Schweiz
Bundesrat

Nur Machtspielchen können Keller-Sutter noch stoppen

Karin Keller-Sutter, Staenderatspraesidentin, an der Appenzeller Landsgemeinde, vom Sonntag, 29. April 2018, in Appenzell. (KEYSTONE/Patrick Huerlimann)
Heute hat Ständerätin Karin Keller-Sutter ihre Karten auf den Tisch gelegt.Bild: KEYSTONE

Nur Machtspielchen können Keller-Sutter noch stoppen

FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter hat heute bekannt gegeben, dass sie für die Nachfolge von Bundesrat Johann Schneider-Ammann kandidieren will. Ihre Favoritenrolle ist solider denn je.
09.10.2018, 12:0516.10.2018, 14:39
Mehr «Schweiz»

Die Bedenkzeit ist vorbei: Genau zwei Wochen nach der Rücktrittserklärung von Bundesrat Johann Schneider-Ammann gibt die St.Galler FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter bekannt, dass sie für die Nachfolge kandidieren will.

Keller-Sutter hatte bereits 2010 kandidiert, aber gegen Schneider-Ammann verloren. Heute sind ihre Chancen wesentlich grösser. Als St.Galler Regierungsrätin war Keller-Sutter damals in Bern wenig bekannt. Das hat sich seit ihrer Wahl in den Ständerat 2011 gründlich geändert. In diesem Jahr hat sie die kleine Kammer präsidiert. Gleichzeitig konnte sie ihr Image der rechtsbürgerlichen Hardlinerin aufweichen. Selbst Linke bezeichnen sie heute als wählbar.

Druck in der Frauenfrage

Wer folgt auf Bundesrat Schneider-Ammann?

1 / 13
Wer folgt auf Bundesrat Schneider-Ammann?
Der FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann hat nach acht Jahren im Dienst seinen Rücktritt gegeben. Das Rennen um seinen Sitz ist eröffnet.
quelle: keystone / martin ruetschi
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Seit Jahren gilt Karin Keller-Sutter als Kronfavoritin für die Nachfolge von Schneider-Ammann. Er selbst soll sie als Wunschkandidatin bezeichnet haben. In den letzten zwei Wochen sind ihre Chancen weiter gestiegen. Das betrifft etwa die Frauenfrage: Die FDP Schweiz steht unter grossem Druck, 30 Jahre nach dem Rücktritt von Elisabeth Kopp endlich wieder eine Frau in den Bundesrat zu entsenden.

Das Feld der potenziellen Kandidatinnen ist jedoch geschrumpft. Erst nahm sich Parteipräsidentin Petra Gössi – die wohl gefährlichste Rivalin von Keller-Sutter – selbst aus dem Rennen. Dann sagten die Nationalrätinnen Christa Markwalder (BE) und Daniela Schneeberger (BL) ab. Auch die freisinnigen Regierungsrätinnen wollen nicht nach Bern wechseln.

FDP-Frauen-Präsidentin Doris Fiala, die mit ihren 61 Jahren nicht kandidieren will, fragte gemäss der Sonntagspresse alle Regierungsrätinnen an, erhielt jedoch nur Absagen oder gar keine Antwort. Die Zürcher Nationalrätin Regine Sauter will sich eine Kandidatur überlegen. Sie ist jedoch erst seit drei Jahren in Bern und verfügt über keine Exekutiverfahrung.

Petra Gössi über ein reines Frauenticket

Video: watson/Christoph Bernet

Doris Fialas Traum von einem reinen Frauenticket droht deshalb ein frühes Ende. Was auch mit der herausragenden Favoritenrolle von Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter zusammenhängt, wie Fiala gegenüber dem «Sonntagsblick» einräumte: «Sie überstrahlt alles.» Falls sie die interne Prüfung übersteht, dürfte sie am 16. November von der FDP-Fraktion auch nominiert werden.

Wenig regionale Konkurrenz

Der Faktor Region spricht ebenfalls für Keller-Sutter. Der Ausserrhoder Ständerat Andrea Caroni will aus Rücksicht auf seine junge Familie nicht kandidieren. Andere aussichtsreiche Anwärter aus dem östlichen Landesteil sind rar. Spekuliert wird über eine mögliche Kandidatur des St.Galler CVP-Regierungsrats Benedikt Würth.

