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Satelliten-SOS-Dienst von Apple: Was iPhone-User wissen müssen

Vom iPhone gelangen die Daten via Globalstar-Satelliten zu einer Bodenstation und werden von dort an die zuständige Notrufzentrale sowie an Freunde/Familie weitergeleitet.
Vom iPhone gelangen die Daten via Globalstar-Satelliten zu einer Bodenstation und werden von dort an die zuständige Notrufzentrale sowie an Freunde/Familie weitergeleitet.bild: watson

Apples Satelliten-Dienst fürs iPhone ist gestartet – was Schweizer User wissen sollten

Apple will seinen innovativen Satelliten-Notrufdienst nach Nordamerika schon bald in ersten europäischen Ländern lancieren. Das ist auch für Schweizer iPhone-User interessant.
17.11.2022, 11:4917.11.2022, 17:16
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Apple hat am Dienstag seinen neuen Satelliten-Notrufdienst fürs iPhone lanciert. Zunächst ist die Funktion, die Menschen in Gebieten ohne Mobilfunkverbindung helfen soll, nur in Nordamerika verfügbar. Doch schon bald seien die ersten Länder in Europa dran. Dieser Beitrag dreht sich um die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Technik, die es so noch bei keinem Smartphone-Hersteller gibt.

Warum ist das wichtig?

Stell dir vor, du bist in einer abgelegenen Region (ohne Mobilfunkempfang) am Wandern und erleidest einen medizinischen Notfall. Wenn du ein iPhone 14 dabei hast, kannst du über den integrierten Satelliten-SOS-Dienst umgehend die Rettungskräfte alarmieren und Hilfe anfordern. Ausserdem lässt sich der eigene Standort mit Dritten teilen.

Hierzulande ist das noch Zukunftsmusik. Doch arbeitet Apple mit Hochdruck daran, den neuen Lebensretter-Dienst nach Nordamerika in weiteren Ländern zu lancieren.

Zudem: Auch Schweizer iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer können den Dienst verwenden, wenn sie in eine Region reisen, wo er bereits offiziell verfügbar ist (dazu unten mehr).

Promo-Video des Anbieters (YouTube):

Wie funktioniert's?

Der Satelliten-SOS-Dienst ist in alle neuen iPhones (ab 2022) integriert. Die Benutzung ist extrem einfach. Wenn man einen Notruf tätigen will und keine Verbindung hat, wird automatisch die Möglichkeit angeboten, mit einer über Satellit verschickten Textnachricht die Retter zu alarmieren.

Abgesehen von Notsituationen kann die ins iPhone integrierte Satellitenverbindung verwendet werden, um den eigenen Standort über die «Wo ist?»-App mit Dritten zu teilen.

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So funktioniert Apples Satelliten-Notrufdienst fürs iPhone
Apple hat einen Satelliten-Notrufdienst fürs iPhone lanciert. In dieser Bildstrecke erfährst du alles Wichtige zur innovativen Funktion, die Leben retten kann, und was das mit Elon Musk zu tun hat.
quelle: keystone / malcolm denemark
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Am oberen Rand des iPhone-Displays zeigt ein Fenster die Verbindung zum Satelliten und den Nachrichten-Status an.

Da über Apples Satelliten-Dienst nur Textnachrichten übermittelt werden können und direkte Rückfragen seitens der Alarmzentrale nicht möglich sind, gilt es alle relevanten Informationen in die entsprechende Nachricht zu packen.

Apple hat mit Notruf-Fachleuten zusammengearbeitet, um auf dem iPhone einen möglichst einfachen Ablauf beim Sammeln der erforderlichen Informationen zu gewährleisten. Als User muss man nur ein paar Fragen beantworten, indem man die entsprechenden Tasten drückt, fertig.

Danach zeigt die Benutzeroberfläche des iPhones, wie das Gerät ausgerichtet werden muss, um eine Verbindung herzustellen, und verschickt daraufhin die erste Nachricht.

Neben den Informationen aus den (oben geschilderten) Kurzfragen werden der Standort (GPS-Koordinaten) und der Batteriestatus des iPhones übermittelt. Und auch der Notfallpass werde verschickt, sofern die Funktion aktiviert ist.

Apples How-to-Video (YouTube):

Wenn die (gemäss User-Standort) zuständige Notrufzentrale keine Textnachrichten verarbeiten kann, kommen sogenannte Relaiszentren zum Einsatz, die als Vermittler zwischen den Usern und der Notrufzentrale fungieren.

Wo gibt's die Satelliten-SOS-Funktion fürs iPhone?

Derzeit ist Apples Satelliten-SOS-Dienst in den Vereinigten Staaten (einschliesslich Puerto Rico und den Amerikanischen Jungferninseln) sowie Kanada verfügbar.

