Schlagzeilen haben in dieser Saison andere Trainer geschrieben. Der gescheiterte Bandengeneral Hans Wallson und sein Nachfolger Hans Kossmann im Hallenstadion. Die Rückkehrer Kevin Schläpfer und Antti Törmänen. Der Neuling Luca Cereda in Ambri. Meistertrainer Kari Jalonen mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung in Bern oder Nationaltrainer Patrick Fischer mit seiner kläglich gescheiterten Olympia-Expedition.
War es je so windstill um Arno Del Curto wie in dieser Saison? Nein. Weil inzwischen klar ist, dass er bis zu seiner Pensionierung Trainer und Sportchef in Davos bleibt, gibt es nicht einmal mehr die früher alle Jahre wiederkehrenden Spekulationen, ob er ZSC- oder SCB-Trainer oder Nationalcoach werden könnte.
Und weil sein HCD in der Qualifikation die zweitschlechteste Klassierung seiner Amtszeit (seit 1996) eingefahren hat (6.) blieb es in den letzten Monaten auch sonst um den charismatischsten Trainer der Liga ruhig. Nur ein einziges Mal ist der HCD unter Arno Del Curto aus einer noch ungünstigeren Position in die Playoffs gestartet: im Frühjahr 2000 auf Rang 7. Zwei Jahre später holte ADC seinen ersten Titel.
Zu den ganz besonderen, kaum bekannten Stärken Arno Del Curtos gehört das Pokerspiel. Er hat sich in dieser Sparte schon gegen international ausgefuchste Profis bewährt (wie übrigens auch Nationaltrainer Patrick Fischer. Aber das ist ein anderes Thema). Der HCD-Trainer mag dieses Thema zwar ganz und gar nicht. Aber gerade jetzt ist es hoch interessant.
Ein zentraler Bestandteil des Pokerspiels ist das Bluffen. Also ist Arno Del Curto, da er ein guter Pokerspieler ist, auch ein guter Bluffer. Der Bluffer erweckt beim Pokern durch sein Verhalten den Eindruck, sein Blatt sei sehr viel aussichtsreicher, als das tatsächlich der Fall ist und so kann er auch mit schwachen Karten gewinnen.
Im Eishockey läuft Arno Del Curtos Bluff gerade umgekehrt. Er erweckt mit erstaunlichem Geschick den Eindruck, sein Blatt (bzw. die Chance seiner Mannschaft) sei sehr viel weniger aussichtsreich als es tatsächlich der Fall ist. Sozusagen reziprokes Bluffen. Mit dieser Tiefstapelei – sie hat längst Kultcharakter – rückt er den HCD in die Rolle des schier chancenlosen Aussenseiters. Keiner versteht es jeweils so gut wie Arno Del Curto, in einfachen, klaren Worten zu erklären, woran es beim HCD fehlt. Warum der Gegner besser, ja eigentlich unbesiegbar sei.
Wäre der HCD während seiner mehr als 20-jährigen Amtszeit schon dreimal bis in die 1. Liga abgestiegen, so könnte er mit bestem Wissen und Gewissen sagen, er hätte es ja immer schon gesagt.
Seine Tiefstapelei hat auch diese Saison bestens funktioniert. Und da er fünf der letzten sechs Qualifikationspartien verloren und «nur» den 6. Platz erreicht hatte, war seine Tiefstapelei besonders glaubwürdig. Zumal Gilles Senn und Joren van Pottelberghe in der Torhüter-Statistik der Qualifikation noch hinter Sandro Zurkirchen, Robert Mayer, Luca Boltshauser, Barry Brust oder Jonas Hiller klassiert sind.
Und nun haben die Davoser zum Playoff-Auftakt Biel, die Überraschungsmannschaft der Saison, gleich mit 5:2 aus der Halle gefegt. Gilles Senn war klar besser als Jonas Hiller. Wieder einmal ist der HCD besser als zuvor eingeschätzt. Item, die Zeichen stehen für den HCD auf Halbfinale.
Arno Del Curto hat wieder einmal nichts zu verlieren. Im Falle eines Scheiterns kann er verkünden: ich habe es ja gesagt. Und im Erfolgsfall stellt niemand Fragen. Der Sieger hat immer recht. Es ist halt doch kein Zufall, dass Arno Del Curto heute der amtsälteste Trainer der Welt ist. Und erstaunlich, dass die anderen Trainer die Kunst des Pokerspiels vernachlässigen.
Nur in einem Fall wird wohl alles Bluffen nichts helfen. Wenn Arno Del Curto gegen Biel das Halbfinale schafft, dann wartet möglicherweise (ganz sicher ist es aber noch nicht!) der SC Bern als Gegner. Auf ein Duell gegen den grossen Kari Jalonen würde ich mich ganz besonders freuen. Natürlich wird der grosse HCD-Zampano im Falle eines Falles dann den SCB als unbesiegbaren Giganten bezeichnen. Und da hätte er für einmal recht.