Womit wir beim einzigen Faktor wären, der Keller-Sutter gefährlich werden kann: Machtspielchen im Bundeshaus. So wird die Nachfolge von CVP-Bundesrätin Doris Leuthard am 5. Dezember zuerst geregelt. Falls die Bundesversammlung eine Frau oder eine Person aus der Ostschweiz wählt, könnte Karin Keller-Sutter auf der Zielgeraden noch ins Stolpern geraten.

Warum nicht ein Einerticket?

Ein Risikofaktor bleibt der meistgenannte männliche Herausforderer in der FDP, der Bündner Ständerat Martin Schmid. Er ist ausserhalb seines Kantons wenig bekannt, gilt in Bundesbern aber als einflussreich und gut vernetzt. In der SVP geniesst er einige Sympathien, und selbst in der FDP gibt es gemäss der «SonntagsZeitung» Überlegungen, Schmid statt Keller-Sutter zu wählen.

Solche Machtspielchen gab es bei Bundesratswahlen in der Vergangenheit immer wieder. Manchmal hatten sie Erfolg, etwa bei der spektakulären Abwahl von Christoph Blocher 2007. In der Regel allerdings finden sie in den Medien statt, die sich gerne auf solche Luftnummern einlassen. Faktisch findet man in den meisten Fällen dafür keine Mehrheit im Parlament.

Und wenn die FDP wirklich voll auf die Frauenkarte setzen will, bleibt ihr eine Option: Sie nominiert Karin Keller-Sutter als einzige offizielle Bewerberin. Einerkandidaturen waren früher die Regel. Erst seit den 1980er Jahren haben sich «Auswahlsendungen» etabliert, und noch 2006 stellte die CVP Doris Leuthard als einzige Kandidatin für die Nachfolge von Joseph Deiss auf. 

Die Medienkonferenz von Karin Keller-Sutter in Wil SG findet um 15 Uhr statt. watson berichtet live.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
32 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Theor
09.10.2018 12:31registriert Dezember 2015
Bin ich der einzige, der es schrecklich findet, wenn er bei den Artikeln zur Wahl auf das höchste Schweizer Amt immer wieder über die Argumente "XY gilt als gut vernetzt und in Bern einflussreich" stolpere?

Als Bürger würde mir wünschen, dass einer ins Amt kommt, der perfekt für den Job geeignet ist, die Demokratie im Herzen trägt und die Gewaltenteilung anerkennt und verteidigt. Aber so scheint es, als würden Ränkelspielchen und persönliche "Handwäschereien" die Wahl entscheiden. Das Parlamentsgebäude in Bern wird zum zwielichtigen Ort nicht für Volksvertreter, sondern für Ränkeschmieder.
11926
Melden
Zum Kommentar
avatar
Salvador Al Daliente
09.10.2018 14:07registriert Oktober 2018
Vielleicht, nur vielleicht, ist Karin Keller-Sutter nach Johann Schneider-Ammann etwas zu viel Porno?
7415
Melden
Zum Kommentar
avatar
themachine
09.10.2018 14:34registriert Juni 2015
Mit ihrem Verwaltungsratsmandat bei der Bâloise AG passt sie jedenfalls schon mal hervorragend zum Kranken-Cassis...😒
6216
Melden
Zum Kommentar
32
Blick auf aktuelle Gesundheitskosten zeigt: Krankenkassenprämien steigen 2025 wohl erneut
Kaum ist der Krankenkassenschock aus dem letzten Jahr verdaut, kommt schon die nächste Hiobsbotschaft: Auch 2025 werden die Prämien wohl wieder steigen. Das zeigt eine Gesundheitskosten-Übersicht für das laufende Jahr.

Die hohen Krankenkassenprämien machen gemäss dem neusten Sorgenbarometer den Schweizerinnen und Schweizer derzeit am meisten zu schaffen. Im letzten Jahr stiegen sie im landesweiten Durchschnitt um 8,7 Prozent auf 359 Franken pro Monat an.

Zur Story