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Analyse: Warum die Schweizer Fussball-Nati plötzlich eine Erfolgsmaschine ist

epa06171962 Swiss national soccer team's head coach Vladimir Petkovic (C) leads his team's training session in St. Gallen, Switzerland, 30 August 2017. Switzerland will face Andorra in the F ...
Vladimir Petkovic hat die Nati zu einer erfolgreichen Mannschaft geformt.Bild: EPA/KEYSTONE
Analyse

Die Nati ist plötzlich eine Erfolgsmaschine – aber die Reifeprüfung folgt erst

Vladimir Petkovic hat sich bei der Schweizer Nationalmannschaft als Erfolgstrainer bewiesen. Doch der nächste grosse Test folgt bald.
31.08.2017, 08:0331.08.2017, 10:44
etienne wuillemin / Aargauer Zeitung

Der Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic verlängert seinen Vertrag mit dem Fussballverband vorzeitig um zwei Jahre. Doch was löst das aus? Kein Jubel. Kein Ärger. Keine Tränen. Nur ein kurzes anerkennendes Zucken, da und dort sogar Schulterzucken – aber das war’s dann auch schon. Selten hat eine Vertragsverlängerung eines Fussball-Nationaltrainers der Schweiz derart wenige Debatten ausgelöst. Das ist doch erstaunlich.

SFV-Praesident Peter Gillieron, rechts, und Nationalcoach Vladimir Petkovic, links, an einer Medienkonferenz in Feusisberg (SZ) am Montag, 28. August 2017. Der Schweizerische Fussballverband (SFV) und ...
Verbandschef Peter Gilliéron verlängerte unlängst mit seinem Nationaltrainer.Bild: KEYSTONE

Was lernen wir daraus? Zunächst einmal ist Petkovic so richtig angekommen in diesem Amt. Er brauchte einige Zeit dafür, zugegeben. Er musste sich durchringen, sich zu öffnen. Er musste lernen, zu akzeptieren, dass für gewöhnlich jede Regung des Nationaltrainers ausführlich öffentlich verhandelt wird. Und er musste merken, dass die Ansprüche ans Schweizer Team über die Jahre rasant gewachsen sind.

Wenn sich die Schweiz als Gruppenzweiter für eine EM qualifiziert, löst das nicht automatisch ein Halleluja aus. Dann heisst es: Pflicht erfüllt, aber bitte verbessern!

Der Wandel von der dritten Wahl zum Erfolgstrainer

Petkovics Start als Nationaltrainer war problembeladen. Das lag nicht primär an ihm. Sondern am Schatten des vielerorts hoch geschätzten Vorgängers Ottmar Hitzfeld. Das unglückliche, heroische 0:1 im WM-Achtelfinal gegen Argentinien verstärkte diese Gefühle eher noch.

Nationalcoach Ottmar Hitzfeld beim Training mit der Schweizer Fussball Nationalmannschaft in der AFG Arena in St. Gallen am Dienstag, 4. Maerz 2014. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Ottmar Hitzfeld warf einen riesigen Schatten.Bild: KEYSTONE

Kommt hinzu, dass Petkovic nie Wunschkandidat des Verbands war. Erst versuchte dieser alles, um Hitzfeld von einer weiteren Amtszeit zu überzeugen. Dann wurde Marcel Koller der rote Teppich ausgelegt. Nach dessen Absage musste man diesen Schlamassel ausbaden. Klar, dass unter diesen Voraussetzungen der neue Trainer wie eine Notlösung wirkt.

Jetzt auf

Petkovic musste sich die Anerkennung verdienen. Wie so häufig in seinem Leben. Er hat auch schon durchblicken lassen, dass er immer ein bisschen mehr leisten müsse als andere für dieselbe Anerkennung.

Die grosse Frage bei ihm war, wie er sich unter Druck in grossen Spielen schlagen würde. Einen ersten Beweis hat er an der EM geliefert. Die Schweiz überzeugte, auch wenn es knapp nicht zum Exploit (Viertelfinal) gereicht hat. Petkovic hat eine Mannschaft geformt, die mit ihrem Fussball Freude bereitet hat. Und diesen Schwung aus Frankreich gleich in die WM-Qualifikation mitgenommen hat. Wobei der Sieg über Europameister Portugal ein eindrückliches Zeichen war.

epa05527597 Portugal's Nani (L) in action against Swiss midfielder Admir Mehmedi (R) during the FIFA World Cup 2018 group B qualifying soccer match between Switzerland and Portugal at the St. Jak ...
Der Sieg gegen Portugal war ein eindrückliches Zeichen.Bild: EPA/KEYSTONE

Mittlerweile ist aus der Schweiz fast schon eine Erfolgsmaschine geworden. Sieben Siege in Serie, das ist Rekord. Platz vier in der Weltrangliste ist so gut wie ewig nicht mehr. Man darf Petkovic als Erfolgstrainer bezeichnen. Dafür gibt es weitere Belege. In 30 Spielen hat er einen Punkteschnitt von 1,93 erreicht. Das ist besser als Hitzfeld (1,77) und Köbi Kuhn (1,56).

