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Gut 30'000 Frauen, Männer, Mädchen und Buben eilten am Samstagnachmittag nach Bern, um den Titel des SC Bern zu feiern. Gut 3000 Menschen strömten zur gleichen Zeit nach Langenthal, um dort dem NLB-Meister SC Langenthal die Ehre zu erweisen. Und in Biel sahen 5000 Fans den 2:0-Sieg der Schweizer gegen Russland. Hätten die Langnauer ihre Saisonschlussparty auch am Samstagnachmittag abgehalten, wären dort weitere 2000 bis 3000 Gäste gekommen.
Diese Hockey-Begeisterung gibt es sonst nur noch in kanadischen Hockey-Hotspots wie Vancouver, Edmonton, Calgary, Montréal und Toronto. Titelgewinne rocken in der Schweiz nur im Bernbiet.
Wenn die ZSC Lions Meister werden, dann merkt dies ein Fremder nur, wenn er zufälligerweise im Tram Mathias Seger trifft, der gerade mit dem Meisterpokal nach Hause fährt. Das Meisterumzügli in Davos mahnt jeweils eher an Primarschüler, die auf Pferdefuhrwerken eine Reise in die Bündner Berge unternehmen als einer rauschenden Party. Und in Lugano fallen bloss ein paar dürre Blätter von den Palmen.
Das ganze Volk auf den Beinen, die Strassen und Gassen und Plätze so überfüllt, dass der Verkehr umgeleitet werden muss, und nebenbei auch noch ein fast volles Stadion bei einem Länderspiel – diese Hockey-Begeisterung gibt es nur in Bern, im Kanton Bern.
Dieser Samstag hat auch gezeigt, dass vier NLA-Teams im Bernbiet kein Problem wären. Denn hockeytechnisch gibt es im Kanton keine ethnische Einheit. Das Mittelland (mit dem SC Bern), das Seeland (mit dem EHC Biel), der Oberaargau (mit dem SC Langenthal) und das Emmental (mit den SCL Tigers) sind hockeytechnisch vier autonome Regionen, die alle ein eigenes NLA-Team finanzieren können und sich bei der Rekrutierung der Fans und beim Sponsoring nicht konkurrenzieren.
Der grosse SCB mit seinen glamourösen VIP-Bereich hat eine ganz andere Kundschaft als die bodenständigen SCL Tigers, die pfiffigen Langenthaler und die Seeländer mit der welschen Gelassenheit.
Tatsächlich wird in Langenthal, beflügelt vom sportlichen Erfolg, nach jahrelanger Saumseligkeit der Politiker nun der Bau eines neuen Stadions oder die umfassende Sanierung der bisherigen Arena forciert. Noch im Laufe des nächsten Jahres soll ein Grundsatzentscheid fallen.
Der SC Langenthal hat sich in 15 Jahren von einem Amateurklub zu einem der führenden NLB-Unternehmen, sozusagen zu einem «SC Bern des armen Mannes» entwickelt. Mit einer entsprechenden Infrastruktur wäre die aktuelle Führungscrew um Präsident Stephan Anliker und Geschäftsführer Gian Kämpf durchaus dazu in der Lage, ein NLA-Unternehmen aufzubauen.
Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass im Laufe der nächsten sieben Jahre der Anteil des Kantons Bern von drei auf vier Mannschaften wächst. Auf Kosten der Westschweiz und der Region Zürich. Bereits zeichnet sich ab, dass Servette und der EHC Kloten mittelfristig aus der höchsten Liga verschwinden werden. In Genf und Kloten wird es sehr schwierig sein, die Infrastruktur auf das im Sportgeschäft des 21. Jahrhunderts erforderliche Niveau auszubauen und die Mittel für den NLA-Spielbetrieb zu erwirtschaften.
Die bernische Hockey-Dominanz ist politisch noch grösser als sportlich. Wenn wir beim Verband eine Bürotüre öffnen, sitzt meistens schon ein Bär drin. Präsident Marc Furrer, sein Vize Michael Rindlisbacher, Geschäftsführer Florian Kohler, Liga-Manager Denis Vaucher, Spielbetriebschef Philipp Bohnenblust, Marketing-General Reto Bürki und Computer-Guru Ruedi Kunz, Ausbildungschef Markus Graf, Co-Schirischef Beat Kaufmann und Einzelrichter Oliver Krüger – alles Berner. Und Spielplan- und Cup-General Willi Vögtlin ist zwar gebürtiger Baselbieter, bezeichnet sich als ehemaliger SCB-Manager selber als ein in der Wolle gefärbter Berner.
Auch bei den ausserbernischen Klubs sitzen einige Berner in Schlüsselpositionen. In Lugano ist der Bieler Jean-Jacques Aeschlimann Geschäftsführer, in Kloten Pascal Müller und in Zug Reto Kläy Sportchef – zwei Langnauer. Simon Schenk, Architekt der modernen ZSC Lions, ist auch ein Berner.
Bereits vor der französischen Revolution blickten die Schweiz, ja ganz Europa mit einer eigentümlichen Faszination nach Bern und der berühmte französische Staatstheoretiker, Schriftsteller und Philosoph Baron Charles de Montesquieu hat einmal über Bern geschrieben:
Es gebe eine Republik, die kaum einer kenne, die aber im Geheimen und Stillen ihre Macht und Kraft jeden Tag mehre. Bern, die heimliche und stille Grossmacht.
Viel hat sich seit diesen Zeiten, als Bern einer der reichsten und mächtigsten Stadtstaaten Europas war. Als Napoléon den Bernern den Staatsschatz raubte und auf einen Wagen verladen liess, brachen bei der Fahrt zur Stadt hinaus auf der Nydeggbrücke die Achsen.
Dort, auf dieser Brücke, hat am Samstagnachmittag der Triumphzug der meisterlichen SCB-Helden in die Stadt begonnen. Das echte Gold ist längst zur Stadt hinaus, das sportliche Hockey-Gold aber kehrt regelmässig zurück. Bei den grandiosen Hockeyfeierlichkeiten am letzten Wochenende haben die Berner für einmal nicht im Geheimen und Stillen gezeigt, dass sie unser Hockey sportlich und politisch beherrschen. Das Bernbiet war für ein paar Stunden nicht nur die heimliche und stille, sondern eine ausgelassene, feiernde Grossmacht unseres Hockeys. Gloria Bernensis!