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Nationalrat sagt Nein zu CO2-Abgabe auf Flugtickets

Nationalrat: Benzin maximal 8 Rappen pro Liter teurer, keine CO2-Abgabe auf Flugtickets

10.12.2018, 18:3210.12.2018, 19:49
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Der Nationalrat will keine CO2-Abgabe auf Flugtickets einführen. Das hat der Nationalrat am Montag bei den Beratungen zum CO2-Gesetz beschlossen. Zu diskutieren gab auch der Benzinpreis.

Die Flugticketabgabe lehnte der Rat mit 93 zu 88 Stimmen bei 8 Enthaltungen ab. Er folgte damit der Mehrheit seiner Kommission und dem Bundesrat. Gegen eine Abgabe hatten sich die SVP und die FDP gestellt, die CVP war gespalten.

Zur Diskussion standen Abgaben zwischen 12 und 30 Franken für Flüge in EU-Länder sowie zwischen 30 und 50 Franken für Flüge in andere Länder. Die Höhe sollte von der Flugdistanz und der Anzahl der beförderten Passagiere abhängen.

Lenkungsabgabe für Airlines

Die Gegnerinnen und Gegner befanden, das Fliegen dürfe nicht zu einem Privileg für Reiche werden. Sie warnten auch davor, dass Passagiere auf andere Flughäfen ausweichen würden. Ausserdem werde der Flugverkehr neu dem Emissionshandel unterstellt.

Das komme einer Lenkungsabgabe gleich, sagte Kommissionssprecher Stefan Müller-Altermatt (CVP/SO) - nicht für die Passagiere, sondern für die Betreiber. Auch Umweltministerin Doris Leuthard befand, eine Abgabe auf Flugtickets sei nicht zielführend.

Auch in anderen Ländern

Die Befürworterinnen und Befürworter argumentierten, der Flugverkehr dürfe nicht verschont werden. Die Fliegerei trage wesentlich zum Ausstoss von Treibhausgasen bei. Ein Flug von Zürich nach New York verursache 4 Tonnen CO2-Ausstoss pro Passagier, sagte Eric Nussbaumer (SP/BL). Durchschnittlich fliege ein Schweizer einmal im Jahr auf die Kanarischen Inseln und zurück. «Dann muss wenigstens der Preis stimmen.»

Karl Vogler (CSP/OW) wies darauf hin, dass sämtliche Nachbarländer mit Ausnahme von Liechtenstein und viele weitere Länder in irgendeiner Form eine solche Abgabe erhöben. Dass die Passagiere auf andere Flughäfen ausweichen würden, sei damit ausgeschlossen. Ohne Flugticketabgabe stehe die Schweiz isoliert da. Lisa Mazzone (Grüne/GE) stellte fest, das Fliegen sei in den letzten Jahren immer billiger geworden. «Das ist nicht mehr vernünftig.»

Massnahmen im Strassenverkehr

Der Nationalrat hat am Montag auch über Massnahmen im Strassenverkehr entschieden. Die Hersteller und Importeure fossiler Treibstoffe sind seit 2013 verpflichtet, einen zunehmenden Anteil der CO2-Emissionen aus dem Verkehr zu kompensieren.

Bisher war dieses Instrument auf die Kompensation im Inland ausgerichtet. Ab 2020 soll die zu kompensierende Emissionsmenge erhöht werden. Im Gegenzug könnten auch im Ausland erbrachte Reduktionsleistungen angerechnet werden.

Die Auswirkungen des CO2-Ausstosses

Video: srf/SDA SRF

Kostenzuschlag deckeln

Der Anteil der CO2-Emissionen, der kompensiert werden muss, kann bis auf 90 Prozent erhöht werden. Nach dem Willen des Bundesrates sollen mindestens 15 Prozent in der Schweiz kompensiert werden, der Nationalrat will den Inlandanteil bis 2030 allmählich auf 20 Prozent ansteigen lassen.

Die Massnahme verteuert die Treibstoffe. Gleichzeitig will der Nationalrat deshalb den Kostenzuschlag deckeln, und zwar bei 8 Rappen pro Liter. Dies vor allem aus politischen Gründen: Ohne Deckelung werde es in einer möglichen Referendumsabstimmung schwierig, hiess es im Rat.

Nicht kohärent

Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass es nicht aufgehe, den Kostenzuschlag bei 8 Rappen zu deckeln und gleichzeitig zu verlangen, dass 20 Prozent im Inland kompensiert werden müssten. Das hätte nämlich etwa die Wirkung von 13 oder 14 Rappen, stellte Peter Schilliger (FDP/LU) fest. Müller-Altermatt widersprach: Bei einem allmählichen Anstieg auf 20 Prozent im Inland seien die 8 Rappen realistisch.

Der Rat lehnte einen Antrag ab, den Aufschlag bei 13 Rappen zu deckeln. Auch eine Deckelung bei 5 Rappen mit gleichzeitiger Beschränkung der Inlandkompensation auf 10 Prozent verwarf er.

«Denken Sie an die Gelbwesten»

Christian Imark (SVP/SO) plädierte für die 5-Rappen-Variante. Er rief dazu auf, das Fuder nicht zu überladen. Wenn das Benzin zu teuer werde, sei mit einem Referendum und einem Nein des Stimmvolkes zu rechnen. «Denken Sie an die Gelbwesten in Frankreich», sagte Imark.

Wer seine Kompensationspflicht nicht erfüllt, soll dem Bund pro nicht kompensierte Tonne CO2 einen Betrag von 160 Franken entrichten müssen. Das beschloss der Rat mit 95 zu 93 Stimmen. Der Bundesrat möchte den Betrag bei 320 Franken festsetzen. Auch im Emissionshandel sollen Betreiber für Emissionen, die nicht durch Emissionsrechte gedeckt sind, weniger zahlen als der Bundesrat vorschlägt, nämlich 125 Franken pro Tonne CO2-Äquivalente statt 220 Franken.

Massnahmen im Ausland

Der Nationalrat hatte vergangene Woche mit den Beratungen zum CO2-Gesetz begonnen und erste Entscheide gefällt. Nach seinem Willen soll die Schweiz zwar den Ausstoss von Treibhausgasen weiter reduzieren, aber nicht zwingend mit Massnahmen im Inland.

Anders als der Bundesrat will der Nationalrat ermöglichen, dass die Reduktion zu einem grossen Teil durch den Kauf von Emissionszertifikaten im Ausland erfolgen kann. Mit dem eingesetzten Franken könne im Ausland mehr erreicht werden, befand die Mehrheit. (tam/sda)

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Video: srf

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82 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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aglio e olio
10.12.2018 19:56registriert Juli 2017
"Sie warnten auch davor, dass Passagiere auf andere Flughäfen ausweichen würden."

Wegen 15-50 CHF. Na klar. Die Anreise zu einem ausländischen Flughäfen dürfte einiges teurer werden.
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super_silv
10.12.2018 20:17registriert August 2014
Immerschön Klimaverträge unterzeichnen und sich dafür feiern lassen. Kommts aber zur Umsetzung werden irgendwelche Ausreden erfunden.

„Das fliegen soll nicht zu einem Privileg für Reiche werden“ -> ernsthaft?? Wegen 50 Franken ?? Ich weiss nicht ob ich lachen oder weinen soll..
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Yolo
10.12.2018 20:15registriert Mai 2015
Mut- und farblos ist der Nationalrat in Sachen Umweltschutz. Schade! Das ist eine verpasste Chance.
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