Mit Finnland wartet im Viertelfinal der Eishockey-WM (Donnerstag, 20.15 Uhr) ein äusserst harter Brocken auf die Schweizer Nationalmannschaft. Die «Leijonat» (Löwen) schlossen die Gruppe B mit den USA und Kanada auf dem ersten Rang ab. In sieben Spielen schossen sie 38 Tore und kassierten nur deren elf. Zuletzt schlugen sie auch Kanada (5:1) und die USA (6:2) klar.
Doch unverwundbar sind die Finnen nicht. Neben den Siegen gegen die «grossen» Gegner, gab es auch Pleiten gegen Deutschland (2:3 nach Verlängerung) und Dänemark (2:3). Die Nordländer sind vermutlich etwas schwächer einzuschätzen als der Schweizer Gruppengegner Schweden und eher auf dem Niveau von Russland oder Tschechien.
Dennoch ist Finnland im Duell mit Patrick Fischers Team zu favorisieren. Wollen die Schweizer die Überraschung schaffen, muss wirklich alles zusammenpassen. Die wichtigsten Punkte.
Die Schweiz braucht einen Reto Berra in Topform oder einen Leonardo Genoni, wie er gegen Frankreich gespielt hat. Denn Finnland schiesst oft aufs Tor und sie schiessen gefährlich. Die Löwen haben die beste Schusseffizienz des ganzen Turniers vorzuweisen. Insbesondere das Duo von den Carolina Hurricanes Sebastian Aho (9 Tore, 8 Assists) und Teuvo Teräväinen (5 Tore, 9 Assists) hat sich als brandgefährlich erwiesen.
Gegen die USA und Kanada profitierte Finnland zudem von einigen Torhüterfehlern eher früh im Spiel. Das gab dem Team von Coach Lauri Marjamäki schnell Auftrieb und nahm den Gegnern den Schwung. Der Schweizer Keeper, wer es denn auch sein wird, muss also von Beginn weg voll wach sein.
Kommt dazu, dass die Finnen immer versuchen, mindestens einen Stürmer direkt vor dem gegnerischen Goalie zu platzieren, sodass dieser ablenken oder dem Keeper die Sicht nehmen und dann allfällige Abpraller versenken kann.
Hier sind die Schweizer Vorderleute gefordert: Sie müssen im Slot aufräumen und dafür sorgen, dass Genoni oder Berra immer eine gute Sicht haben oder den Schuss gleich selbst blockieren. Sollte es zu Abprallern kommen müssen die Schweizer als erstes zur Stelle sein, um sofort klären zu können.
Eine Schwäche der Schweizer an diesem Turnier war, dass sie in der eigenen Zone manchmal zu lange an der Scheibe waren. Wenn die Stürmer den Verteidigern keine Anspielstation boten, waren diese gezwungen, mit der Scheibe zu warten, oder Querpässe in der eigenen Zone zu spielen. Gegen Österreich oder Russland mit deren aggressivem Forechecking ging das immer wieder schief.
Finnland setzt die gegnerischen Verteidiger ebenfalls schnell unter Druck. Wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt, dürfen sich die die Schweizer dann nicht zu schade sein, die Scheibe einfach mal wegzupfeffern, auch wenn sie dabei ein Icing riskieren. Das ist immer noch besser, als ein Turnover in der eigenen Zone. Es hilft hier sicherlich, dass man mit Roman Josi nun einen Verteidiger dabei hat, der die Scheibe fast immer kontrolliert aus dem Defensivdrittel bringt.
Ein weiteres Manko der Schweizer war die Passqualität und die Scheibenannahme. Insbesondere im Spiel gegen Frankreich leistete sich die Schweiz so einige Scheibenverluste im Spielaufbau und in der offensiven Zone. Gegen Finnland mit seinen schnellen Stürmern kann das tödlich sein. Da müssen die Pässe genau ankommen.
Die schlechte Nachricht für die Schweiz: Bei den Niederlagen gegen Deutschland und Dänemark stand die finnische Nummer 2 Ville Husso im Tor. Im Viertelfinal dürfte wieder die Nummer 1 Harri Säteri zum Einsatz kommen. Doch Säteri, die Nummer 3 bei den Florida Panthers, ist trotz starker Vorrunde (Fangquote 95,4 Prozent) nicht unverwundbar.
Man muss den 29-Jährigen aber mehr mit Schüssen eindecken, als dies in der Gruppenphase teilweise geschehen ist. Bei den jungen finnischen Verteidigern stimmt die Zuordnung nicht immer ganz. Die Schweizer werden also zu Abschlusspositionen kommen. Dann müssen sie sich aber auch getrauen, abzuziehen, schliesslich haben sie mit Niederreiter, Meier, Corvi, Hofmann, Josi, Fiala oder Andrighetto genügend Spieler, die über einen guten Schuss verfügen.
Die Schweizer haben bisher bewiesen, dass sie alle Teams mit ihrem Offensivspiel ins Schwimmen bringen können. Selbst die in der Verteidigung hochklassig besetzten Schweden hatten zeitweise Mühe, sich gegen Niederreiter und Co. zu behaupten.
Finnlands Hintermannschaft besteht dieses Jahr aus vielen jungen Spielern. Der erfahrenste ist der 27-jährige Mikka Koivisto von Kärpät Oulu. Zudem sind die Verteidiger nicht überdurchschnittlich gross und schwer. Das heisst, dass die Schweiz sie mit aggressivem Forechecking à la Timo Meier oder Tristan Scherwey ebenfalls in Bedrängnis bringen kann. Haben die Schweizer die Scheibe einmal erobert, heisst es dann auch die eigene Geschwindigkeit auszuspielen. Wenn sie sich immer in Bewegung befinden kommen sie in gefährliche Abschlusspositionen und provozieren Strafen.
Am besten wäre es, wenn die Schweiz gegen Finnland gar nie in Unterzahl spielen müsste, denn deren Powerplay ist brandgefährlich. Doch das ist unrealistisch. Stattdessen gilt es das Beste aus den Unterzahlsituationen zu machen. Ideal wäre es, wenn die Finnen kaum dazu kommen würden, ihr Überzahlspiel zu installieren. Denn wenn sie sich einmal festgesetzt haben, sind sie kaum mehr aufzuhalten. Die Lieblingsvariante: Schuss antäuschen, Querpass durch die Zone, Direktschuss.
Um dies zu verhindern muss die Schweiz den scheibenführenden Finnen – wann immer es möglich ist – unter Druck setzen um so Puckverluste zu provozieren. Und wenn die Schweiz mal selbst im Powerplay agieren darf, müssen sie die Chancen effizient verwerten. Zuletzt war das Powerplay zu statisch. Die Schweizer sollten auch in Überzahl mehr in Bewegung sein. Aber aufgepasst: Finnland hat in der Vorrunde bereits fünf Shorthander erzielt.