Der gestrige Fussball-Abend, so spannend er auch war, hinterlässt wohl nicht nur bei den Juve-Fans einen bitteren Nachgeschmack. Da führt Juventus Turin bei Real Madrid 3:0 und steht sensationell vor der Verlängerung, als ein Penalty-Pfiff und ein Platzverweis alles über den Haufen wirft.
Es war vielleicht das letzte Spiel in der Königsklasse für Gianluigi Buffon. Und dann verabschiedet sich die 40-Jährige Torhüter-Legende, einer der letzten Gentlemen des Fussballs, tatsächlich mit einer Roten Karte von der grossen Bühne?
Der Platzverweis gegen Buffon – es war sein erster im 118. Champions-League-Einsatz – war wohl gerechtfertigt. Nach dem Foul in der Nachspielzeit von Medhi Benatia an Lucas Vazquez regt er sich fürchterlich über den Penalty-Entscheid von Schiedsrichter Michael Oliver auf. Buffons Ärger ist verständlich – die Szene war auch äusserst strittig. Das gibt dem Juve-Keeper aber noch lange kein Recht, gleich derart auf den Schiedsrichter loszugehen und ihm wüste Worte an den Kopf zu werfen. «Fahr zur Hölle!», soll er gesagt haben.
Definite penalty for Real Madrid? Or way too harsh on Juventus? 🤔 Ronaldo with the goal to put Real through. Red card for Buffon. Sent off in quite possibly his last Champions League game. Mental. pic.twitter.com/iPZIl5X6vg
— Alex (@alex_rowell) April 11, 2018
Buffon hatte sich auch nach dem Schlusspfiff noch nicht beruhigt. Im Interview nach dem Spiel warf der Italiener dem Schiedsrichter vor, «einen Mülleimer anstelle seines Herzens» zu haben. Wenn man nicht die Sensibilität habe, die Tragweite eines solchen Entscheids zu verstehen, solle man besser mit Frau und Kindern auf der Tribüne sitzen und Chips essen, fuhr Buffon fort.
Nicht nur Buffon, auch seine Fans, ja die ganze Fussball-Welt ist aufgebracht. Ausgerechnet «Gigi», der auf der ganzen Welt für seine Klasse auf, vor allem aber auch neben dem Platz verehrt wird, soll sich SO für immer aus der Champions League verabschieden. Buffon, der neben grandiosen Paraden auch immer wieder seine Menschlichkeit zeigte.
Los aficionados de Italia pitando el himno de Suecia y Buffon aplaudiendo,eres GIGANTE Gianluigi.👏👏👏 pic.twitter.com/6ipPKmRq2d
— Zona_Blaugrana (@Zona_Blaugrana) November 13, 2017
Noch ist nicht klar, ob Buffon Ende Saison tatsächlich zurücktritt – im Nationalteam hat er zumindest den Rücktritt vom Rücktritt gegeben. Aber Ende Juni läuft sein Vertrag bei den Turinern aus. Falls es aber tatsächlich so weit kommt, wäre es ein Abgang, der seiner unwürdig ist.
Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass sich ein Weltklasse-Spieler mit Misstönen von der ganz grossen internationalen Bühne verabschiedet. Tatsächlich gibt es erstaunliche Parallelen zwischen Buffon und Real-Trainer Zinédine Zidane. 2006, im letzten Spiel seiner Karriere, notabene im WM-Final, flog der Franzose nach dem legendären Kopfstoss gegen Marco Materazzi vom Platz. Danach musste der damalige Mittelfeldspieler mit ansehen, wie sich Italien mit Buffon im Elfmeterschiessen den Weltmeistertitel holte.
2006 - Zidane is sent off in his last career game, Buffon wins the World Cup on penalties.
— Michael Yokhin (@Yokhin) 11. April 2018
2018 - Buffon is sent off in his last Champions League game, Zidane watches and wins on a penalty.
Nun ist es umgekehrt: Buffon musste aus der Garderobe zusehen, wie Zidane am Ende jubelte, weil Cristiano Ronaldo den strittigen Penalty in der 98. Minute verwandelte und so Juventus aus der Champions League warf. Und höchstwahrscheinlich die europäische Karriere einer Legende beendete.
Ronaldo, der seinerseits die Gemüter mit seinem euphorischen Oben-Ohne-Jubel erhitzte, hofft aber, dass Buffon weiterspielt. Der portugiesische Weltfussballer lobt seinen Gegner in den höchsten Tönen. Nach dem Spiel treffen sich die beiden Stars und Ronaldo tröstet Buffon mit einer Umarmung.
Regardless of how the game ended and where you stand because of it: you can appreciate this amazing sign of respect of two legends of the beautiful game: Cristiano Ronaldo & Gianluigi Buffon. pic.twitter.com/VoPJgdqNIq
— Roberto Rojas (@RobertoRojas97) April 11, 2018