Apple hat am Dienstag seinen neuen Satelliten-Notrufdienst fürs iPhone lanciert. Zunächst ist die Funktion, die Menschen in Gebieten ohne Mobilfunkverbindung helfen soll, nur in Nordamerika verfügbar. Doch schon bald seien die ersten Länder in Europa dran. Dieser Beitrag dreht sich um die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Technik, die es so noch bei keinem Smartphone-Hersteller gibt.
Stell dir vor, du bist in einer abgelegenen Region (ohne Mobilfunkempfang) am Wandern und erleidest einen medizinischen Notfall. Wenn du ein iPhone 14 dabei hast, kannst du über den integrierten Satelliten-SOS-Dienst umgehend die Rettungskräfte alarmieren und Hilfe anfordern. Ausserdem lässt sich der eigene Standort mit Dritten teilen.
Hierzulande ist das noch Zukunftsmusik. Doch arbeitet Apple mit Hochdruck daran, den neuen Lebensretter-Dienst nach Nordamerika in weiteren Ländern zu lancieren.
Zudem: Auch Schweizer iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer können den Dienst verwenden, wenn sie in eine Region reisen, wo er bereits offiziell verfügbar ist (dazu unten mehr).
Der Satelliten-SOS-Dienst ist in alle neuen iPhones (ab 2022) integriert. Die Benutzung ist extrem einfach. Wenn man einen Notruf tätigen will und keine Verbindung hat, wird automatisch die Möglichkeit angeboten, mit einer über Satellit verschickten Textnachricht die Retter zu alarmieren.
Abgesehen von Notsituationen kann die ins iPhone integrierte Satellitenverbindung verwendet werden, um den eigenen Standort über die «Wo ist?»-App mit Dritten zu teilen.
Am oberen Rand des iPhone-Displays zeigt ein Fenster die Verbindung zum Satelliten und den Nachrichten-Status an.
Da über Apples Satelliten-Dienst nur Textnachrichten übermittelt werden können und direkte Rückfragen seitens der Alarmzentrale nicht möglich sind, gilt es alle relevanten Informationen in die entsprechende Nachricht zu packen.
Apple hat mit Notruf-Fachleuten zusammengearbeitet, um auf dem iPhone einen möglichst einfachen Ablauf beim Sammeln der erforderlichen Informationen zu gewährleisten. Als User muss man nur ein paar Fragen beantworten, indem man die entsprechenden Tasten drückt, fertig.
Danach zeigt die Benutzeroberfläche des iPhones, wie das Gerät ausgerichtet werden muss, um eine Verbindung herzustellen, und verschickt daraufhin die erste Nachricht.
Neben den Informationen aus den (oben geschilderten) Kurzfragen werden der Standort (GPS-Koordinaten) und der Batteriestatus des iPhones übermittelt. Und auch der Notfallpass werde verschickt, sofern die Funktion aktiviert ist.
Wenn die (gemäss User-Standort) zuständige Notrufzentrale keine Textnachrichten verarbeiten kann, kommen sogenannte Relaiszentren zum Einsatz, die als Vermittler zwischen den Usern und der Notrufzentrale fungieren.
Derzeit ist Apples Satelliten-SOS-Dienst in den Vereinigten Staaten (einschliesslich Puerto Rico und den Amerikanischen Jungferninseln) sowie Kanada verfügbar.
Wichtig: Der Notfall-Dienst ist auch für Personen verfügbar, die die USA und Kanada besuchen, es sei denn, sie haben ihr iPhone 14 in China, Hongkong oder Macao gekauft.
Gemäss Apple-Mitteilung vom Dienstag soll der Dienst «im Dezember» auch in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Irland verfügbar sein. Das genaue Datum für die Lancierung wurde noch nicht verraten.
Das ist nicht öffentlich bekannt.
Mit dem US-Unternehmen Globalstar, das seinen Hauptsitz in Covington, Louisiana, hat.
Apple investiert gemäss eigenen Angaben 450 Millionen US-Dollar, um das Satellitennetzwerk und die Bodenstationen von Globalstar entscheidend zu verbessern. Bei Globalstar arbeiten mehr als 300 Angestellte an dem neuen Service.
Die Bodenstationen verwenden neue Hochleistungsantennen, die speziell für Apple entwickelt und fabriziert werden – vom kalifornischen Unternehmen Cobham Satcom.
Für den neuen Apple-Dienst wird das Netzwerk von Globalstar-Satelliten mit niedriger Umlaufbahn genutzt.
Es sind sogenannte LEO-Satelliten, das Kürzel steht für Low Earth Orbit, also einer tiefen Erdumlaufbahn mit einer Höhe um die 2000 Kilometer.
Für «Notruf-SOS via Satellit» wird ein iPhone 14, iPhone 14 Plus, iPhone 14 Pro oder iPhone 14 Pro Max sowie ungehinderte Sicht auf den Himmel vorausgesetzt.
Der Apple-Support schreibt:
Das wird sich erst noch zeigen.
Inzwischen liegen die ersten praktischen Erfahrungen und Reviews aus Nordamerika (bei YouTube) vor.
