Felix Loch ist nicht irgendein Sportler. Er ist seit Jahren der grosse Dominator im Rennrodeln. Olympiasieger 2010 in Vancouver, Olympiasieger 2014 in Sotschi und dort gleich auch noch mit dem Team. Loch, der 12-fache Weltmeister, war auserkoren, um in Pyeongchang sein drittes Einzel-Gold in Folge zu holen – und damit zum bayrischen Über-Rodler Georg Hackl («Hacklschorsch») aufzuschliessen, dem dieses Kunststück zwischen 1992 und 1998 gelang.
Nach drei Läufen liegt Loch voran, auch noch nach der Hälfte des vierten und entscheidenden Durchgangs. Doch dann passiert das Unvorstellbare. Der 28-Jährige verliert ein wenig die Kontrolle über seinen Schlitten, er prallt in die Bande, verliert dramatisch an Tempo – und wird noch bis auf Rang 5 durchgereicht.
¡¡El austríaco David Gleirscher, campeón olímpico de luge!! El fallo de Felix Loch le priva de la victoria y del podio.#WinterIsGaming
— Eurosport.es (@Eurosport_ES) 11. Februar 2018
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So kommt David Gleirscher zu Gold wie die Jungfrau zum Kind. Noch nie ist der 23-jährige Österreicher im Weltcup aufs Podest gefahren, nun gewinnt er gleich das wichtigste Rennen überhaupt. «I bin sprochlos, a Wahnsinn!», strahlt der Tiroler im ORF mit einem Gesicht, das vor Freudentränen ganz rot und aufgedunsen ist. «Für Felix tut's mir natürlich leid», sagt der Olympiasieger, «aber ich bin überglücklich.» Für unser Nachbarland ist es die 60. Goldmedaille an Winterspielen (die Schweiz steht bei 50).
Die Österreicher können es nicht fassen – und die im Rodeln so erfolgsverwöhnten Deutschen natürlich erst recht nicht. Loch sitzt nach seinem Lauf zusammengekauert wie ein Häufchen Elend da, sein Vater tröstet ihn. Norbert Loch ist zugleich der Bundestrainer und er sagt in der ARD: «So was habe ich überhaupt noch nie erlebt, bei Olympia erst recht nicht.» Sein Sohn wisse selber, was er für einen Fehler gemacht habe, «er hat sein Gold natürlich weggeschenkt».
Nachdem also der Topfavorit völlig unerwartet patzte, strahlt ein Trio vom Siegerpodest, das schier platzt vor Freude. Hinter Olympiasieger Gleirscher gewinnt Chris Mazdzer die erste Rodel-Medaille in der Geschichte der USA und Bronze geht an den Deutschen Johannes Ludwig. Zwei Tausendstel Vorsprung hat er nach vier Läufen auf den viertplatzierten Südtiroler Dominik Fischnaller. «Heute war der Rodel-Gott endlich mal auf meiner Seite», strahlt Ludwig. Er weiss, dass er nur deshalb eine Olympiamedaille erhält, weil seinem Teamkollege die Nerven versagten. «Aber der Felix hat in seiner Karriere schon so viel erreicht», sagt Ludwig, und: «So ist halt der Sport.»
Das letzte Wort gehört aber dem Hacklschorsch, als TV-Experte bei Olympia dabei: «Wir werden das gemeinsam mit einem Weissbier herunterspülen.»