Dazu prägt Petkovic Spiele immer wieder mit geschickten Einwechslungen. Beispiele dafür sind das 2:1 in Litauen (Juni 2015), das 3:2 gegen Slowenien (September 2015), das 3:2 in Ungarn (Oktober 2016) und das 1:0 gegen Lettland (März 2017).

Der Rekord ist schön – aber die Reifeprüfung folgt erst

Die Stimmung rund um das Team ist hervorragend, die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Und trotzdem schlummert ein Gefühl, dass die eigentliche Reifeprüfung erst bevorsteht. Sieben Siege en suite sind natürlich toll. Aber die Gegner hiessen beispielsweise auch Färöer Inseln, Andorra, Lettland oder Weissrussland. Gegner, die grosse Nationen in der Regel eher 6:0 abfertigen als nur 1:0 oder 2:0 besiegen.

Vor dem Spiel gegen Andorra: Hier kommen die Nati-Stars in Feusisberg an

Alles deutet darauf hin, dass es im Oktober zum grossen Showdown zwischen Portugal und der Schweiz kommt. Zu befürchten ist, dass bei einer Niederlage für die Schweiz die Barrage droht. Und damit die WM-Teilnahme plötzlich zur Zitterpartie verkommt. Es wird spannend zu beobachten, wie Petkovic sein Team rund um diesen Final in Lissabon modelliert. Er wird gefordert sein wie noch nie als Nationaltrainer. Und muss den nächsten Beweis liefern, der richtige Mann für diese Nationalmannschaft zu sein.

Vorerst stehen indes die nächsten Pflicht-Aufgaben an. Alles andere als ungefährdete Siege gegen Andorra heute und Lettland am Sonntag wäre ungenügend. Und dann wäre es auch schnell vorbei mit der Ruhe.

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5 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Amboss
31.08.2017 09:56registriert April 2014
So treffend diese Analyse auch ist, etwas begreife ich nicht: wie man von "Hitzfelds grossem Schatten" sprechen kann.
Mir gefiel die nati unter hitzfeld gar nicht. Zäher langweiliger Betonfussball. Kein Teamgeist, keine Freude, nix.
Die Resultate haben einigermaßen gepasst, auch wenn hitzfeld als einziger in den letzten Jahren die Quali verpasst hat.

mit Petkovic hat das sehr schnell geändert, ich finde er holt sehr viel aus dem Team raus. Und man muss realistisch sein: nein, wir sind ganz einfach keine Topnation, man muss nur mal schauen, bei welchen Vereinen unser Jungs spielen
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rodolofo
31.08.2017 09:47registriert Februar 2016
Nehmt's einfach so, wie's kommt!
Und bleibt weiterhin so frech, unbekümmert, unberechenbar und phantasievoll, wie in letzter Zeit!
Das ist solides Schweizer Handwerk, kombiniert mit dem Afro-Balkan-Turbo!
Ihr habt es geschafft, aus mir - einem lauwarmen Fussball-Kritiker und süffisant lächelnden Schnöder über dem Ball nachlaufenden Jungs - einen heissblütigen Fan der "Roten Teufel" zu machen!
Wenn ihr dann noch die WM-Qualifikation schafft, dann ist das nur noch "das Tüpfelchen auf dem i", bzw. "die gesunde Gemüse-Beilage zum Fleisch"!
Allez les Rouges!
Oh Embolo, Embolo, Shakiri, Tschaka!
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Strafen: 4mal 2 Minuten gegen ZSC Lions, 5mal 2 Minuten gegen SCL Tigers. -
PostFinance-Topskorer: Malgin; Petersson.
ZSC Lions: Hrubec; Weber, Kukan; Lehtonen, Marti; Trutmann, Geering; Schwendeler; Frödén, Malgin, Andrighetto; Rohrer, Baechler, Riedi; Aberg, Andreoff, Bader; Chris Baltisberger, Sigrist, Olsson; Hollenstein.
SCL Tigers: Meyer; Kinnunen, Riikola; Lehmann, Phil Baltisberger; Erni, Paschoud; Meier, Mathys; Petersson, Björninen, Allenspach; Rohrbach, O'Reilly, Pesonen; Wagner, Salzgeber, Jenni; Julian Schmutz, Felcman, Lapinskis.
Bemerkungen: ZSC Lions ohne Balcers, Grant und Gruber (alle verletzt), SCL Tigers ohne Bachofner, Fahrni, Mäenalanen, Petrini und Flavio Schmutz (alle verletzt). SCL Tigers von 53:08 bis 53:28, 56:11 bis 56:36 und 56:48 bis 58:39 ohne Torhüter. (sda)
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