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Wie können wir uns gegen den Wahnsinn des IS-Terrors schützen? Das ist die zentrale Frage nach dem Attentat von Paris, zumal befürchtet werden muss, dass weitere Anschläge folgen werden. Eine naheliegende Antwort lautet: Machen wir es wie Israel. Errichten wir unüberwindbare Mauern um unsere Länder und stocken die Polizeikräfte so auf, dass Terroristen allenfalls noch mit Messer und Auto attackieren können und die Schäden überschaubar bleiben.
Aber was wären die Folgen einer «Von Israel lernen»-Lösung? Europa würde sich in eine gigantische «gated community» verwandeln. Jedes Land würde sich mit hohen, mit Hightech bestückten, undurchlässigen Mauern umgeben. Das Resultat kann man heute schon in Israel sehen. Die Menschen werden lückenlos auf Schritt und Tritt und in allen Lebenslagen überwacht. Israel wird immer mehr zu einer Dystopie im Sinne von Aldous Huxleys Roman «Schöne neue Welt».
Die Mauerlösung würde also nicht nur eine massive Einschränkung unserer Freiheit und unserer Lebensqualität darstellen, sie hätte auch wirtschaftlich weitreichende und katastrophale Konsequenzen. Denn der freie Waren- und Personenverkehr ist zu einem zentralen Element der europäischen Wirtschaft geworden. All dies wäre gefährdet. Europa als Hochsicherheitszone wäre ein ökonomisches Desaster. Frankreich stellt sich bereits jetzt auf einen massiven Einbruch des Tourismus-Geschäftes ein.
Sehr viel intelligenter als die Mauerlösung ist es, die islamistischen Terroristen dort zu treffen, wo es wirklich weh tut, beim Portemonnaie. Ob IS oder Al Kaida, beide sind existenziell auf Einnahmen aus dem Ölgeschäft angewiesen. Der IS kontrolliert mehrere Ölfelder in Syrien und im Irak und erhält wohl auch Spenden von Gönnern aus Ländern am Persischen Golf.
Unsere Ölsucht hält somit den islamistischen Terror im Geschäft. Allein die Schweiz gibt jährlich mehr als zwölf Milliarden Franken für den Import des schwarzen Goldes aus. Das müsste nicht sein. Dank dem Fortschritt auf dem Gebiet der nachhaltigen Energie und der Digitalisierung der Wirtschaft könnten wir grundsätzlich unsere Abhängigkeit vom Öl jetzt schon drastisch herunterschrauben und langfristig ganz überwinden.
In der Praxis geschieht das Gegenteil: Am schrillsten nach vermehrten Grenzkontrollen und einer Einschränkung des Flüchtlingsstroms rufen ausgerechnet diejenigen Kreise, die an unserer Abhängigkeit vom Öl festhalten wollen.
Ähnlich schizophren die Situation bei den Waffenexporten. Obwohl bekannt ist, dass auch Schweizer Waffen via Saudi-Arabien den Weg zum IS finden, wird eine Einschränkung der Waffenexporte hierzulande mit Zähnen und Klauen bekämpft. Dafür wird umso lauter bekräftigt, dass wir uns jetzt in einem Krieg mit dem islamischen Fundamentalismus befinden, obwohl diese Art von Kriegen in Afghanistan und dem Irak nicht wirklich erfolgreich waren.
Wir stehen damit vor einer paradoxen Situation: Einerseits gibt uns der technische Fortschritt die Möglichkeit, uns von unserer Ölsucht zu befreien und damit dem islamistischen Terror seine wirtschaftliche Grundlage zu entziehen. Gleichzeitig verhindert eine kurzsichtige Kriegsrhetorik und eine auf Mauerlösungen fokussierte, nationalistische Politik, dass diese Errungenschaften auch umgesetzt werden. Das kann nicht lange gut gehen.