In meinem Bekanntenkreis gibt es kaum Mütter, die mehr als 60% arbeiten. Die einzigen, die das tun, haben studiert und dachten sich wohl, das hätten sie ja eben nicht umsonst getan. Ausserdem arbeiten sie einfach gerne in ihrem Job. Alle anderen arbeiten Teilzeit.
Wieso?
«Weil ich mehr Zeit mit meinem Kind verbringen will», heisst es dann. Aber auch «Ich habe keine Lust auf diese Doppelbelastung. Ausserdem arbeitet mein Mann soviel, das ginge gar nicht».
So geht es in der Schweiz knapp 30% der Mütter. Weitere 30% sind gar nicht erwerbstätig. Wir stehen im OECD-Vergleich an zweithinterster Stelle, was das Arbeitsvolumen anbelangt.
Das Ding mit der Doppelbelastung ist aber gemäss Pasqualina Perrig-Chiello, Professorin für Psychologie an der Uni Bern, dass Frauen mit einem höheren Pensum auch glücklicher wären. Nicht alle natürlich, aber jene, die gerne ausser Haus arbeiten, sollten sich ernsthaft überlegen, dies vermehrt zu tun.
So meinte sie in der letzten «Sonntagszeitung»:
Klingt irgendwie logisch, nicht? Ich erlebe das selber in meinem Unternehmen, in dem ich zur Zeit ausschliesslich Mütter angestellt habe: Anfangs müssen sich diese ziemlich durchsetzen, damit ihre Männer sie unterstützen und nicht trotz Anstellung auch noch der gesamte Haushalt an ihnen hängen bleibt. Die Männer gewöhnen sich dann aber dran und sind eben doch froh, wenn die Frau wieder etwas Geld verdient und nicht die gesamte finanzielle Verantwortung an ihnen hängen bleibt. Bis dann haben wir auch hier fast nur Teilzeitpensen, aber je nach Alter der Kinder wird das Pensum angepasst.
Glücklich macht übrigens auch das Mehr an Verantwortung und Anerkennung, wenn das Pensum höher ist. Die Kollegen nehmen einen ernster, der Chef sowieso und so steigt auch das Selbstbewusstsein. Persönlich denke ich auch, eine Frau mit Verantwortung im Job ist für ihren Mann ebenfalls interessanter.
Doch ich erlebe auch viele Mütter, für die es einfach normal ist, dass Papa die finanzielle Last trägt. Über Jahre hinweg. In vielen Fällen haben die Männer den besseren Lohn und keine guten Aussichten, Teilzeit zu arbeiten. Auch ist der Wiedereinstieg nach einer – oft zu langen – Babypause ein Problem.
Dennoch scheint die Meinung vieler zu sein, dass das einfach Papas Aufgabe ist, egal, ob Mama ja auch mal einen richtigen Job hatte. Eine Bekannte ging gar soweit, einfach zu kündigen, weil sie keine Lust mehr auf die Doppelbelastung hatte.
Was, wenn der Vater einfach so kündigen würde, weil er keine Lust mehr hat? Eben.
Was aber leider in der Sonntagszeitung mit keinem Wort erwähnt wird ist das «wie». Wie bitteschön soll Mama mehr arbeiten, wenn unser Land immer noch keine vernünftigen Strukturen zur Verfügung stellt? Am Wohnort meiner stellvertrenden Geschäftsführerin gibt es gerade mal einmal pro Woche einen Mittagstisch! Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem die Tochter nachmittags frei hat. Arbeiten geht dann also nur bis spätestens 13.30 Uhr.
Dass wir in unserem Unternehmen alle im Remote Office (also von überall) arbeiten können, ist für die meisten Mütter die einzige Möglichkeit, ihrem Beruf nachzugehen, gerade wenn sie auf dem Land leben. So geht es vielen in der Schweiz und das ändert sich leider nicht so schnell.
Will heissen: Wir müssen sowohl unsere Mentalität, als auch die Infrastrukturen anpassen. Sonst wird diese Generation Mütter weiterhin in Minipensen verharren und nebst Teilzeitjob die gesamte Hausarbeit und Kinderbetreuung übernehmen. Ausser sie wollen das so. Denn diese ewige Bevormundung von uns Müttern müsste endlich aufhören. Man sollte doch meinen, im 2016 könne man uns Frauen zutrauen, selber zu entscheide, was für uns und unsere Familien das Richtige ist. Oder was meint ihr?