Sie waren einmal ganz oben. Weltmeister waren sie, Lauberhorn-Sieger. Der eine gewann ausserdem olympisches Gold und den Gesamtweltcup. Es waren glorreiche Zeiten. Es waren nicht Tage wie diese, die bei Carlo Janka und Patrick Küng im Zeichen des Versuchs stehen, den Anschluss an die Besten wiederherzustellen.
Die Tage, die geprägt waren von quälenden Zweifeln und unbeantworteten Fragen, sind Vergangenheit. Janka und Küng sehen Licht am Ende des Tunnels. Der Bündner verweist auf die wiedergewonnene Möglichkeit, das rechte Knie in Training und Wettkampf schmerzfrei und ohne Einschränkung belasten zu können. Die Hoffnung des Glarners auf Besserung beruht auf dem Wechsel des Ausrüsters, der nicht mehr Salomon, sondern Fischer heisst.
Trotz erfreulicher Tendenzen sind die beschwerlichen Tage noch nicht ausgestanden. Der lange Weg zurück erfordert weiter Geduld. Der Nachhall eines nicht operativ behandelten Kreuzbandrisses lässt sich ebenso wenig mit einem Schlag aus der Welt räumen wie das unbefriedigende Zusammenspiel zwischen Athlet und Material.
Janka macht die mentale Verarbeitung nach wie vor zu schaffen. Der Kopf ist noch nicht so weit wie der Körper. Das Vertrauen nach dem im Oktober vergangenen Jahres erlittenen Kreuzbandriss ist noch nicht zu 100 Prozent wiederhergestellt. «Es braucht Zeit, das Trauma zu verarbeiten. Aber die Richtung stimmt.» Einen weiteren Teil des Vertrauens hat sich Janka am vergangenen Wochenende in Abfahrt und Super-G in Lake Louise zurückgeholt, in Beaver Creek sollen in den kommenden Tagen weitere Schritte folgen.
Jankas Glaube daran, noch einmal zum Kreis der Besten gehören zu können, ist ungebrochen. «Sonst wäre ich nicht mehr hier», sagt er im Mannschafts-Hotel in Beaver Creek. «Ich mache alles, um nochmals konstante Leistungen abrufen zu können.» Seinen Fokus hat er primär auf den Speed-Bereich gelegt. Der Realist weiss, dass es ihm im Riesenslalom nicht mehr reichen wird, dorthin zu kommen, wo er einmal war.
Falls überhaupt, wird Janka die einstige Domäne erst wieder bei erreichten 500 Weltcup-Punkten in seine Überlegungen miteinbeziehen. Zudem müsste er sein Niveau anheben. «Während der Vorbereitung waren meine Leistungen nicht allzu gut.»
«Nicht allzu gut» erging es auch Patrick Küng in den vergangenen zwei Wintern. Das fehlende Vertrauen war bei ihm keine Kopfsache, sondern bedingt durch die stete Suche nach der optimalen Materialabstimmung. Das Gefühl auf den Ski war weg – und mit ihm der Spass und vor allem die Sicherheit. «Unter diesen Umständen wird es in der Abfahrt gefährlich.»
Küng sah lange keinen Ausweg aus der Krise. Der Rücktritt wurde zum Thema. Nach dem Renn-Wochenende in Kvitfjell im März brauchte er Zeit für sich. Er wollte mit sich ins Reine kommen, «die Sachen ordnen», wie er es nennt. «Aufhören war sicher ein Punkt. Nach der Rückkehr aus Norwegen hatte ich nicht mehr allzu grosse Lust.»
Gefühl, Spass, Sicherheit und Lockerheit – mittlerweile ist alles wieder da. «Es macht wieder mehr Freude, den Berg runterzufahren.» Den Berg runter rast Küng vorab in der Abfahrt. Der Super-G hat im Moment keine Priorität. Selbst teamintern hat Küng in dieser Disziplin schlechte Karten. In den aktuellen Aufgeboten mit neun Fahrern ist für ihn kein Platz.
Küng ist sich trotz Fortschritten in der Abfahrt bewusst, dass es auch nach dem Materialwechsel keine Garantie für die erhoffte Wende gibt. Der Auftakt in Lake Louise mit Platz 32 warf keine hohen Wellen. Immerhin verleihen die in den zwei Abfahrtstrainings in Lake Louise erbrachten Leistungen Zuversicht. In schwierigen Zeiten dienen selbst kleine Strohhalme dazu, sich daran festzuklammern.
Patrick Küngs Hoffnung lebt weiter. Die Gedanken an die Vergangenheit helfen dabei. An die Zeit, in der er ganz oben war. (sda)