Wichtig: Der Notfall-Dienst ist auch für Personen verfügbar, die die USA und Kanada besuchen, es sei denn, sie haben ihr iPhone 14 in China, Hongkong oder Macao gekauft.

Welche Länder sind als nächstes dran?

Gemäss Apple-Mitteilung vom Dienstag soll der Dienst «im Dezember» auch in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Irland verfügbar sein. Das genaue Datum für die Lancierung wurde noch nicht verraten.

Wann gibt's das in der Schweiz?

Das ist nicht öffentlich bekannt.

Mit welchem Satelliten-Netzbetreiber kooperiert Apple?

Mit dem US-Unternehmen Globalstar, das seinen Hauptsitz in Covington, Louisiana, hat.

Apple investiert gemäss eigenen Angaben 450 Millionen US-Dollar, um das Satellitennetzwerk und die Bodenstationen von Globalstar entscheidend zu verbessern. Bei Globalstar arbeiten mehr als 300 Angestellte an dem neuen Service.

Die Bodenstationen verwenden neue Hochleistungsantennen, die speziell für Apple entwickelt und fabriziert werden – vom kalifornischen Unternehmen Cobham Satcom.

Wie hoch fliegen diese Satelliten?

Für den neuen Apple-Dienst wird das Netzwerk von Globalstar-Satelliten mit niedriger Umlaufbahn genutzt.

Es sind sogenannte LEO-Satelliten, das Kürzel steht für Low Earth Orbit, also einer tiefen Erdumlaufbahn mit einer Höhe um die 2000 Kilometer.

Was sind die technischen Voraussetzungen auf User-Seite?

Für «Notruf-SOS via Satellit» wird ein iPhone 14, iPhone 14 Plus, iPhone 14 Pro oder iPhone 14 Pro Max sowie ungehinderte Sicht auf den Himmel vorausgesetzt.

Der Apple-Support schreibt:

«Beachten Sie, dass Bäume mit hellem Laub die Verbindung verlangsamen und dichtes Laub sie blockieren kann. Hügel oder Berge, Schluchten und hohe Strukturen können die Verbindung ebenfalls blockieren.»
quelle: support.apple.com

Wie störanfällig ist der Satelliten-Dienst?

Das wird sich erst noch zeigen.

Inzwischen liegen die ersten praktischen Erfahrungen und Reviews aus Nordamerika (bei YouTube) vor.

Joanna Stern, «Wall Street Journal»:

Patrick Holland von CNET:

Wie schnell ist der Dienst?

Apple hat einen Algorithmus zur Textkomprimierung in das System integriert, der die durchschnittliche Grösse von Nachrichten um 300 Prozent reduzieren soll.

Bei guten äusserlichen Bedingungen lassen sich Nachrichten gemäss Apple in nur 15 Sekunden senden.

Ein CNET-Journalist, der den Dienst im Apple Park ausprobieren konnte, schildert, die Verbindung sei «trotz eines bewölkten, regnerischen Tages» innerhalb von 20 bis 30 Sekunden zustandegekommen. Es könne aber durchaus eine Minute oder länger dauern, insbesondere bei hellem Laub.

Was ist mit Datenschutz und Datensicherheit?

Die User-Daten werden verschlüsselt verschickt.

Der Apple-Support erklärt, dass die Daten dann von Apple entschlüsselt werden, um sie an die zuständige Notfalldienstleitstelle oder die Notrufzentrale weiterzuleiten. Und:

«Ihre Nachrichten können von Notrufzentralen und dem Weiterleitungsanbieter gespeichert werden, um deren Dienste zu verbessern, und in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen.»

Um Textnachrichten an eine Notdienstorganisation weiterzuleiten und den Einsatzkräften bei der Suche zu helfen, werde der Standort mit Apple und Partnern geteilt.

Wird der Standort hingegen über die «Wo ist?»-App via Satellit geteilt, werden die Daten «Ende-zu-Ende verschlüsselt» und Apple versichert, es könne nicht darauf zugreifen.

Beherrscht das iPhone 14 also Satelliten-Telefonie?

Nein.

Apple nutzt das vorhandene Satellitenspektrum von Globalstar. Darum hat die zuständige US-Aufsichtsbehörde (FCC) auch bereits den Segen erteilt. Allerdings ist der SOS-Dienst auf Zwei-Wege-Textnachrichten beschränkt. Es gibt keine Sprachanrufe oder gar Videoschaltungen, es sei denn, Apple investiert zig Milliarden in neue Infrastruktur.

