Angriff auf Paris
Deutschland

Günther Jauch: Dieses Paar hat im Bataclan überlebt

Bei Günther Jauch schildern Julia und Thomas Schmitz, wie sie den Anschlag in der Konzerthalle überlebt haben.
Bei Günther Jauch schildern Julia und Thomas Schmitz, wie sie den Anschlag in der Konzerthalle überlebt haben.
Bild: screenshot ard/günther jauch

«Man hat wirklich gedacht: Ich sterbe jetzt. Hoffentlich tut's nicht weh und es geht schnell»

Thomas Schmitz will seinen Geburtstag mit Ehefrau Julia in Paris feiern. Doch aus einem perfekten Tag wird der schlimmste ihres Lebens. In der Sendung «Günther Jauch» erzählen die beiden, wie sie den Attentätern entkommen sind.
16.11.2015, 11:5716.11.2015, 12:10

Thomas Schmitz feiert am 13. November seinen Geburtstag. Von seiner Frau bekommt er zu diesem Anlass eine Paris-Reise – inklusive Konzert-Besuch – geschenkt. Die beiden sind grosse Fans der Band «Eagles of Death Metal». Als gegen 21.30 Uhr die Katastrophe ausbricht, befindet sich das Ehepaar auf dem oberen Rang der Konzerthalle Bataclan. Gerade mal 48 Stunden später sitzen sie bei Günther Jauch in der Sendung und erzählen, wie sie die Nacht der Anschläge überlebt haben.

«Im ersten Moment denkt man nicht an eine Gefahr, sondern vielleicht an einen Gag, der zur Show gehört», berichtet Thomas Schmitz. Doch nach kurzer Zeit wird beiden klar, dass dies kein Scherz ist. So schnell wie möglich wollen sie den oberen Rang verlassen, doch das geht nicht: «In dem Moment fielen Schüsse, also blieb uns nichts anderes übrig, als wieder nach oben zu rennen», so der junge Mann aus Köln.

Der Backstageraum rettet 30 Leben

Bild
Bild: screenshot ard/günther jauch

Zu ihrem grossen Glück befindet sich dort ein Backstageraum, der dem Ehepaar und rund 30 weiteren Menschen das Leben rettet. «Als die Tür eigentlich schon zu war, haben wir sie noch einmal kurz geöffnet, um noch zwei oder drei weitere Leute reinzulassen, aber dann mussten wir die Entscheidung treffen», erklärt Julia Schmitz. Und diese Entscheidung bedeutete: Tür zu und alles verbarrikadieren.

«Wir haben ein Sofa, einen Kühlschrank und alles, was sperrig und schwer war, vor die Tür geschoben. Dann haben wir uns auf den Boden gelegt und mit aller Kraft dagegen gedrückt», erzählt Thomas Schmitz. Insgesamt drei Stunden verbringen sie in dem Raum, vor dessen Fenster ein Gitter befestigt ist.

Als die Polizei das Konzerthaus stürmt, versucht einer der Attentäter in den Backstageraum zu gelangen. Thomas Schmitz erinnert sich: «Das war das Schlimmste. Wir haben alle zusammen gegen die Möbel gedrückt, damit die nicht reinkommen können.» In diesem Moment glaubt der junge Mann nicht mehr daran, den Raum lebendig verlassen zu können. «Man hat sich wirklich gedacht: Ich sterbe jetzt. Hoffentlich tut's nicht weh und es geht schnell.» Seine Frau empfand genau dasselbe: «Man schliesst tatsächlich ab. Ich war mir fast durchgehend sicher: Wir überleben das nicht.»

