Juncker war nach Washington gereist, um eine weitere Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und der EU abzuwenden. Trump hatte bereits Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte verhängt. Die EU reagierte mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Whiskey, Jeans und Motorräder.
Kurz vor ihrem Gespräch hatten beide Politiker klargemacht, dass sie sich im Recht sehen und von der jeweils anderen Seite ein Einlenken erwarten. «Wir sitzen hier nicht auf der Anklagebank. Insofern brauchen wir uns auch nicht zu verteidigen», sagte Juncker in einem ZDF-Interview.
Trump hatte sich am Dienstag zuversichtlich gezeigt, dass sich sein Land durchsetzen werde. Zugleich hatte er seine Landsleute um Geduld gebeten. «Wir müssen durchhalten», sagte Trump. Er ergänzte: «Was die EU uns antut, ist unglaublich. Wie schlecht.»
Zum Auftakt des Krisentreffens bemühten sich beide Seiten im Handelsstreit öffentlich um Entspannung. Trump zeigte sich am Mittwoch optimistisch, bestand aber zugleich auf seiner Forderung nach fairen Handelsbedingungen: «Wir wollen nur, dass es faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Landwirte, für unsere Produzenten, für alle gibt.»
Die USA wären sehr zufrieden, wenn es keine Zölle, keine Handelshindernisse und keine Subventionen gäbe. Zuvor hatte Trump auf Twitter mit zusätzlichen Importzöllen gedroht. «Zölle sind das Grösste!», schrieb er.
Tariffs are the greatest! Either a country which has treated the United States unfairly on Trade negotiates a fair deal, or it gets hit with Tariffs. It’s as simple as that - and everybody’s talking! Remember, we are the “piggy bank” that’s being robbed. All will be Great!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 24. Juli 2018
Er erwarte, dass etwas «sehr Positives» passieren werde. Was er genau damit meinte, erklärte er jedoch nicht. Juncker sagte: «Wir sind enge Partner, Verbündete, keine Feinde. Wir müssen zusammenarbeiten.»
Sowohl Trump als auch Junker sprachen von einer Annäherung im Handelsstreit. Bis auf Weiteres werde auf neue Zölle verzichtet, so lange es Verhandlungen gebe, sagte Juncker am Mittwoch in Washington.
Great meeting on Trade today with @JunckerEU and representatives of the European Union. We have come to a very strong understanding and are all believers in no tariffs, no barriers and no subsidies. Work on documents has already started and the process is moving...
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 25. Juli 2018
Trump erklärte, die EU werde mehr Soja und Flüssiggas importieren. Auch sei geplant, bei Industriegütern die Zölle ganz zu streichen. Einen intensiveren Handel soll es demnach auch in den Bereichen Dienstleistungen, Chemie, Pharma und Medizinprodukte geben. Die USA und die EU würden gemeinsam an einer Reform der Welthandelsorganisation WTO arbeiten.
European Union representatives told me that they would start buying soybeans from our great farmers immediately. Also, they will be buying vast amounts of LNG!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 26. Juli 2018
Auch wenn sich der US-Präsident keine Zölle wünscht, lässt er momentan Sonderzölle auf den Import europäischer Autos prüfen. Diese würden vor allem deutsche Autobauer hart treffen. Die EU bereitet für diesen Fall weitere Vergeltungsmassnahmen vor.
Juncker plädierte vor dem Treffen für einen Verzicht auf weitere Zollerhöhungen und eine «Beruhigung der Gesamtlage», richtete aber auch eine Warnung an Trump: «Wenn es zu Autozöllen kommt, dann muss die EU Gegenmassnahmen ergreifen. Dazu sind wir bereit. Das haben wir nicht im Gepäck, aber im Kopf. Wir sind in der Lage, dass wir sofort adäquat antworten können.» Die EU werde «auf Augenhöhe verhandeln».
Trump bekam vor dem Treffen mit der EU-Spitze auch Widerstand im eigenen Land. So stellte sich der US-Dachverband der Autozulieferer gegen ihn. «Alle Autoproduzenten, ob in- oder ausländisch, sind gegen die Zölle», sagte Ann Wilson, Vizepräsidentin des Verbands Mema, dem «Handelsblatt».
Unter Autozöllen würden viele Betriebe in Amerika leiden. Gegen Trump wandten sich auch Hersteller von Garten- und Elektrogeräten. Vertreter beklagten in Washington, Firmen hätten die Produktion wegen Zöllen bereits herunterfahren müssen.
Auch im US-Senat regt sich unterdessen Widerstand gegen die Trump angedrohten Sonderzölle auf Autoimporte. Zwei Senatoren brachten am Mittwoch einen überparteilichen Gesetzentwurf ein, der die Einführung der Zölle verzögern würde.
Nach dem Entwurf des demokratischen Senators Doug Jones und seines republikanischen Amtskollegen Lamar Alexander müsste die US-Handelskommission ITC zunächst eine Studie über die Lage des amerikanischen Automarktes vorlegen, bevor Trump die Zölle verhängen könnte.
Trump wehrte sich vor dem Treffen gegen Kritik an den Strafzöllen von Senatoren aus seiner eigenen republikanischen Partei. «Jedes Mal, wenn ich einen schwachen Politiker sehe, der fordert, Handelsgespräche oder die Nutzung von Zöllen zu stoppen, um unfaire Zölle zu bekämpfen, frage ich mich, was sie denken? Sollen wir einfach so weitermachen und unsere Bauern und unser Land abzocken lassen?», schrieb Trump. Man dürfe keine Schwäche zeigen.
In Genf zeigte sich der Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevêdo, alarmiert von den zuletzt gestiegenen Tendenzen, nationale Märkte durch Zölle abzuschotten.
«Ich fürchte um den Handel, um Arbeitsplätze, Kaufkraft und Gehälter. Wenn wir diesen Weg weitergehen, werden wir in jedem Land eine Konjunkturabschwächung sehen», warnte er. «Neue Hemmnisse bedrohen Wachstum, Arbeitsplätze und die Erholung der Weltwirtschaft.» Politiker müssten erkennen, dass die Wurzel solcher Entwicklungen das Ersticken des Handels ist. (sda/reu/dpa/vom)