Stephen Hawking war vermutlich der bekannteste Physiker der Gegenwart – nun ist er mit 76 Jahren gestorben. In seinem hinfälligen Körper wohnte ein potenter Geist, der sich mit den schwierigsten Fragen der Kosmologie auseinandersetzte – und diese über populärwissenschaftliche Bestseller einem breiten Publikum näher brachte.
Den Nobelpreis erhielt er zwar nicht, dafür eine Menge anderer Auszeichnungen; unter anderem wurde der bekennende Atheist 1986 in die Päpstliche Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Das sind seine wichtigsten drei Theorien:
Einsteins Durchbruch mit der Allgemeinen Relativitätstheorie bestand darin, Gravitation nicht als Kraft zu betrachten, sondern als eine geometrische Eigenschaft der Raumzeit, die durch Masse oder Energie «gekrümmt» wird. Ein massereiches Objekt wie die Sonne krümmt die Raumzeit um sich herum, was die Bewegungen von Objekten in der Nähe beeinflusst. So kann man sich die Erde vorstellen, als würde sie wie eine Murmel am Rande einer Schüssel entlangrollen, in deren Zentrum sich die Sonne befindet.
Gemäss der Theorie herrschen an einem Punkt, an dem diese Raumzeit unendlich gekrümmt ist, Zustände, die mit den physikalischen Gesetzen nicht mehr beschrieben werden können – es handelt sich um eine sogenannte Singularität.
Allerdings war nicht klar, ob Singularitäten tatsächlich existieren oder nicht. Roger Penrose bewies, dass Singularitäten tatsächlich in Schwarzen Löchern auftreten. Ende der Sechzigerjahre übertrugen Hawking und Penrose diese Idee auf das gesamte Universum und zeigten, dass Einsteins Gleichungen eine Singularität in der fernen Vergangenheit postulierten – den Urknall. Dort gerät die Allgemeine Relativitätstheorie an ihre Grenzen. Vor dem Urknall ist keine Zeit denkbar.
Schwarze Löcher sind das Ergebnis einer kosmischen Katastrophe: Wenn ein Riesenstern am Ende seiner Existenz explodiert und seine äusseren Schichten in einer Supernova ins All hinausjagt, kann sein Kern in sich zusammenfallen und – gemäss der Allgemeinen Relativitätstheorie – ein Schwarzes Loch bilden.
Schwarze Löcher haben einen sogenannten Ereignishorizont. Dies ist eine Art Grenzfläche, hinter der für einen Beobachter prinzipiell alles unsichtbar bleibt – auch das Schwarze Loch selbst. Hawking stellte ein Theorem auf, wonach der Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs niemals kleiner wird und ein Schwarzes Loch auch nie in in kleinere aufgeteilt werden kann. Auch wenn zwei Schwarze Löcher kollidieren und sich zu einem einzigen Schwarzen Loch vereinigen, ist dessen Ereignishorizont grösser.
Hawking hat nachgewiesen, dass die Oberfläche dieses Ereignishorizonts grösser sein muss als die Oberflächen der Ereignishorizonte der ursprünglichen Schwarzen Löcher zusammen. Er zeigte zudem, dass Schwarze Löcher durch nur drei Eigenschaften definiert sind: Masse, Drehimpuls und elektrische Ladung.
Die Gravitation in einem Schwarzen Loch ist derart gross, dass nichts daraus entkommen kann, nicht einmal Licht. So lautete jedenfalls die gängige Annahme. Hawking indes postulierte zu Beginn der Siebzigerjahre, Schwarze Löcher könnten zwar nicht schrumpfen, aber verdampfen – und zwar, indem sie winzige Teilchen und Energie abstrahlen.
Diese unglaublich geringfügige Strahlung ist nach Hawking benannt. Bis ein Schwarzes Loch verdampft, müssen allerdings ungeheure Zeiträume vergehen – so würde ein Schwarzes Loch von der Grösse unserer Sonne mehr Zeit zum Verdampfen benötigen, als seit dem Urknall vergangen ist. Kleinere Schwarze Löcher hingegen könnten schneller verdampfen und zum Ende hin grosse Energiemengen freisetzen – in der letzten Zehntelsekunde etwa so viel wie eine Million Wasserstoffbomben mit einer Megatonne Sprengkraft.
Kurz nach dem Urknall könnten Schwarze Löcher entstanden sein, die bedeutend kleiner als ein Atomkern sind. Sie wären schon längst verdampft, die von ihnen freigesetzte Strahlung könnte aber heute noch feststellbar sein. Bisher wurde jedoch noch kein Nachweis dafür gefunden.
(dhr)