«Mich haben sie sechsmal kontrolliert, weil sie einfach nicht sicher waren.»
Thomas Schmitz
Bild
Bild: screenshot ard/günther jauch

Doch sie überleben: Weil ein Polizist den Attentäter genau vor dem Raum, in dem sich das Ehepaar befindet, niederstreckt. (Anm. d. Red.: Die Ausführungen der beiden sind hier etwas widersprüchlich. Es ist nicht ganz klar, ob der Attentäter erschossen wird oder sich selbst in die Luft sprengt.) Julia und Thomas Schmitz hören und spüren die Detonation, doch anschliessend dauert es noch eine ganze Weile, bis sie den Raum verlassen. Weil sie sich nicht trauen, die Tür zu öffnen.

«Wir waren uns nicht sicher, ob das wirklich die Polizei war, die dort an die Tür klopfte», erklärt Thomas Schmitz. Einer der Anwesenden ist dann ans Fenster getreten und hat mit den Polizisten, die sich auf der Strasse befanden, diskutiert. Erst als sie ganz sicher sind, öffnen sie die Tür.

«Der komplette Weg war gepflastert von toten Körpern.»
Julia Schmitz

«Dann wurden wir rausgebracht. Die haben uns angetrieben und angeschrien. Wir mussten alle die Hände hoch machen. Mich haben sie sechsmal kontrolliert, weil sie einfach nicht sicher waren», erzählt der Kölner. Trotz der Hektik bleibt den beiden genug Zeit, um die schrecklichen Bilder zu verinnerlichen: «Man will natürlich nicht gucken, aber man sieht sich trotzdem rechts und links um und der komplette Weg war gepflastert von toten Körpern», berichtet Julia Schmitz.

Angriff auf Paris

Zeit, um zur Ruhe zu kommen und das Ganze zu verarbeiten, hatte das Ehepaar bisher noch nicht. Doch auf Jauchs Frage, ob ihnen nun die Lust an Konzerten vergangen sei, antworten sie klar und deutlich: «Nein. Das ist doch genau das, worauf da abgezielt wird und da werden wir natürlich nicht einknicken. Es wird sicherlich eine Zeit dauern, bis wir uns wieder auf so ein Konzert wagen. Aber wir werden unser Leben weiterleben und Spass haben.» (viw)

