Es ist wieder einmal so weit: Grotesk gekleidete Performer brüllen in Windmaschinen hinein und steppen übereifrig auf hyperaktiv leuchtenden Tanzböden umher: Der Eurovision Song Contest steht wieder an. Kiew ist dieses Mal Gastgeber, was freilich zu politischen Komplikationen führen kann (mehr davon später). Wie immer gilt: Nein, wir erwarten hier keine musikhistorische Game Changers, sehr wohl aber grossartige TV-Unterhaltung!
Hier eine Auswahl an Songs, auf die man beim diesjährigen ESC ein Auge behalten sollte, angefangen mit dem Wichtigsten:
Background-Sängerinnen-Bräute mit Blumenstrauss-Mikrophonen, die wohl dämlichsten Dance-Moves des Jahres und ... und DAS HIER:
Jap, es ist Epic Sax Guy himself!
Sun Stroke Project (so heisst dieser grossartige Act) trat bereits 2010 für Moldawien an. Und in der ESC-Performance ihres Songs «Run Away» entstand obiges Meme. Diesjährige Favoriten? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Auch wenn der Song sich wie der Soundtrack zu einer Tampon-Werbung anhört. Oder vielleicht gerade deswegen.
Artsvik heisst die Dame. Die hat was.
Wie schon oben angedeutet, hat Eurovision auch 2017 einen handfesten politischen Skandal. Erwartungsgemäss ist Russland involviert – beziehungsweise jetzt nicht mehr, denn der russischen Kandidatin Julia Samoylova wurde die Einreise in die Ukraine verweigert.
Der Grund: Samoylova war im Jahr 2015 auf der Krim aufgetreten. Reisen auf die Halbinsel über Russland sind seit der Annexion aber von ukrainischer Seite verboten und werden mit einer mehrjährigen Einreisesperre geahndet. Und das gilt laut Kiew auch für im Rollstuhl sitzende ESC-Kandidaten.
Schade, denn der Song ist ganz hübsch, auch wenn die Lyrics unter anderem folgende Perle beinhalten: «I wanna feel the power, I wanna go to places I don't know» ... nur so wegen Krim-Annexion und so.
Danke, Ungarn!
Exempli gratia: Israel, das sich nicht entscheiden konnte, ob es einen Rexona-Werbeclip oder einen Coachella-Trailer machen sollte.
Sponsoren dürften die Tourismusbehörde von Tel Aviv und die Automarke Jeep gewesen sein. Und ankommen dürfte der Track – nicht zuletzt beim traditionellen Zielpublikum des Song Contests, den drei grossen G's: Girlies, Grosis und Gays.
Der Song ist eher kläglich – und damit voll im Trend. Dürfte ein Favorit sein.
Okay, ein bisschen zu sehr «ESC-Bausatz-Song nach Schema F», vielleicht, aber die Dame – Timebelle heiss der Act – beherrscht das Power-Ballad-Handwerk ganz ordentlich. Vermutlich bleibt Timebelle aber letztendlich leider chancenlos. Weil Schweiz.
Aber nicht alles ist kalkulierter Eurovisions-Pomp:
Ob es uns passt oder nicht. Wartet nur.
... aber auch nicht besonders gut. Nichts zu sehen hier – weitergehen!
Wobei «classic» hier weniger «Sandie Shaw, France Gall und Co.» und mehr «Ostblock-Eurovision des vergangenen Jahrzehnts» bedeutet. Und auch die Bühnen-Show der Azeris ist grossartig. Es beinhaltet unter anderem einen Mann mit einer Pferdemaske.
Beim Trinkspiel bedeutet das mindestens vier Mal trinken.
Yodel meets Rap! Mit Glitter-Kanonen!
Caída de Alex Florea de Rumania en el ensayo con realización #eurovision #esc2017 pic.twitter.com/QnTJ8RroPZ
— Adrián (@adrltw) May 2, 2017
Mit Glitter-Kanonen, von denen man aber gehörig auf den Allerwertesten fallen kann, wenn man nicht aufpasst.
Und nun:
Falls ihr euch wundert, was es mit dem «Oooohm» am Schluss auf sich hat: Der Song nimmt die westliche kulturelle Aneignung östlicher Mystik aufs Korn. Es ist grossartig.
Und wenn Italien am Schluss gewinnt, dürfen wir alle die Schlagzeile «Gorilla gewinnt Eurovision» schreiben!
Wir sehen uns heute Abend vor dem Fernseher!