Wäre die Erde so gross wie ein Ei, wir würden mit unseren Fingern nur eine glatte Schale spüren – selbst der Mount Everest wäre nur eine kaum wahrnehmbare Störung auf der Oberfläche. Doch für uns winzige Wesen erscheinen die Gebirge gewaltig – uns erscheint die Erde als ein Planet der Extreme. 14 davon stellen wir hier vor.
Jeder kennt den höchsten Berg der Welt: Der Gipfel des Mount Everest ist mit 8848 Meter über Meer der höchste Punkt des Planeten. Der 1953 erstmals bestiegene Koloss im Himalaja-Gebirge liegt in Nepal an der Grenze zu Tibet und ist mehr als 200 Meter höher als der zweithöchste Berg, der K2 im Karakorum.
Der Chimborazo ist mit 6310 Meter über Meer (andere Messung: 6267 m) der höchste Berg in Ecuador, aber lange nicht der höchste der Anden. Und doch kann der Vulkan mit gewissem Recht den Titel «höchster Berg der Erde» für sich beanspruchen. Wie ist das möglich? Der Grund liegt in der Form der Erde (Flacherdler bitte nicht weiterlesen), die eben keine perfekte Kugel ist, sondern ein Rotationsellipsoid. Aufgrund der durch die Erdrotation verursachten Fliehkraft ist der Erdradius am Äquator nämlich grösser und an den Polen kleiner. Der fast am Äquator gelegene Chimborazo ist vom Erdmittelpunkt aus gemessen (6384,557 km) mehr als zwei Kilometer höher als der weiter nördlich gelegene Mount Everest (6382,414 km).
Nicht genug mit den zwei kontinentalen Riesen: Auf der Insel Hawaii befindet sich noch ein weiterer Anwärter auf den Titel. Der Mauna Kea, dessen Gipfel 4205 Meter über dem Meeresspiegel thront, ist dann der höchste Berg der Erde, wenn man vom Meeresboden aus misst, der sich dort in etwa 6000 Meter Tiefe befindet. So gemessen erreicht der Vulkan eine Höhe von 10'203 Metern. Noch höher, nämlich über 17'000 Meter, wird der Mauna Kea, wenn man von seinem Fuss aus misst, der aufgrund seines enormen Eigengewichts tief in den Meeresboden eingesunken ist.
Dieser Berg ist ein Traum für Bergsteiger – oder ein Albtraum. Die Steilwand des Mount Thor auf der kanadischen Baffininsel ist mit 1250 Metern mehr als siebenmal so hoch wie das höchste Gebäude der Schweiz, der Roche-Turm. Die Wand weist einen Durchschnittswinkel von 105 Grad auf und ist damit die höchste mindestens senkrechte Steilwand der Welt.
Wer in La Rinconada wohnt, verbringt seinen Alltag in einer Höhe, die weit über den höchsten Alpengipfeln liegt: Der Ort in der peruanischen Provinz San Antonio de Putina befindet sich auf 5100 Meter über Meer und ist damit die höchstgelegene Stadt der Welt. Die höchstgelegene Stadt in Europa liegt übrigens in der Schweiz: Es ist Davos – der Bündner Kurort befindet sich allerdings in einer vergleichsweise bescheidenen Höhe von lediglich 1560 Meter über Meer.
Um die Ehre der tiefsten bekannten Stelle der Weltmeere streiten sich zwei Orte, die beide im Marianengraben im Pazifik liegen: Da ist zum einen das Witjastief 1 (manchmal auch «Witjastief 2» genannt), bei dem 1957 ein sowjetisches Forschungsschiff eine Tiefe von 11'034 Meter unter dem Meeresspiegel mass. Diese Messung konnte aber nie bestätigt werden. Zum andern gibt es noch das Challengertief (engl. «Challenger Deep»), das sich 10'984 Meter (± 25 m) unter dem Meeresspiegel befindet. Diese Stelle erreichte 2012 der Regisseur James Cameron mit einem Tauchboot; 52 Jahre zuvor waren ganz in der Nähe der Schweizer Jacques Piccard und der Amerikaner Don Walsh mit ihrem Tauchboot «Trieste» bis auf den Grund getaucht. Sie massen beim sogenannten Triestetief eine Tiefe von 10'916 Metern.
Wie beim höchsten Punkt kommt es auch beim tiefsten darauf an, worauf Bezug genommen wird. Die geringste Entfernung vom Erdmittelpunkt weist nämlich nicht der Marianengraben auf, sondern das vergleichsweise wenig bekannte Litketief (engl. «Litke Deep») im Nordpolarmeer. Wir erinnern uns: Aufgrund der an den Polen abgeplatteten Form der Erde befinden sich die Polregionen näher beim Erdmittelpunkt als die äquatornahen Breitengrade. Das Litketief ist 6351,61 Kilometer vom Zentrum des Planeten entfernt – der Marianengraben befindet sich im Vergleich dazu 14,7 Kilometer weiter vom Erdmittelpunkt weg.