[viw,21.03.2016] Anschläge in Paris
Video zeigt Festnahme von Salah Abdeslam – weiterer Komplize von Paris-Attentätern identifiziert
Video zeigt Festnahme von Salah Abdeslam – weiterer Komplize von Paris-Attentätern identifiziert
Die Namen des Horrors von Paris
Die Namen des Horrors von Paris
«Eagles of Death Metal»-Frontmann nach Auftritt im Bataclan: «Jeder sollte eine Waffe haben»
24
«Eagles of Death Metal»-Frontmann nach Auftritt im Bataclan: «Jeder sollte eine Waffe haben»
6 Indizien dafür, dass der IS schwächer ist, als wir dachten
17
6 Indizien dafür, dass der IS schwächer ist, als wir dachten
von William Stern
Anonymous will IS-Terroristen mit Trojaner​ in die Falle locken
10
Anonymous will IS-Terroristen mit Trojaner​ in die Falle locken
von Raffael Schuppisser 
«Daesh»: Ein Wort im Krieg – ein Sprachwissenschaftler erklärt, wie Sprache Macht ausübt
14
«Daesh»: Ein Wort im Krieg – ein Sprachwissenschaftler erklärt, wie Sprache Macht ausübt
von LARISSA M. BIELER
Warum es den IS zur Weissglut bringt, wenn Hollande und Obama ihn «Daesh» nennen
33
Warum es den IS zur Weissglut bringt, wenn Hollande und Obama ihn «Daesh» nennen
Drei (!) Trottel schreiben was auf Facebook und «20 Minuten» macht daraus: «Schweizer Extremisten feiern Attentäter» – vielen Dank!
213
Drei (!) Trottel schreiben was auf Facebook und «20 Minuten» macht daraus: «Schweizer Extremisten feiern Attentäter» – vielen Dank!
von Hansi Voigt
Mit diesen Liedern verarbeiten watson-User die Anschläge von Paris
4
Mit diesen Liedern verarbeiten watson-User die Anschläge von Paris
von Viktoria Weber
Hacker sagen IS den Kampf an
1
Hacker sagen IS den Kampf an
«Für die Muslime ist klar, dass die Anschläge nichts mit der Religion zu tun haben» – Höchster Muslim der Schweiz warnt vor Stigmatisierung
16
«Für die Muslime ist klar, dass die Anschläge nichts mit der Religion zu tun haben» – Höchster Muslim der Schweiz warnt vor Stigmatisierung
IS-Zelle in Winterthur? «Daran besteht kein Zweifel mehr»
7
IS-Zelle in Winterthur? «Daran besteht kein Zweifel mehr»
Das Ziel des Islamischen Staats ist eine blutige Apokalypse
3
Das Ziel des Islamischen Staats ist eine blutige Apokalypse
Das sagt der Bruder von Salah und Ibrahim Abdeslam zum Attentat
6
Das sagt der Bruder von Salah und Ibrahim Abdeslam zum Attentat
Eine Rückkehr zu mehr Nationalismus kann den Terror nicht bekämpfen – unser Fortschritt schon
77
Eine Rückkehr zu mehr Nationalismus kann den Terror nicht bekämpfen – unser Fortschritt schon
von Philipp Löpfe
900 Euro und zwei Stunden Zeit: So leicht kommen Terroristen an eine Kalaschnikow
19
900 Euro und zwei Stunden Zeit: So leicht kommen Terroristen an eine Kalaschnikow
von Sven Altermatt
«Man hat wirklich gedacht: Ich sterbe jetzt. Hoffentlich tut's nicht weh und es geht schnell»
«Man hat wirklich gedacht: Ich sterbe jetzt. Hoffentlich tut's nicht weh und es geht schnell»
«Dutzende Menschen wurden vor meinen Augen getötet» – vier Augenzeugenberichte aus Paris
«Dutzende Menschen wurden vor meinen Augen getötet» – vier Augenzeugenberichte aus Paris
Was ist wann und wo passiert? – Die Chronik der Pariser Terrornacht
6
Was ist wann und wo passiert? – Die Chronik der Pariser Terrornacht
Paris ist nicht sicher, wir sind nicht sicher – und damit werden wir leben müssen
82
Paris ist nicht sicher, wir sind nicht sicher – und damit werden wir leben müssen
von Hansi Voigt
Handy-Video zeigt, wie Menschen aus dem Club «Bataclan» fliehen (Achtung: Einige der Szenen können schockieren)
10
Handy-Video zeigt, wie Menschen aus dem Club «Bataclan» fliehen (Achtung: Einige der Szenen können schockieren)
«Zum Teufel mit dir, Tod!» – Das sagt Karikaturist Joann Sfar zu den Anschlägen
8
«Zum Teufel mit dir, Tod!» – Das sagt Karikaturist Joann Sfar zu den Anschlägen
Video: Hier stürmt die Polizei das Bataclan
Video: Hier stürmt die Polizei das Bataclan
Augenzeuge des Bataclan-Massakers: «Es war ein Blutbad»
Augenzeuge des Bataclan-Massakers: «Es war ein Blutbad»
«Hier in Paris fragen sich jetzt alle: Warum immer wir?»
4
«Hier in Paris fragen sich jetzt alle: Warum immer wir?»
von Hansi Voigt
Von Bologna bis Charlie Hebdo: Die schlimmsten Terroranschläge in Europa
Von Bologna bis Charlie Hebdo: Die schlimmsten Terroranschläge in Europa

Solidaritätsbekundungen in Blau-Weiss-Rot

1 / 28
Solidaritätsbekundungen in Blau-Weiss-Rot
Weltweit bekunden Städte ihr Mitleid mit den Opfern der Anschläge von Paris und ihre Solidarität für Frankreich, indem nationale Wahrzeichen in Blau-Weiss-Rot beleuchtet werden. So auch das Bundeshaus in Bern.
quelle: keystone / lukas lehmann
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!