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0 Siege – so dramatisch steht es vor Kitzbühel um Österreichs Ski-Stars

epa11830958 Stefan Eichberger of Austria reacts in the finish area during the Men's Super G race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Wengen, Switzerland, 17 January 2025. EPA/PETER KLAUNZER
Schon mal von Stefan Eichberger gehört? Er ist in Kitzbühel die grosse österreichische Speed-Hoffnung.Bild: keystone

Noch kein einziger Sieg – die Ösis greifen vor Kitzbühel und der Heim-WM nach Strohhalmen

Zwei Wochen vor Beginn der Heim-WM steckt das ÖSV-Männerteam in der Krise. Für Saalbach sind die Erwartungen in der einstigen Skination Nummer 1 so tief wie noch selten. Ausgerechnet in Kitzbühel soll der Befreiungsschlag gelingen.
23.01.2025, 06:4523.01.2025, 14:52
valentin oetterli, kitzbühel / keystone-sda
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Es gab reihenweise Saisons, da reisten Hermann Maier, Stephan Eberharter und Co. mit zehn, elf oder gar zwölf Siegen zum Klassiker in Kitzbühel an – und spielten ihre Dominanz auch am Hahnenkamm maximal aus. Die bis zu 50'000 Fans im Ziel und entlang der Streif gerieten ob der einheimischen Erfolgslawine erst recht in Party-Stimmung.

Zehntausende Fans, eine tolle Atmosphäre und ganz viele Partys wird es in Kitzbühel natürlich auch in den kommenden Tagen mehr als genug geben. Allerdings wohl eher trotz als aufgrund der sportlichen Leistungen der Gastgeber. Denn bislang in dieser Saison präsentierte sich die Truppe von ÖSV-Männerchef Marko Pfeifer sehr oft von ihrer schwachen Seite.

20 Rennen, null Siege

Es handelt sich um eine vergleichbare Situation wie diejenige der Schweizer Männer vor rund einem Jahrzehnt. Damals wurde man bei Swiss-Ski den eigenen wie auch den öffentlichen Ansprüchen in keinster Weise gerecht. Sieglos und fast ohne Podestplatz zu den Heimrennen in Wengen? Das war während einigen Jahren eher die Regel als die Ausnahme.

Manuel Feller of Austria reacts in the finish area during the second run of the men's Slalom race at the Alpine Skiing FIS Ski World Cup, in Wengen, Switzerland, Sunday, January 19, 2025. (KEYSTO ...
Wenn es Manuel Feller und Co. weiterhin so schlecht läuft, versteinern sich ihre Minen auch noch im wörtlichen Sinn.Bild: keystone

Vor den 85. Hahnenkamm-Rennen ist bei den Österreichern Krisenstimmung angesagt, will die mit Abstand erfolgreichste Nation in der Geschichte des Alpin-Weltcups insbesondere bei den Männern einfach nicht aus der Negativspirale finden. Nachdem 20 Rennen absolviert sind, steht der Zähler bei den Siegen noch auf null, Podestplätze gab es ebenfalls erst deren fünf.

Abfahrt als grösste ÖSV-Baustelle

Die Abfahrt ist dabei die grösste Sorgendisziplin der Österreicher: In vier Rennen kamen sie erst auf drei Top-10-Plätze, zwei davon durch Vincent Kriechmayr. Der 33-jährige Oberösterreicher ist als Neunter auch der einzige ÖSV-Fahrer, der nach etwas mehr als der Hälfte der Saison in den Top 35 der Gesamtwertung aufscheint.

Umso bedauerlicher, dass sich ausgerechnet der Doppel-Weltmeister von 2021 in Cortina und 18-fache Weltcupsieger zuletzt in Wengen bei seinem Sturz im Ziel-S verletzt hat. Für Kitzbühel, wo er 2023 die Abfahrt und 2021 den Super-G gewann, muss Kriechmayr wegen einer starken Zerrung des Innenbandes im rechten Knie Forfait geben. Die Teilnahme an der am 4. Februar beginnenden WM in Saalbach-Hinterglemm wird für den Routinier zu einem Wettlauf mit der Zeit.

Die Kritik des «Herminators»

Ohne Kriechmayr ist den einheimischen Speed-Fahrern in Kitzbühel eines gemeinsam: Sie haben – trotz zum Teil mehr als 150 Weltcup-Starts – auf oberster Stufe noch nie ein Rennen gewonnen. «Man muss eingestehen, dass es bei einigen Athleten schon ein Zufall wäre, wenn sie in die Top fünf fahren würden», kritisiert die österreichische Ski-Legende Hermann Maier die Qualität des ÖSV-Abfahrtsteams.

