In der Krise zeigt sich der wahre Charakter einer Hockeyfirma. Freundlichkeit und Offenheit sind in den Tagen des Triumphes keine erwähnenswerten Tugenden. Wohl aber in Zeiten der Schmach, des Spottes, der Schmähungen und des Hohnes.
Am Tag nach dem jüngsten sportlichen Gericht in Genf, dem Verpassen der Playoffs als Meister nach einer 2:3-Niederlage, stellen sich die die Granden der ZSC Lions den Chronistinnen und Chronisten. Improvisation ist gefragt.
Im Gang der Kunsteisbahn Oerlikon, dort wo die ZSC Lions zu üben pflegen, lassen sich unter anderem Sportchef Sven Leuenberger, Trainer Arno Del Curto und die wichtigsten Spieler befragen. Ein bisschen Improvisation ist notwendig. Mütter schieben Kinderwagen durch den Gang, Kinder rennen mal dahin, mal dorthin.
Wer sich in dieser heiklen Situation nicht in die Büros und in der Kabine einschliesst, hat Stil. Vieles können wir den ZSC Lions vorwerfen. Aber niemals fehlenden Anstand und Stil. Eigentlich möchten alle eine Antwort auf DIE Frage: Macht Arno Del Curto (62) weiter?
Sportchef Sven Leuenberger kann gut erklären, warum es nicht gereicht hat. Er spricht von den Problemen auf der «Mittelachse» (den ZSC Lions fehlte ein dominanter Mittelstürmer) oder vom fehlenden Ineinandergreifen der einzelnen Mannschaftsteile. «Wenn wir in den Playoffs im letzten Frühjahr in einem Spiel 1:0 führten, da wussten wir, dass es reicht. Wenn wir diese Saison 1:0 führten, hatten wir das bange Gefühl, dass noch irgendetwas schiefgehen wird.»
➡️ @zsclions-Sportchef Sven Leuenberg sagt einen Tag nach der folgenschweren Niederlage gegen Genf: "Wir liessen uns nach dem Titel wohl etwas blenden"
— MySportsCH (@MySports_CH) 5. März 2019
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Seine Analysen sind klug. Aber eine Antwort auf DIE Frage kann er nicht beantworten. Der Sportchef sagt, er könne noch nicht sagen, wer nächste Saison Trainer sein wird. Aber er kritisiert seinen Trainer (dessen Vertrag nun ausläuft) auch nicht. Die Botschaft «am Trainer lag es nicht» zieht sich wie ein roter Faden durch seine Analysen. Und er bereue den Trainerwechsel, die Anstellung von Arno Del Curto nicht.
DIE Frage geht also an Arno Del Curto. Haben Sie Lust weiterzumachen? Möchten Sie auch nächste Saison Trainer der ZSC Lions sein? Er blickt über den Rand seiner Brille den Fragesteller eindringlich an und sagt «Nächste Frage!».
Er könne jetzt noch nicht über den Tag hinausdenken. Er sei in Gedanken noch zu sehr in diesem letzten verlorenen Spiel gefangen. Und bald einmal ist er tief drin in seiner Analyse. Was hier, was da nicht funktioniert hat, was vorzukehren wäre, damit es besser wird. Und auf eine entsprechende Frage sagt er auch, er bereue nicht, dass er in dieses Abenteuer eingestiegen sei.
Und wie er sich ins Feuer redet, stellt ein vorwitziger Chronist fest: ja, dann sei also klar, dass er gerne ZSC-Trainer bleiben möchte. Denn sonst würde er sich doch nicht so intensiv mit der ganzen Sache befassen. DIE Frage sei also beantwortet.
Aber oha Lätz! So sieht es Arno Del Curto ganz und gar nicht. «Das ist die falsche Schlussfolgerung! Wenn Sie verbreiten, ich möchte gerne ZSC-Trainer bleiben, dann verbreiten Sie eine Lüge!» Er ist richtig aufgebracht.
➡️ @Zsclions-Coach Arno Del Curto geht das Verpassen der Playoff nahe. Er bereut es aber nicht das Zepter bei den Lions übernommen zu haben. Er sagt: "Es war mir eine Herzensangelegenheit."
— MySportsCH (@MySports_CH) 5. März 2019
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Und liefert gerade mit diesem leidenschaftlichen Statement die definitive Bestätigung. Ja, Arno Del Curto möchte auch nächste Saison Trainer der ZSC Lions sein. So viele Emotionen investiert man nur in eine Beziehung, die man retten möchte.
Und weil ja auch Sportchef Sven Leuenberger sich nie gegen den Trainer ausgesprochen hat, sieht es ganz so aus, dass auch nächste Saison im Hallenstadion wieder grosses Hockey-Theater geboten wird. Mit Arno Del Curto in der Hauptrolle.