Apple hat einen Algorithmus zur Textkomprimierung in das System integriert, der die durchschnittliche Grösse von Nachrichten um 300 Prozent reduzieren soll.
Bei guten äusserlichen Bedingungen lassen sich Nachrichten gemäss Apple in nur 15 Sekunden senden.
Ein CNET-Journalist, der den Dienst im Apple Park ausprobieren konnte, schildert, die Verbindung sei «trotz eines bewölkten, regnerischen Tages» innerhalb von 20 bis 30 Sekunden zustandegekommen. Es könne aber durchaus eine Minute oder länger dauern, insbesondere bei hellem Laub.
Die User-Daten werden verschlüsselt verschickt.
Der Apple-Support erklärt, dass die Daten dann von Apple entschlüsselt werden, um sie an die zuständige Notfalldienstleitstelle oder die Notrufzentrale weiterzuleiten. Und:
Um Textnachrichten an eine Notdienstorganisation weiterzuleiten und den Einsatzkräften bei der Suche zu helfen, werde der Standort mit Apple und Partnern geteilt.
Wird der Standort hingegen über die «Wo ist?»-App via Satellit geteilt, werden die Daten «Ende-zu-Ende verschlüsselt» und Apple versichert, es könne nicht darauf zugreifen.
Nein.
Apple nutzt das vorhandene Satellitenspektrum von Globalstar. Darum hat die zuständige US-Aufsichtsbehörde (FCC) auch bereits den Segen erteilt. Allerdings ist der SOS-Dienst auf Zwei-Wege-Textnachrichten beschränkt. Es gibt keine Sprachanrufe oder gar Videoschaltungen, es sei denn, Apple investiert zig Milliarden in neue Infrastruktur.
Mit den kompatiblen iPhone-Modellen kann man eine Verbindung zu Satelliten herstellen, um eine Textnachricht an Notdienste zu senden oder den Standort mit Kontakten zu teilen. Das Mobilgerät lässt sich aber nicht verwenden, um damit Anrufe wie bei einem Satellitentelefon zu tätigen.
Ja. Wer ein kompatibles iPhone-Modell nutzt und sich in einem der bislang noch wenigen Länder aufhält, in dem der Dienst verfügbar ist, kann ihn ausprobieren.
Wenn die Ortungsdienste für die Satellitenverbindung nicht aktiviert sind auf dem iPhone, wird man zunächst aufgefordert, sie zu aktivieren, um die Demo zu starten.
Um den Demomodus ausprobieren zu können, muss man sich in einem Land oder einer Region befinden, in der die neue Funktion offiziell verfügbar ist
Der SOS-Satelliten-Dienst ist für die iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer gemäss den Angaben von Apple zwei Jahre lang kostenlos. Darüber hinaus hat das Unternehmen nicht mitgeteilt, wie viel es verlangen will und ob überhaupt jemals eine Gebühr für den Zugriff erhoben wird.
Vorläufig nicht.
Apple ist das weltweit erste Unternehmen, das einen Satelliten-SOS-Dienst in herkömmliche Smartphones integriert. Da der iPhone-Hersteller in der Branche Innovationsführer ist, dürfte die Konkurrenz möglichst bald nachziehen.
Tatsächlich hatten Elon Musks Raketenfirma SpaceX und der US-amerikanische Mobilfunk-Provider T-Mobile im August 2022 viel weiterreichende Pläne vorgestellt: Neue Starlink-Satelliten sollen sich mit normalen Smartphones verbinden, um auch abseits von 5G-Mobilfunkmasten ultraschnelle Internetverbindungen zu ermöglichen. Musk versprach, dass man dann selbst nach dem Ausfall aller Mobilfunkmasten – etwa wegen einer Naturkatastrophe – das Handy noch nutzen und sich mit dem Internet verbinden könne.
Die Herausforderung ist allerdings der Bau von Antennen, um das schwache Signal der Handys aufzunehmen. T-Mobile und SpaceX wollen darum auch mit Textnachrichten, einschliesslich SMS und Messaging-Apps, beginnen, bevor sie datenintensive Dienste und Telefonanrufe hinzufügen.
Sehr wahrscheinlich nicht. Es sei denn, du hältst dich mit einem iPhone 14 in den USA oder Kanada auf.
Bitte nicht verwechseln! «Notruf SOS» ist auf allen neueren iPhone-Modellen auch in Europa zu finden. Und zwar über die «Einstellungen»-App. Dabei geht's aber nicht um den Satelliten-Dienst, sondern telefonische Notrufe.
Mit dem iPhone 14 sowie den Apple-Watch-Modellen Ultra, Series 8 und SE 2 gibt's zudem die automatische Unfallerkennung, die nach einem heftigen Zusammenprall (Autounfall etc.) automatisch den Notruf wählen soll. Ältere Apple-Smartphones haben diese Funktion hingegen nicht.
Zur Erinnerung: Es lohnt sich, die wichtigsten persönlichen Angaben inklusive Notfallkontakte im Notfallpass auf dem iPhone (> Einstellungen > Health) zu hinterlegen. Die entsprechenden Personen lassen sich dann im Notfall auch über den neuen Satelliten-SOS-Dienst informieren. Und Rettungskräfte können vom Sperrbildschirm aus zugreifen.