«Wir haben nur diese Fahrer und können nicht zaubern», sagt Cheftrainer Pfeifer. Zuletzt in Wengen war Otmar Striedinger als 17. mit fast zweieinhalb Sekunden Rückstand Österreichs Topfahrer. Der ebenfalls 33-jährige Daniel Hemetsberger war in dieser Saison in der Abfahrt nie besser als Elfter, Stefan Babinsky (28) erreichte maximal Rang 15. Aufgrund der auf das Team einprasselnden Kritik sei es, so Striedinger nach dem ersten Training am Dienstag in Kitzbühel, «am gescheitesten, keine Medien zu konsumieren».

Austria's ski star Hermann Maier sits next to his Super-G, downhill and Giant Slalom world titles' throphies as he hoists his Overall Skiing World Cup throphy after winning in a combined tim ...
Einen wie den «Herminator» vermissen sie in Österreich schmerzlich.Bild: AP

Austria is back?

Zu Hoffnungen Anlass gibt vor allem Stefan Eichberger. Der 24-Jährige preschte in Val Gardena mit Startnummer 56 auf den 6. Rang vor und verhinderte damit eine gröbere ÖSV-Schlappe. Im zweiten Training auf der Streif reihte er sich gar als Zweiter ein. Da zudem Hemetsberger am Mittwoch Vierter war, geriet der Speaker im Zielraum schon in Euphorie und kündigte an: «Austria is back.»

Diese Ankündigung mag unter Umständen für diesen Freitag (Super-G) und Samstag (Abfahrt) stimmen. Auf mittel- und längerfristige Sicht handelt es sich aber wohl eher um eine Wunschvorstellung. Während bei den Schweizern, angeführt vom immer noch vergleichsweise jungen Teamleader Marco Odermatt (27), die neue Speed-Generation um Franjo von Allmen (23), Alexis Monney (25) und Arnaud Boisset (26) schon für zahlreiche Siege und Podestplätze gesorgt hat und mit Lars Rösti und Marco Kohler weitere aufstrebende Fahrer vorhanden sind, besteht beim Erzrivalen im Osten wenig Aussicht auf schnelle und nachhaltige Besserung.

Weshalb die Routiniers mit Formproblemen kämpfen und der Nachwuchs im Weltcup fehlt, darüber wird in Österreich viel und kontrovers debattiert. Gemäss dem «Herminator» begann die Malaise schon früh, so übte er 2013 in einem Blog harsche Kritik in Richtung damalige ÖSV-Spitze. Schon damals bemängelte er, dass sich der Verband zu stark auf ein paar wenige Leistungsträger wie Marcel Hirscher konzentrierte. «Der zog sein Ding durch», so Maier, und habe durch seine Erfolge viele Mängel zugedeckt. «Aber», sagt der 54-fache Weltcupsieger auch, «gemeinsame Trainings mit den Jüngeren hat es nicht gegeben. Dabei lernt man nur von den Besten.» Genau diese in Österreich lange Zeit fehlende Team-Dynamik nehme er jedoch bei den Schweizern und Norwegern wahr.

Feller und Schwarz als (Technik-)Hoffnungsträger

Auf Seite der Techniker präsentiert sich die Ausgangslage bei den Österreichern besser, ist man breiter besetzt. Doch Manuel Feller, der im Vorjahr die Slalom-Disziplinenwertung gewann und auch im Riesenslalom zweimal auf dem Podest stand, ist in diesem Winter noch auf der Suche nach Konstanz.

Mit Marco Schwarz, der allerdings erst Mitte Dezember von einem Kreuzbandriss zurückkehrte, wartet auch der zweite ÖSV-Topfahrer bislang noch auf regelmässige Spitzenresultate. Doch «Blacky» verriet zuletzt in Adelboden mit Rang 9 im Riesenslalom und in Wengen als Slalom-Siebter deutliche Aufwärtstendenz. Nicht ausgeschlossen also, dass das Ausnahmetalent im Februar in Saalbach für Begeisterungsstürme unter den österreichischen Fans sorgen wird. (nih/sda)

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Alle Schweizer Sieger am Hahnenkamm in Kitzbühel
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