Mit den kompatiblen iPhone-Modellen kann man eine Verbindung zu Satelliten herstellen, um eine Textnachricht an Notdienste zu senden oder den Standort mit Kontakten zu teilen. Das Mobilgerät lässt sich aber nicht verwenden, um damit Anrufe wie bei einem Satellitentelefon zu tätigen.

Gibt es einen Demomodus?

Ja. Wer ein kompatibles iPhone-Modell nutzt und sich in einem der bislang noch wenigen Länder aufhält, in dem der Dienst verfügbar ist, kann ihn ausprobieren.

Mit dem Demomodus kann man auch das Ausrichten des iPhones ausprobieren.
Mit dem Demomodus kann man auch das Ausrichten des iPhones ausprobieren.bild: apple

Wenn die Ortungsdienste für die Satellitenverbindung nicht aktiviert sind auf dem iPhone, wird man zunächst aufgefordert, sie zu aktivieren, um die Demo zu starten.

  • Als Erstes öffnet man die «Einstellungen»-App.
  • Nun tippt man auf den entsprechenden Menüpunkt für den neuen Dienst «Notruf SOS über Satellit» (auf Englisch: «Emergency SOS via Satellite»).
  • Nun kann man die Demo starten und die Anweisungen auf dem Bildschirm befolgen.

Um den Demomodus ausprobieren zu können, muss man sich in einem Land oder einer Region befinden, in der die neue Funktion offiziell verfügbar ist

Was kostet «Notruf SOS über Satellit»?

Der SOS-Satelliten-Dienst ist für die iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer gemäss den Angaben von Apple zwei Jahre lang kostenlos. Darüber hinaus hat das Unternehmen nicht mitgeteilt, wie viel es verlangen will und ob überhaupt jemals eine Gebühr für den Zugriff erhoben wird.

Gibt's das auch für Android-User?

Vorläufig nicht.

Wer sind die grössten Konkurrenten?

Apple ist das weltweit erste Unternehmen, das einen Satelliten-SOS-Dienst in herkömmliche Smartphones integriert. Da der iPhone-Hersteller in der Branche Innovationsführer ist, dürfte die Konkurrenz möglichst bald nachziehen.

Tatsächlich hatten Elon Musks Raketenfirma SpaceX und der US-amerikanische Mobilfunk-Provider T-Mobile im August 2022 viel weiterreichende Pläne vorgestellt: Neue Starlink-Satelliten sollen sich mit normalen Smartphones verbinden, um auch abseits von 5G-Mobilfunkmasten ultraschnelle Internetverbindungen zu ermöglichen. Musk versprach, dass man dann selbst nach dem Ausfall aller Mobilfunkmasten – etwa wegen einer Naturkatastrophe – das Handy noch nutzen und sich mit dem Internet verbinden könne.

Die Herausforderung ist allerdings der Bau von Antennen, um das schwache Signal der Handys aufzunehmen. T-Mobile und SpaceX wollen darum auch mit Textnachrichten, einschliesslich SMS und Messaging-Apps, beginnen, bevor sie datenintensive Dienste und Telefonanrufe hinzufügen.

Hab ich das bereits auf dem iPhone?

Sehr wahrscheinlich nicht. Es sei denn, du hältst dich mit einem iPhone 14 in den USA oder Kanada auf.

Bitte nicht verwechseln! «Notruf SOS» ist auf allen neueren iPhone-Modellen auch in Europa zu finden. Und zwar über die «Einstellungen»-App. Dabei geht's aber nicht um den Satelliten-Dienst, sondern telefonische Notrufe.

Mit dem iPhone 14 sowie den Apple-Watch-Modellen Ultra, Series 8 und SE 2 gibt's zudem die automatische Unfallerkennung, die nach einem heftigen Zusammenprall (Autounfall etc.) automatisch den Notruf wählen soll. Ältere Apple-Smartphones haben diese Funktion hingegen nicht.

Zur Erinnerung: Es lohnt sich, die wichtigsten persönlichen Angaben inklusive Notfallkontakte im Notfallpass auf dem iPhone (> Einstellungen > Health) zu hinterlegen. Die entsprechenden Personen lassen sich dann im Notfall auch über den neuen Satelliten-SOS-Dienst informieren. Und Rettungskräfte können vom Sperrbildschirm aus zugreifen.

Quellen

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43 Kommentare
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aye
17.11.2022 14:17registriert Februar 2014
«Apple hat einen Algorithmus zur Textkomprimierung in das System integriert, der die durchschnittliche Grösse von Nachrichten um 300 Prozent reduzieren soll.»

Wenn ich etwas um 300% reduziere, wie gross ist es dann? -200%?
Da hat Apple aber ein geniales Komprimierungsverfahren erfunden. 😄
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