Der tiefste Punkt der Erdoberfläche, der nicht vom Meer bedeckt ist, befindet sich in der Antarktis. Da erstaunt es nicht, dass er unter einer dicken Eisschicht liegt. Der Bentley-Subglazialgraben (engl. «Bentley Subglacial Trench») ist eine Senke im westantarktischen Marie-Byrd-Land, deren tiefster Punkt 2496 Meter unter dem Meeresspiegel liegt – damit ist diese Depression tiefer als der Grand Canyon.
Der tiefste zugängliche Punkt auf der gesamten Erd- und Meeresoberfläche ist – gemessen an der Distanz zum Erdmittelpunkt – der Meeresspiegel des Nordpolarmeers beim geografischen Nordpol. Die Distanz zum Zentrum der Erde beträgt 6356,77 Kilometer. Auch hier ist die Gestalt der Erde der Grund für die Nähe zum Erdmittelpunkt. Am Südpol, wo der Erdradius ebenfalls kleiner ist als am Äquator, ist die Erdoberfläche weiter vom Erdmittelpunkt entfernt als am Nordpol, denn der südliche Pol liegt auf einem Kontinent. Über dem Südpol befindet sich zudem noch eine fast drei Kilometer hohe Eisschicht.
Der tiefste nicht von Wasser oder Eis bedeckte Punkt der Erde – bezogen auf den Meeresspiegel – ist weitherum bekannt: Es handelt sich um das Ufer des Toten Meeres, das sich Jordanien, Israel und das von Israel besetzte Westjordanland teilen. Das Ufer liegt derzeit 432,65 Meter unter dem Meeresspiegel, doch da der Wasserspiegel des Toten Meeres allmählich sinkt, kommen jedes Jahr etwa 100 bis 120 Zentimeter dazu.
Hoch oben im Norden Europas, 158 Kilometer nördlich von Murmansk, finden wir die Kola-Bohrung (engl. «Kola superdeep borehole») – das bisher tiefste Bohrloch der Welt. 12'262 Meter tief ist das Bohrloch SG-3 in der Erdkruste, tiefer als der Marianengraben im Pazifik: Nirgendwo sonst ist der Mensch tiefer ins Erdinnere vorgestossen. Allerdings entspricht diese Tiefe nur gerade knapp 0,2 Prozent des mittleren Erdradius. Die geologische Bohrung wurde noch zu Sowjetzeiten – von 1970 bis 1989 – vorgenommen und diente ausschliesslich wissenschaftlichen Zwecken. Sie wurde gestoppt, als die Temperatur in der Tiefe zu hoch wurde. Manche Anhänger eines obskuren Weltbilds glauben deshalb, das Loch habe die Hölle angebohrt.
Der Wasserspiegel des Baikalsees im südlichen Sibirien liegt auf 455,5 Meter Höhe über Meer, doch es ist sein Grund, der uns hier interessiert. Mit einer Tiefe von 1642 Metern ist der Baikal der tiefste Süsswassersee der Welt; der Seeboden liegt 1186 Meter unter dem Meeresspiegel. Der Baikal ist zugleich der älteste Süsswassersee der Welt und – obwohl er in Sachen Fläche erst an sechster Stelle der Süsswasserseen kommt – auch der volumenreichste.
Erst seit diesem Jahr trägt die 2212 Meter tiefe Veryovkina-Höhle in der abtrünnigen georgischen Provinz Abchasien den Titel als tiefste bekannte Höhle der Welt. Zuvor hatte die ebenfalls in Georgien gelegene, 2197 Meter tiefe Krubera-Höhle als tiefste gegolten. Der Eingang der Veryovkina-Höhle liegt 2309 Meter über dem Meeresspiegel; das bedeutet, dass der tiefste bekannte Punkt der Höhle sich nur noch knapp hundert Meter über dem Spiegel des Schwarzen Meeres befindet.
Jericho liegt am Westufer des Jordans im israelisch besetzten Westjordanland und erhebt Anspruch darauf, die älteste Stadt der Welt zu sein. Zugleich ist sie die am tiefsten gelegene Stadt der Welt: Das Zentrum der Stadt liegt in einer Oase im Jordangraben und damit 258 Meter unter dem Meeresspiegel. Die tiefstgelegene Stadt in Europa ist übrigens nicht Amsterdam, sondern Astrachan an der Mündung der Wolga ins Kaspische Meer. Das Zentrum der russischen Stadt liegt 28 Meter unter dem Meeresspiegel.
Wie? Wie passen das Substantiv «Gipfel» und das Adjektiv «schnell» zusammen? Der Grund dafür liegt in der Rotation der Erde. Alle Punkte der Erdoberfläche mit Ausnahme der beiden Pole drehen sich mit, allerdings in einer Geschwindigkeit, die von der Entfernung von der Erdachse abhängig ist. Diese Entfernung ist mit 6383,95 Kilometern auf dem Gipfel des Cayambe, des dritthöchsten Bergs von Ecuador, am grössten. Er bewegt sich mit einer Geschwindigkeit 1675,89 km/h – verglichen mit 1481,67 km/h, die der Gipfel des wesentlich höheren Mount Everest erreicht.