Nach der gewaltsamen Blockade der Hilfslieferungen für Venezuela setzt die Opposition des Landes nun auf internationalen Druck. Der selbst ernannte Übergangspräsident Juan Guaidó rief die internationale Gemeinschaft auf, «alle Möglichkeiten» gegen den linksnationalistischen Staatschef Nicolás Maduro in Betracht zu ziehen.
Auch eine Militärintervention schloss er nicht aus. Die USA, die EU und Nachbarländer Venezuelas verurteilten die Gewalt venezolanischer Sicherheitskräfte, durch die am Wochenende zwei Menschen getötet und hunderte verletzt worden waren.
Der Plan der Opposition, gegen den Willen der Regierung in Caracas Hilfsgüter über die Grenzen zu bringen, war am Samstag am Widerstand regierungstreuer Sicherheitskräfte gescheitert. Der von rund 50 Staaten anerkannte Guaidó hatte gehofft, dass Soldaten bei den Hilfstransporten zur Opposition überlaufen würden.
The heartbreaking violence in Venezuela must stop. I stand with President @JGuaido, the National Assembly, and the people of #Venezuela as they embrace their right to live in peace, choose their leaders, and decide their future, in harmony with their neighbors.
— Bill Clinton (@BillClinton) 24. Februar 2019
Doch das Militär blieb Maduro treu, der die Hilfslieferungen als Versuch gegeisselt hatte, eine US-Militärintervention in Venezuela vorzubereiten. Soldaten versperrten an den Grenzen zu Kolumbien und Brasilien den Lastwagen-Konvois, die mit tonnenweise Lebensmitteln und Medikamenten aufgebrochen waren, den Weg.
Dabei kam es zu Zusammenstössen mit Venezolanern, die die Hilfslieferungen ins Land lassen wollten. Die vor allem aus den USA geschickten Lieferungen kamen nicht durch.
Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Foro Penal eröffneten Soldaten an der Grenze zu Brasilien das Feuer und töteten zwei Menschen, unter ihnen ein 14-jähriger Junge. 31 weitere Menschen seien verletzt worden.
Bei Zusammenstössen an der Grenze zu Kolumbien wurden nach Angaben der dortigen Behörden mindestens 285 Menschen verletzt. Die Auseinandersetzungen konzentrierten sich an der Brücke im kolumbianischen Grenzort Cúcuta. Dort hatten sich hunderte Venezolaner eingefunden, um die Hilfslieferungen in Empfang zu nehmen.
Guaidó hatte seine Anhänger aufgerufen, den Einlass der Lieferungen über die Grenze zu erzwingen. Nach dem Scheitern des Plans kündigte er an, ein für Montag anberaumtes Treffen der Lima-Gruppe in Bogotá zu besuchen, an dem auch US-Vizepräsident Mike Pence teilnehmen soll.
US-Aussenminister Mike Pompeo sagte am Sonntag im Sender CNN, er sei sich sicher, «dass die venezolanischen Bürger dafür sorgen werden, dass die Tage Maduros gezählt sind».
Er machte vor allem Maduro-treue Milizen für die Gewalt verantwortlich und rief das Militär auf, die Bürger Venezuelas zu schützen. Zuvor hatte er «Massnahmen» der USA zur Unterstützung der Demokratie in Venezuela angekündigt.
The U.S. will take action against those who oppose the peaceful restoration of democracy in #Venezuela. Now is the time to act in support of the needs of the desperate Venezuelan people. We stand in solidarity with those continuing their struggle for freedom. #EstamosUnidosVE pic.twitter.com/XfLEsyT6Rj
— Secretary Pompeo (@SecPompeo) 24. Februar 2019
Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini warnte vor einer «Eskalation der Spannungen» und mahnte eine politische Lösung an. Auch sie kritisierte am Sonntag den Einsatz «irregulärer bewaffneter Gruppen» in Venezuela. Das Militär rief sie zur Zurückhaltung auf.
In den venezolanischen Grenzstädten San Antonio del Táchira und Ureña waren Sicherheitskräfte mit Tränengas und Gummigeschossen gegen Maduro-Gegner vorgegangen.
Auf der Santander-Brücke in Ureña wurden zwei Lastwagen von Maduros Truppen angezündet. In Videos in Online-Netzwerken war zu sehen, wie dutzende Menschen inmitten einer grossen Rauchwolke aus den Lastwagen Säcke und Kartons mit Medikamenten und Lebensmitteln herausholten.
Die kolumbianische Regierung ordnete angesichts der Gewalt die Rückkehr der Lastwagen an und schloss die Grenzübergänge bis Montag. Auch an der Grenze zu Brasilien machten Hilfs-Lastwagen kehrt. In Venezuela herrscht trotz seines Ölreichtums eine Wirtschaftskrise mit akuten Versorgungsengpässen.
Maduro attackierte bei einer Grosskundgebung in Caracas die «faschistische Regierung von Kolumbien» und brach die diplomatischen Beziehungen zum Nachbarstaat ab. «Wir werden uns niemals beugen, ich werde niemals nachgeben», sagte er.
Rund 60 venezolanische Sicherheitskräfte setzten sich am Samstag nach Kolumbien ab. Nach Brasilien flüchteten zwei venezolanische Soldaten und baten dort um Asyl, wie die dortigen Einwanderungsbehörden am Sonntag bekannt gaben. Die von der Opposition erhoffte grosse Abkehr des Militärs von Maduro blieb vorerst aber aus. (sda/afp)