg, simplen Regeln, das auf das Wesentliche reduziert ist, aber trotzdem eine grosse Spieltiefe, viele taktische Möglichkeiten und einen enormen Wiederspielreiz offeriert. «Kingdomino» beweist wieder einmal, dass die Kunst des Spieleerfindens im Weglassen liegt. Aufgrund des Glücksfaktors eignet es sich hervorragend als Spiel für die ganze Familie, hat aber für Vielspieler als Absacker durchaus auch seinen Reiz, auch wenn es halt optisch ein bisschen wie ein Kinderspiel aussieht.
Der knapp 54-jährige Bruno Cathala ist einer der bekanntesten Spieleautoren Frankreichs. Den Preis «Spiel des Jahres» hat er dieses Jahr zum ersten Mal gewonnen. Er erblickte just am Tag des Attentats auf John F. Kennedy das Licht der Welt. Seit 2002 entwickelt der studierte Physiker und Materialwissenschaftler, der zunächst in der Forschung und Entwicklung neuer Legierungen arbeitete, Spiele. Seit 2004 ist er professioneller Spieleerfinder, oft arbeitet er mit verschiedenen Co-Autoren zusammen. Zu seinen bekanntesten Werken gehören «Schatten über Camelot», «Mr. Jack» oder «7 Wonders Duel».
Ja, und zwar sogar sehr gut. Dann wird es noch taktischer. Es gibt dazu eine Spezialregel, so dass jeder Spieler pro Runde zwei Plättchen wählt. Es ist möglich, wesentlich grössere Königreiche von 7 mal 7 Feldern zu errichten.
Diesen Herbst ist bereits ein Nachfolgewerk erschienen: «Queendomino». Dieses Spiel ist aber wesentlich anspruchsvoller als «Kingdomino» und hat deshalb eine andere Zielgruppe im Visier. Die Basis-Regeln sind zwar dieselben, nun gibt es aber auch ein Geldsystem, die Möglichkeit auf Bauplätzen Gebäude zu errichten, und ganz, ganz, ganz viele neue Wege zu Siegpunkten zu kommen.
Die Schachtel ist wesentlich grösser, weil sie mehr Material enthält. Grobmotoriker werden allerdings etwas Mühe mit den klitzekleinen «Steuereintreiber»-Figürchen haben, die man auf seine Landschaften stellen muss, um Geld zu erwirtschaften.
Im Übrigen wurde das Spiel aber redaktionell sehr gut aufbereitet und ist ebenfalls unterhaltend. Allerdings wirkt nun doch alles ziemlich aufgebläht. Es gibt unzählige neue Möglichkeiten, um Punkte zu erwirtschaften, vor allem durch spezielle Eigenschaften spezieller Gebäude. Dadurch besteht die Gefahr, dass Grübler den Spielablauf massiv verzögern. Erstaunlicherweise werden trotz der vielen neuen Optionen die meisten Partien nach wie vor über die naheliegendste Strategie, nämlich über grosse Landschaftsflächen mit vielen Kronen gewonnen.
«Queendomino» ist letztlich leider nur noch ein solides Optimierungsspiel unter vielen soliden Optimierungsspielen. Alles, was «Kingdomino» einzigartig und zum «Spiel des Jahres» gemacht hat, die Einfachheit, die Klarheit und schlichte Eleganz ist verloren gegangen und hat einer aufgepumpten Punkteorgie Platz gemacht.
Als Jurymitglied ist Tom Felber verpflichtet, sämtliche relevanten neuen Spiele mehrfach auszuprobieren. Dazu benötigt er natürlich auch immer wieder neue Mitspieler. Wer Lust hat, mitzuspielen, kann sich über spieleabende@bluewin.ch für seinen Newsletter anmelden. Die Spiele-Testrunden finden jeweils in Zürich statt.