«Weisst du, wie viel Sternlein stehen», heisst es in einem Volkslied. Wir wissen: Es sind unfassbar viele. So viele, dass der Gedanke wenig plausibel erscheint, in diesem gigantischen Gewimmel gebe es nur auf einem einzigen Planeten intelligentes Leben: auf der Erde.
Darum wohl stellte der amerikanische Astrophysiker Frank Drake 1961 seine Berechnung der Wahrscheinlichkeit von ausserirdischen Zivilisationen vor. Je nach Gewichtung der Faktoren, die in diese mittlerweile berühmt gewordene Drake-Gleichung einfliessen, schwankt die Zahl der potenziellen Alien-Zivilisationen. Bei der optimistischen Annahme ergibt sich allein schon für die Milchstrasse ein Wert von vier Millionen Zivilisationen.
Aber wenn es sie gibt – wo sind sie denn? Das fragte sich auch der italienische Physiker und Nobelpreisträger Enrico Fermi, der diesen Widerspruch als Fermi-Paradox berühmt machte. Obwohl die Distanzen im All riesig sind, könnte eine technisch fortgeschrittene Zivilisation, die über mehrere dutzend Millionen Jahre existiert, die rund 100'000 Lichtjahre breite Milchstrasse vollständig kolonisieren. Doch wir treffen auf eine ohrenbetäubende Funkstille.
Vielleicht verstecken sich all die anderen Zivilisationen da draussen. Oder die Lebensformen sind uns so fremd, dass wir sie gar nicht wahrnehmen können. Vielleicht haben sie sich aber auch ausgelöscht, bevor sie interstellare Reisen und Kommunikation so weit entwickelt hatten, dass sie mit uns Kontakt hätten aufnehmen können. Das sind einige der Erklärungsversuche, warum wir noch keine Ausserirdischen im Weltall entdeckt haben.
Möglicherweise liegt es ganz einfach daran, dass es nur ganz wenige, weit verstreute Alien-Zivilisationen gibt – oder gar keine. Forscher um Anders Sandberg von der Universität Oxford weisen jedenfalls darauf hin, dass die Vorstellung vom Universum voller hoch entwickelter Zivilisationen falsch sein könnte. Die Studie ist bisher nur auf der Online-Plattform arXiv.org erschienen, soll aber demnächst im Fachblatt «Proceedings of the Royal Society A» veröffentlicht werden.
Sandberg und Kollegen zeigen, dass die Anzahl anderer Zivilisationen auf Basis Drake-ähnlicher Gleichungen überschätzt wird. Grund dafür sei, dass die Unsicherheit der einzelnen Parameter dieser Modelle nicht genug berücksichtigt wurde.
Das Problem: Auch die einzelnen Parameter sind Schätzungen, weil exakte Daten fehlen. Für ihren Fachartikel ermittelten Sandberg und Kollegen anhand aktueller Fachliteratur, wie grob die Schätzungen und damit wie unsicher die verwendeten Werte sind. Anstelle fester Werte setzten sie Wahrscheinlichkeitsverteilungen ein und erhielten somit ein ganz anderes Bild von der möglichen Existenz anderer Zivilisationen.
Je nachdem, wie optimistisch oder pessimistisch sie die Werte innerhalb der Wahrscheinlichkeitsverteilung wählten, ermittelten die Wissenschaftler Wahrscheinlichkeiten zwischen 53 und über 99 Prozent, dass wir allein in der Milchstrasse sind. Für das ganze sichtbare Universum lagen die Wahrscheinlichkeiten zwischen 39 und 85 Prozent.
Es gehe jedoch nicht darum, exakte Wahrscheinlichkeiten für extraterrestrische Zivilisationen zu berechnen, stellt Sandberg fest. Vielmehr gehe es um die Erkenntnis, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit nur wenige Zivilisationen gibt. Wir sollten also «nicht überrascht sein, wenn wir keine Anzeichen für anderes intelligentes Leben finden», schreiben die Wissenschaftler im Fachartikel.
Aufgeben sollte man die Suche nach Aliens im Zuge von Programmen wie SETI trotzdem nicht: Sollten wir Spuren von Leben auf anderen Planeten entdecken, würde das die Wahrscheinlichkeitsverteilungen in der Gleichung verschieben, erklärte Sandberg. SETI weiter zu verfolgen sei wichtig, denn nur so könnten wir unsere Stellung im Universum besser verstehen und abschätzen, wie es um die Zukunftsperspektive der Menschheit stehe.
Bis SETI fündig wird, müssen wir davon ausgehen, dass Ausserirdische wahrscheinlich zu weit von uns entfernt existieren. Womöglich jenseits des für uns sichtbaren Teils des Universums und für immer unerreichbar, wie Sandberg und Kollegen abschliessend schreiben. (sda/dhr)