Sterngucker können sich auf die totale Mondfinsternis vom 27. Juli besonders freuen. Es ist nämlich die einzige des Jahres. Und dazu die längste Mondfinsternis, die es in diesem Jahrhundert zu bestaunen gibt. Auch im vergangenen Säkulum gab es nur zwei, die länger waren – in den Jahren 2000 und 1982 –, doch beide konnte man von Europa aus nicht sehen.
Im All dreht sich eine ganze Menge. Die Erde dreht sich um sich selbst, zugleich umkreist sie die Sonne, während sie selber vom Mond umkreist wird. Dieses komplexe Zusammenspiel von Drehungen bestimmt, welcher Himmelskörper wann und wo vom Licht der Sonne beschienen wird. Der Mond leuchtet selber nicht; was wir als Mondschein wahrnehmen, ist reflektiertes Sonnenlicht.
Wenn die gesamte Mondscheibe hell und rund als Vollmond am Himmel steht, blicken wir aus der gleichen Richtung auf unseren Trabanten, aus der das Sonnenlicht kommt. Bei dieser Konstellation, die man Opposition nennt, stehen Sonne, Erde und Mond auf einer Linie; das heisst, Sonne und Mond befinden sich auf gegenüberliegenden Seiten der Erde. Eigentlich müsste in diesem Fall die Erde dem Sonnenlicht im Weg stehen und den Mond mit ihrem Schatten verdunkeln. Das geschieht tatsächlich, allerdings nur selten – eben dann liegt eine Mondfinsternis vor.
Der kegelförmige Erdschatten, der naturgemäss immer von der Sonne wegzeigt, läuft in rund 1,4 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde in einer Spitze aus. Die Mondbahn verläuft weit näher bei der Erde, der Kernschatten (Umbra) der Erde ist in Mondentfernung allerdings schon rund achtmal kleiner. Gleichwohl übertrifft der Durchmesser des Kernschattens jenen des Mondes um beinahe das Dreifache. Der Halbschatten (Penumbra), der den Kernschatten wie ein Ring umgibt, ist in dieser Entfernung etwa so breit wie ein Monddurchmesser (knapp 3500 Kilometer).
Dass der Mond normalerweise nicht in den Kernschatten der Erde gelangt, liegt daran, dass seine Bahn nicht genau auf der gleichen Ebene wie die Erdumlaufbahn (Ekliptik) liegt, sondern ihr gegenüber um etwa 5° geneigt ist. Im Extremfall ist der Mond 37'000 Kilometer von der Ekliptik entfernt und zieht ober- oder unterhalb des Erdschattens vorbei. Nur in zwei Punkten (den sogenannten Knoten) schneidet seine Bahn bei jedem Umlauf die Ekliptikebene. Zu einer Mondfinsternis kommt es immer dann, wenn ein Vollmond nahe genug an einen dieser beiden Schnittpunkte kommt. Diese Konstellation tritt pro Jahr etwa zweimal ein.
Es gibt unterschiedliche Typen von Mondfinsternissen – je nachdem, durch welche Teile des Erdschattens der Mond zieht:
Bei der Mondfinsternis am 27. Juli handelt es sich um eine totale Kernschattenfinsternis.
Nur etwa 2¼ Stunden nach Vollmond kreuzt der Mond die Ekliptik. Um 19.14 Uhr berührt er den Aussenrand des Halbschattens – doch dies können wir hier in der Schweiz nicht beobachten, da der Mond sich dann noch unter dem Horizont befindet. In den Kernschatten tritt er um 20.24 Uhr ein. Auch dieses Ereignis ist von hier aus nicht sichtbar.
Wenn der Mond hier um 21 Uhr – 8 Minuten vor Sonnenuntergang – aufgeht, befindet er sich also bereits tief, aber noch nicht vollständig im Kernschatten. Seine Scheibe bildet dann eine Sichel und dürfte in der sommerlichen Dämmerung kaum zu sehen sein. Die totale Phase beginnt um 21.30 und dauert ganze 104 Minuten. Die maximale Verdunkelung ist um 22.22 Uhr erreicht.
