Laut einem Bericht des «TagesAnzeigers» hält sich seit dem 27. Januar eine Delegation des UNO-Unterausschusses zur Verhütung von Folter in der Schweiz auf. Wo sich die Gesandten befinden und aus welchem Grund sie angereist sind, ist nicht bekannt.
Die sechs Folterexperten sind befugt, Gefängnisse zu besuchen und Interviews mit Häftlingen und Verantwortlichen zu führen. Zudem erhalten sie uneingeschränkt Zutritt in Asylheime und Ausschaffungsgefängnisse.
Auch beim Bund weiss man nicht, welche Absichten das Gremium verfolgt. Das Bundesamt für Justiz hat versucht, Kontakt aufzunehmen – vergeblich. Doch wie geht das?
Dank dem 2009 ratifizierten UNO-Protokoll zur Antifolterkonvention ist die Delegation befugt, eigenhändig zu operieren. Auch in der Schweiz. Um ihre Unabhängigkeit zu wahren, organisieren die Spezialisten für Menschenrecht ihre Reisen ohne jegliche finanzielle Unterstützung eines Staates. Ein Programm muss der jeweiligen Regierung nicht vorgelegt werden.
In der Schweiz inspiziert die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) seit 2010 Gefängnisse und Asylzentren. Laut einem Bericht vom Januar konnte die NKVF in Schweizer Asylzentren keine erheblichen Mängel feststellen.
Jedoch wurde dem Staatssekretariat für Migration empfohlen, «ein für alle Bundeszentren gültiges Konzept zur Identifikation von Opfern von Menschenhandel und anderen vulnerablen Personen zu erarbeiten», wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Für Nils Melzer, Völkerrechtsprofessor und UNO-Sonderberichterstatter für Folter, ist jedoch klar, worauf die UNO-Delegation aus ist. So sollen die Haftbedingungen in einigen Gefängnissen hierzulande «nicht internationalen Standards» entsprechen.
Der UNO-Sonderberichterstatter für Folter kritisiert vor allem die sogenannte «Beugehaft». So werden Menschen ungerechtfertigt in Untersuchungshaft gesteckt und dadurch Druck auf sie ausgeübt, «um ein Geständnis oder Kooperation zu erpressen». In der Schweiz ist dies nicht erlaubt. Trotzdem soll diese Art von psychischer Folter zur Anwendung kommen – «eine klare Verletzung des Folterverbotes».
Ob Melzer mit seiner Vermutung richtig liegt, wird vielleicht nie an die Öffentlichkeit dringen. Bekannt ist nur, dass die UNO-Experten vor der Abreise am Donnerstag ihre Ergebnisse Vertretern vom Bund und von Kantonen vorlegen werden. Ein halbes Jahr später wird dem Bund ein geheimer Schlussbericht zugestellt. Ob der Bundesrat diesen publik machen will, wird sich zeigen. (vom)