Danach bewegt sich der Trabant wieder aus dem Kernschatten hinaus. Die totale Finsternis endet um 23.13 Uhr, wenn der Mond dessen Rand von innen her berührt. Um 0.19 Uhr endet auch die partielle Finsternis; der Mond verlässt dann den Kernschatten vollständig. Die Halbschattenfinsternis ist um 1.28 Uhr beendet, wenn der Mond den Erdschatten vollständig verlässt.
Die gesamte Finsternis – von Eintritt bis Austritt aus dem Halbschatten – dauert 377 Minuten, das sind mehr als sechs Stunden. Damit gehört sie zu den zehn Prozent längsten. Die ausserordentliche Länge dieser Finsternis hat damit zu tun, dass der Mond den Erdschatten in der Mitte durchwandert – wenn er lediglich durch die Randzonen zieht, dauert die Finsternis weniger lange.
Zudem ist die Entfernung zwischen der Erde und dem Mond diesmal besonders gross; der Erdtrabant durchläuft nur 15 Stunden zuvor einen der erdfernsten Punkte des Jahres. Er erscheint so zwar kleiner – in der Tat ist es der kleinste Vollmond des Jahres –, braucht aber länger, um den Erdschatten zu durchqueren.
In der Schweiz ist zwar nicht die gesamte Finsternis sichtbar, weil der Mond hier erst nach Beginn der partiellen Finsternis aufgeht. Die totale Phase, in der er sich vollständig im Kernschatten befindet, kann aber bei guten Wetterverhältnissen beobachtet werden. Das Himmelsspektakel ist nicht nur in Europa, sondern auch von Südamerika, Afrika, Asien und Australien aus zu sehen.
Allerdings steht der Mond sehr flach – typisch für den Sommermond. Darum sollte man im Freien einen etwas erhöhten Standort mit möglichst freier Sicht auf den Horizont aufsuchen. Am besten eignet sich ein Hügel mit Blick Richtung Südosten, wo der Mond aufgeht. Zudem sollte man darauf achten, dass es in der Nähe möglichst wenig Lichtquellen hat.
Wenn freilich das Wetter nicht mitspielt, nützt auch der beste Standort nicht viel. Wolken könnten den Beobachtern einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Sie müssten dann auf die nächste totale Mondfinsternis warten: Am 21. Januar 2019 ist es wieder soweit. Eine totale Mondfinsternis von ähnlicher Länge wie am 27. Juli gibt es allerdings erst wieder im Jahr 2123.
Auch wenn der Mond vollständig im Erdschatten steht, bleibt er in aller Regel sichtbar, nimmt aber eine dunklere Färbung an. Diese kann von dunkelgelb über orange bis rötlich-braun reichen. Dieses Phänomen wird «Blutmond» genannt.
Es entsteht durch das Streulicht der Sonne, das durch die Erdatmosphäre in den Schattenkegel hinein gebrochen wird. Die Moleküle in der Atmosphäre filtern zudem die kurzwelligen blauen Anteile des Lichts stärker, sodass vor allem langwelliges rotes Licht den Mond erreicht und beleuchtet.
Zum Blutmond gesellt sich dank eines netten Zufalls der Rote Planet, der Mars. Er erreicht seine Opposition – das heisst, er befindet sich in einer Linie mit der Erde und der Sonne – und steht dann weniger als 6° vom Mond entfernt. Er erscheint als roter Leuchtpunkt etwas unterhalb des Mondes. Die Entfernung zur Erde beträgt dann «nur» 57 Millionen Kilometer – nicht viel mehr als der Minimalabstand von rund 54 Millionen Kilometern.
Der Mars wird das hellste Gestirn am Nachthimmel sein und für einmal sogar den Jupiter auf die Plätze verweisen. Im Teleskop erscheint seine Scheibe relativ gross und es ist möglich, einen Blick auf Oberflächendetails des Nachbarplaneten zu erhaschen, zum Beispiel auf seine Polkappen. Leider steht auch der Rote Planet in diesem Jahr tief am Himmel.
(Mit Material der SDA)